Kapitel 19: Das ging ins Auge

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Ich hadere einen Moment und überlege, ob ich Ethan von der Sache mit Charlotte und Owen erzählen soll. Andererseits sehe ich Ethan nur noch diese Woche. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir erneut daten, ist nun wirklich gering. Er wirkt nicht wie der Typ, der einer Frau auf der Tasche liegen will. Deswegen auch die Tacos. Sie sind günstig. Und wir essen draußen; kommen daher also nicht in Versuchung, weitere Getränke zu bestellen. Hätten wir uns hineingesetzt, hätten wir uns sicher auch eine Vorspeise geteilt.

„Ich habe Owen durch meine beste Freundin kennengelernt. Sie wohnt in der Wohnung mir gegenüber." Ich beiße von meinem Taco ab. Die Salsa Sauce ist eher fruchtig und nicht so scharf, wie ich befürchtet habe. „Und ich habe ihn diese Wohnung verlassen sehen... Während meine beste Freundin nur einen Bademantel trug."

„Autsch. Deswegen war er vorhin beim Drogeriemarkt und wollte mit dir reden." Ethan zieht eine Augenbraue hoch und ich frage mich, was er gerade denkt. Allerdings will ich nicht, dass der Abend verdorben wird, indem ich mich bei Ethan über Owen und Charlotte ausheule.

„Ja, aber das ist für den Moment egal. Was ist mit dir? Bist du aktuell in festen Händen?", frage ich neugierig.

„Nein. Sonst würde ich sicher nicht mit dir daten", erwidert er mit einem gewissen Funkeln in den Augen.

Ich beiße schnell in meinen Taco, um mein Lächeln zu verbergen. Er ist also Single. Und er sieht das hier als Date. Nicht einfach bloß ein kleiner, unliebsamer Gefallen unter Kollegen. „Was hattest du heute Abend eigentlich vor? Ich hoffe doch, ich halte dich jetzt nicht von einer wichtigen Aufgabe ab."

„Um ehrlich zu sein, bin ich wirklich froh um die Ablenkung. Sonst würde ich mich wieder mit Zahlen herumschlagen."

„Zahlen? Mathe ist jetzt nicht unbedingt mein Lieblingsfach, aber ich kann dir vielleicht helfen", biete ich ihm direkt an.

„Klingt verlockend. Aber ich möchte dich damit nicht belasten."

Ich hebe kurz die Augenbrauen und will näher darauf eingehen. Allerdings beißt Ethan in seinen Taco und wendet sich dabei etwas von mir ab. Ich esse nun auch weiter und wir reden nebenbei noch ein wenig über dies und das. Das Gespräch mit Ethan ist unglaublich vertraut und ich fühle mich pudelwohl in seiner Nähe. Als wenn wir uns schon ewig kennen. Als wenn wir seelenverwandt wären.

„Hast du öfter Dates?", fragt Ethan gerade heraus.

So eine simple Frage... Ethan denkt sicher an den Abend neulich, als er mich einlud, ich allerdings abgesagt habe. Ich möchte nicht, dass er ein falsches Bild von mir bekommt und trotzdem will ich ehrlich zu ihm sein. „Hin und wieder. Meine beste Freundin will mich unbedingt verkuppeln. Sie meinte, ich würde mich immer mehr verändern und ich bräuchte endlich wieder Sex."

Habe ich das jetzt echt gesagt?! Ich halte mir eine Hand vor dem Mund und fange an zu lachen. Oh Hilfe... Was denkt er jetzt bloß? „Also... Nur fürs Protokoll, ich bin da anderer Meinung!"

„Ist es denn so? Hast du dich verändert?"

Ich lache immer noch und wische mir kurz über die Augen. Also entweder hat Ethan absichtlich meinen letzten Satz überhört... Oder es interessiert ihn wirklich. Vielleicht merkt er sogar, dass mir die Sache peinlich ist? Wüsste gar nicht, woran er das merken sollte...etwa daran, dass ich

schon Schnappatmung und Seitenstechen vor Lachen habe? Ich wische mir wieder über die Augen und kurz darauf, fängt es an zu brennen. „Oh, Mist!"

Sofort höre ich auf zu lachen und reibe über mein Auge. Natürlich wird das Brennen stärker und schon richtig unangenehm.

„Was ist los?"

„Ich glaube, ich habe mir was von der Sauce ins Auge gerieben", antworte ich kleinlaut.

Ethan beugt sich zu mir vor, legt beide Hände an mein Gesicht und dreht meinen Kopf leicht. „Dein rechtes Auge ist ganz rot. Das sollten wir ausspülen." Dabei hält Ethan seine Wasserflasche hoch und ich nicke leicht.

„Mein Wasser ist schon leer", gebe ich zu. Ein wenig scharf war die Sauce schon.

„Dann nehmen wir meins." Ethan rutscht auf der Bank ganz an den Rand und zieht meinen Oberkörper runter, sodass ich auf dem Rücken liege und mein Kopf auf seinem Schoß ruht.

„Das ist sicher etwas unangenehm..."

Nein, eigentlich ist mir das gerade gar nicht unangenehm. Ich seufze kurz und konzentriere mich auf Ethan und die Wasserflasche. „Einfach drüber damit. Aber langsam, okay?"

„Sicher." Ethan legt einen Finger unter mein Auge und zieht das Augenlid etwas herunter. Aber bevor er etwas Wasser in mein Auge schütten kann, hebe ich beide Hände.

„Warte kurz..."

„Willst du es selber machen?"

„Nein. Aber das Wasser wird seitlich in deinen Schritt laufen. Ich glaube kaum, dass du später so nach Hause laufen willst."

Ethan grinst breit und hilft mir wieder hoch. „Hast recht. Dann anders."

Wir stehen zeitgleich auf. Meine Überlegung ist einfach, mich auf die Bank zu legen. Allerdings setzt sich Ethan wieder und zieht mich auf seinen Schoß. Obwohl mein rechtes Auge schmerzt, pocht meine Mitte plötzlich verlangend.

„Was hast du vor?", frage ich nach.

„Dir das Auge ausspülen. Schon vergessen?"

Ich versuche mich zu entspannen und meinen Körper zu ignorieren. Verdammt, ich brauche wirklich Sex... Ich hätte gestern nicht durch den scheiß Türspion gucken sollen.

Ethan kippt mich leicht nach hinten, während er mich mit einem Arm festhält. In der anderen Hand hat er die Wasserflasche. „Kannst du dein Augenlid selbst etwas herunterziehen?"

„Sicher." Ich mache, worum er mich bittet und er lässt langsam und sehr vorsichtig das Wasser von meiner Nase aus ins Auge laufen. Dabei drehe ich mein Auge sogar hin und her, damit wirklich alles ausgespült wird.

Nachdem der Inhalt der Flasche leer ist, beugt Ethan sich etwas näher zu mir herunter und sieht mir kritisch ins Auge. Er hält dabei nun auch mit der anderen Handmeinen Kopf fest.

Der erfundene FreundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt