Kapitel 16: Enttäuscht

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Unfassbar, aber Charlotte hattewirklich recht. Bin ich wirklich so leicht zu lesen? Selbst Ethan hatja schnell gemerkt, wie ich ticke. Ethan... Schon der Gedanke an ihnreicht und ich stöhne unterdrückt auf.

Mein Herz klopft und ich bilde mirsogar schon Schmetterlinge ein. Ich lege eine Hand auf meine wildklopfende Brust und merke dabei, dass sich meine Brustwarzenaufgerichtet haben. Ich schließe meine Augen und stelle mir Ethanvor.

Würde er meine Brüste kneten? Sieküssen? Schon alleine der Gedanke, seine Lippen auf meinen Brüstenzu spüren, lässt mich feucht werden. Seine Hände, die sich meinemSchritt nähern... Mein Puls fängt an zu rasen und meine Atmung wirdflacher. Zeit, diese Fantasien in meinem Bett weiter zu erkunden.

Gerade, als ich von der Tür wegtretenwill, höre ich eine andere Tür im Treppenhaus und drehe michneugierig um. Ich schaue durch meinen Türspion und sehe Owen dieWohnung von Charlotte verlassen. Charlotte trägt nur einen kurzenBademantel und hat sich nicht mal die Mühe gemacht, ihn richtig zuschließen. Sie ist darunter nackt.

Meine Hand geht zur Türklinke, umCharlotte zur Rede zu stellen. Aber wozu? Die Situation ist mehr alseindeutig. Deswegen sollte ich Owen nicht mehr daten. Deswegen hatsie ihn schlecht geredet. Er sei nicht gut... Würde alles anflirten,was zwei Beine hat... Und Charlotte hat ihn sich wohl gekrallt,obwohl sie mir gegenüber behauptet hat, sie wollte nicht in dieAgentur seines Vaters.

Meine Erregung verpufft innerhalb vonSekunden und ich werfe mich unzufrieden auf die Couch. Ich schalteden Fernseher ein und suche mir irgendeinen Actionfilm heraus, ummich abzulenken.

Charlotte und Owen also... Sollte ichnicht eigentlich ganz froh darum sein? Ich könnte immer noch einefreundschaftliche Beziehung zu ihm haben. Über Kunst reden...

Aber dann fällt mir der Kuss wiederein. Warum hat er mich geküsst, wenn er etwas mit Charlotte amLaufen hat? War es das, wovor sie mich warnen wollte? Dass Owenmehrere Beziehungen hat? Bei dem Gedanken fange ich kurz an zulachen. Owen wirkte auf mich nicht wie ein Frauenheld. Aberwahrscheinlich ist es bloß der Name und die Modeagentur seinesVaters, die ihn gut bei den Frauen ankommen lässt.

Deswegen ist es ihm auch egal, ob er zueinem Date zu spät kommt. Er kann es sich leisten. Ich kann nichtaufhören an Owen zu denken und fühle mich wirklich mies. Er hatmich um den kleinen Finger gewickelt. Die dumme, unerfahreneJuliana...

Es fühlt sich scheiße an. Als wennich nur ein kleiner, netter Zeitvertreib wäre. Als wäre ich nurDreck...

Der Film ist schon längst vorbei undich werde erst aus meinem Selbstmitleid gerissen, als es an der Türklingelt. Schnell schalte ich den Fernseher aus und streiche kurzüber mein Gesicht. Meine Wangen sind ganz feucht. Dabei habe ichnicht mal gemerkt, dass ich geweint habe. Ich wische mir mit demÄrmel über das Gesicht und gehe zur Tür.

Natürlich ist es Charlotte, die michmit einem breiten Lächeln im Gesicht anstrahlt. Allerdingsverrutscht dieses Lächeln wieder und sie starrt mich erschrocken an.„Oh scheiße... Wie siehst du denn aus? Hat das mit demLagerarbeiter nicht geklappt?"

„Ich... Ich habe Migräne, Charly",lüge ich.

„Hast du schon Aspirin eingeworfen?"

„Noch nicht..."

Charlotte zieht mich zur Couch undverschwindet in der Küche. Kurz darauf kommt sie mit einem GlasWasser und einem kalten, nassen Tuch wieder, das sie mir auf dieStirn legt.

„Hast du Schmerzmittel?"

„In meiner Handtasche", erwidereich und kann nicht fassen, dass Charlotte jetzt so unbekümmert undfürsorglich tut. Sie geht in den Flur und reicht mir meineHandtasche. Ich öffne sie und hole ein Blister raus, drücke direktzwei Tabletten raus.

Allerdings habe ich gar keineKopfschmerzen. „Kannst du den Rollladen heruntermachen?"

„Ja, sicher."

Während Charly zum Fenster geht, packeich die Tabletten in die Handtasche und trinke einen großen SchluckWasser. Kurz darauf kommt Charly zurück und setzt sich neben mich.„Kann ich noch was für dich tun? Hast du schon gegessen? Ich habenoch etwas Chili con Carne. Etwas scharf vielleicht, aber ich könntees etwas strecken", schlägt sie vor.

„Nein, alles gut. Ich mag geradenichts essen."

Charly nimmt mir das Tuch ab, gehtwieder in die Küche und reicht es mir kurz darauf zurück.

Ich weiß nicht, was ich davon haltensoll. Immerhin hat sie mir Owen ausgespannt. Oder fährt er wirklichmehrgleisig? Aber mache ich das nicht auch? Ethan und Owen? EinfacherLagerarbeiter gegen reichen Milliadärssohn... Bin ich wirklich anOwen interessiert? Und ist es Charlotte überhaupt ernst mit Owen?

Aber ich schaffe es gerade nicht denMut aufzubringen und Charlotte zu fragen, was denn nun wirklich mitOwen ist. Denn ganz eindeutig läuft da irgendwas. Mich störtallerdings eher die Tatsache, dass da dieses Geheimnis zwischenCharly und mir liegt. Dass Owen dadurch für mich nicht länger infrage kommt, stört mich weniger, auch wenn ich ihn nett fand. Aberer hat mir keine feuchten Gedanken beschert.

Ob ich überhaupt noch eine normaleFreundschaft zu ihm will, bezweifle ich aktuell stark. Wahrscheinlichwollte er mich nur herumkriegen und mit mir ins Bett. Und trotzdem...Irgendwie passt das nicht so recht. Oder sind das einfach nur meineverletzten Gefühle? Nein, viel eher mein verletztes Ego...

Der erfundene FreundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt