Kapitel 31: Ein wahrer Freund

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Montag... Meistens ist der Montag jaganz okay. Aber heute war der Tag echt beschissen. In der Uni ist mirder Tee über den Collegeblock gelaufen. Und im Drogeriemarkt istkein Ethan mehr. Eigentlich will ich jetzt nur noch auf die Couch undeinen Film gucken. Aber stattdessen muss ich lernen. Nun, zumindestnur noch ein paar Tage, dann habe ich es geschafft.

Ich komme gerade aus der U-Bahn undgehe zur Ampel, als mir Owen entgegenkommt. Aus der Richtung, in derich wohne. „Oh! Hallo July."

„Hey Owen. Wolltest du zu mir?"

„Nun, um ehrlich zu sein, war ich beiCharlotte." Er hält dabei das Buch hoch, das er mir malausgeliehen hatte.

„Stimmt, ich habe es ihr gegeben, alsich dachte, zwischen euch läuft etwas", entgegne ich kleinlaut undwerde dabei ein wenig rot.

„Wenn du magst, dann kannst du esruhig noch ein paar Wochen haben." Owen lächelt mir zu und hältdabei das Buch in meine Richtung.

„Klingt verlockend. Aber lass uns dadrauf zurückkommen, wenn ich mit dem Studium fertig bin und meineersten Wochen im neuen Job überlebt habe."

„Perfekt. Und du kannst mir danndirekt sagen, wie es im Job läuft."

„Auf jeden Fall. Und wir können soeinen gemeinsamen Zeichenabend gerne wiederholen."

Owen grinst kurz. „Aber nicht, dassdein Freund noch eifersüchtig wird. Wobei das sicher nicht schadenkann."

„Mein Freund?", frage ichverwundert, bis mir meine Notlüge einfällt. „Oh, ja... Ethan."Ich presse kurz die Lippen zusammen und lasse die Schultern hängen.

„Charlotte sagte, du bist in festenHänden."

„Ja, das habe ich gesagt, weil siewollte, dass ich einen Fotografen date. Also habe ich gesagt, ich seimit Ethan zusammen."

„Bist du nicht? Aber sie sagte, siehat ihn nackt in deiner Wohnung gesehen."

Verlegen senke ich den Blick undräuspere mich kurz. Irgendwie ist mir das nun echt unangenehm. „Ja,das war ein One-Night-Stand. An dem Tag, als du mich vor meinerArbeit abgefangen hast. Ethan und ich haben Tacos gegessen und er istanschließend mit zu mir."

„Aber die Tage danach ist doch nochwas gelaufen... Oder nicht?", fragt Owen und hebt dabei beideAugenbrauen.

„Naja, nicht direkt." Ich seufzetief und denke an die kleinen und flüchtigen Küsse auf der Arbeit.Immer dann, wenn wir gerade unbeobachtet waren. Die Woche schienperfekt. Aber dann kam der Freitag. „Ethan wollte mir am Freitagetwas erzählen. Aber dazu kam es nie."

„Er hat dich sitzen lassen? Dabeidachte ich, er sei nicht dieser Typ."

Ich ziehe die Schultern etwas hoch. „Umehrlich zu sein, habe ich ihn versetzt. Ich bin Freitag nicht zurArbeit gegangen. Ich wollte ihn nach seiner Schicht noch abfangen,aber er muss wohl früher gegangen sein."

„Dann fragst du ihn halt die Tage. Eskann ja immer mal was dazwischen kommen."

Für einen Moment schließe ich dieAugen und unterdrücke die aufkeimende Hilflosigkeit. Das Gefühl,auf ganzer Linie versagt zu haben. „Er arbeitet nicht mehr bei uns.Das waren bloß zwei Wochen. Nun hat er einen neuen Job und ich weißnicht, wo. Und ich Trottel habe ihm gesagt, wir tauschen erst Freitag dieRufnummern." Mir kommen fast die Tränen, daher wende ich den Blickab und blinzle ein paar Mal.

„Wenn ihm was an dir liegt, dann wirder in den nächsten Tagen im Laden stehen, glaub mir." Dabeilächelt Owen so zuversichtlich, dass ich ihm glauben möchte.

„Ja, vielleicht. Er muss sich ja aucherst mal im neuen Job einarbeiten." Vielleicht belässt er es aberauch einfach dabei. Der Gedanke, dass er nun von neuen, hübschenKolleginnen umgeben ist, stört mich. Vor allem, weil er sicherschnell eine andere Frau finden wird, so gut wie er aussieht.

„Er ist der Beschützer-Typ. Er wirdauf jeden Fall noch mal auf dich zukommen, glaub mir. Erinnere dichnur daran, wie er reagiert hat, als ich bei dir vor der Arbeit standund dachte, ich bedränge dich", erklärt Owen und zwinkert mir zu.

„Ich hatte ihn an diesem Tag nacheinem Date gefragt und er lehnte ab. Er hat nur zugesagt, weil duplötzlich da warst. Außerdem sind wir dann im Bett gelandet. Glaubekaum, dass das ein Beschützer-Typ machen würde." Mir kommen sogardie Worte in den Sinn, dass er früher häufiger One-Night-Standshatte und ihm die Situation nicht so befremdlich vorkam, wie mir. Erhatte sogar eine riesige Packung Kondome gekauft. Die werden bei mirnun einstauben. Daher erkläre ich seufzend: „Ich denke eher, erist der klassische Aufreißer. Er hatte seinen Spaß und zieht nunweiter."

„Aber wenn er wirklich noch einmal zudir auf die Arbeit kommt, dann musst du ihn dir sofort schnappen. Undlass es mich wissen, wenn ich dir irgendwie helfen kann. Vielleichtklappt es ja, wenn ich deinen eifersüchtigen Ex spiele."

„Oh, bloß nicht!" Obwohl das Themaschmerzt, muss ich lachen. Würde mein Ex vor mir stehen, würde ichihm die Augen auskratzen. Bei Owen wäre das anders. Er ist wirklichein feiner Kerl. Bei ihm könnte ich gar nicht so tun, als wenn ichihn hasse.

„Aber vielleicht hilft estatsächlich, wenn er glaubt, er hat einen Nebenbuhler. Hat ja schonmal geklappt."

„Mag sein. Aber ich möchte nicht,dass er ein falsches Bild von mir bekommt. Wenn er denn überhauptnoch mal im Laden erscheint. Ich fürchte, ich habe ihn durch meineAktion vergrault." Dieses falsche Bild hat er von mirwahrscheinlich schon. Sonst wäre er ja am Wochenende bei miraufgekreuzt. Immerhin weiß er, wo ich wohne. Wenn ihm etwas an mirliegen würde, wäre er gekommen.

„Lass den Kopf nicht hängen, July.Und wenn er wirklich nicht mehr kommt, dann wirst du schon jemandanderen finden."

„Erzähl aber bitte Charlotte nichtsdavon. Ansonsten will sie mich bloß wieder verkuppeln. Neulich hatsie mir von einem Fotografen erzählt." Ich verdrehe die Augen, wasOwen zum lachen bringt.

„Ich verrate ihr nichts, versprochen!So oft haben wir ja eh keinen Kontakt."

„Ja, das stimmt wohl. Danke, Owen."Es tut gut, mit ihm über Ethan zu reden. Und vielleicht hat er rechtund Ethan steht diese Woche wirklich im Drogeriemarkt. Der Gedankezaubert mir tatsächlich ein Lächeln im Gesicht. Bestimmt hatteEthan dieses Wochenende viel um die Ohren. Immerhin fängt er einenneuen Job an.

Der erfundene FreundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt