Kapitel 3.3: Mutter

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Damian 

Mit klopfendem Herzen schloss Damian die Tür hinter sich.

Veronika lächelte, als sie ihn sah. Sie lag wieder im Bett, in eine frische Tunika gehüllt. 

Die Heilerin warf ihm einen kühlen Blick zu. „Konntet Ihr nicht die paar Minuten warten? Sie ist noch nicht fertig."

„Bitte. Darf ich helfen?"

Pasiphä seufzte.  Ehe er den Mund öffnen konnte, drückte sie ihm  eine Wasserschüssel in die Hand. „Wascht das restliche Blut ab, löst ihr die Haare und sorgt dafür, dass sie sich entspannt", wisperte sie. „Kriegt Ihr das hin?"

Er schluckte. Seine Kehle war trocken. „Ich denke schon."

„Dann lasse ich euch mal allein. Wenn Ihr Hilfe braucht, ruft nach mir." Leise verließ sie den Raum.

Damian trat an Veronikas Bett und ließ sich auf die Kante sinken. Tatsächlich wirkte sie nicht wie jemand, der todkrank war. Er stellte die Wasserschüssel auf den Nachttisch, tauchte ein Leinentuch hinein und begann vorsichtig das getrocknete Blut von ihren Händen zu waschen. Er tat es gründlich, Finger für Finger und merkwürdigerweise beruhigte es ihn. 

„Damian." Veronika sah ihm ins Gesicht, was nicht gerade leicht war, da er sich voll auf seine Aufgabe konzentrierte. „Du solltest das nicht tun. Du bist jetzt mein König."

„Ich bin dein Sohn", unterbrach er sie, sanft, aber entschieden. „Dein Sohn in allem, außer Blut. Du weißt es und ich weiß es."

Sie zögerte. „Gerade deswegen verstehe ich, wenn du mich nicht so sehen willst. Wenn es dir zu viel-"

Damian gab keine Antwort. Stattdessen ließ er das Tuch sinken und hob ihren Handrücken an seine Lippen. Küsste sie, ein Echo seiner Geste in der Wüste, als er ihr die Füße gewaschen hatte.

Daraufhin sagte sie nichts mehr. Erst als das Wasser rot gefärbt war und er die Schüssel zur Seite stellte, sah er Tränen in ihren Augen glitzern. Die ersten an diesem Abend.

Keiner von ihnen sprach, während Damian behutsam die Nadeln aus ihrer Frisur löste, damit sie ihr nicht mehr in den Hinterkopf stachen. Während er ihr Haar kämmte und ihren Lieblingsduft darin verteilte. Spontan gab er ein paar Tropfen Minz-und Rosmarinöl, das ihm die Akolyten hingestellt hatten, auf seine Fingerspitzen und begann in kreisenden Bewegungen ihre Schläfen zu massieren, wie er es von seinen Dienern abgeschaut hatte. Dann die Stelle zwischen Ohr, Kiefer und Hals, den Nackenansatz. Er hatte keine Ahnung, ob, was er da tat, irgendeine Wirkung hatte, aber Veronika schloss die Augen und lehnte sich der Bewegung entgegen, also konnte es nicht so falsch sein. 

„Soll ich aufhören?", fragte er nach einer Weile sicherheitshalber.

Auf Veronikas Stirn erschien eine Falte. „Unterstehe dich."

Als das Öl eingezogen war stand er auf, aber bevor er sich neben sie setzen konnte, öffnete sie die Augen. „Ich würde lieber die Sternen über mir sehen als kaltem Stein. Es ist, als läge ich schon im Grab."

Damian nickte nur. „Was immer du möchtest."

Veronika richtete sich mühsam auf und er legte ihr einen Arm um die Schultern, damit sie sich auf ihn stützen konnte. Trotzdem schwankte sie beim Aufstehen und fasste sich an die Stirn wie als wenn ihr plötzlich schwindelig wäre. Als ihre Beine nach ein paar wackeligen Schritten einknickten, hob er sie kurzerhand hoch und trug sie auf seinen Armen hinaus auf die Balkonterrasse. Es erschreckte ihn, wie schwach sie in nur so kurzer Zeit schon geworden war. 

Sie umklammerte seine Hand, während er sie vorsichtig auf die Liege dort sinken ließ. Dann wollte er nach drinnen gehen, aber sie drückte seine Hand nur fester. „Geh nicht. Bitte."

Die Dornen der GötterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt