121 km/h /// Juri Knorr ff

98 - Angsthase - Katja

- Dienstag, 16.07.2024 - Till Forever Falls Apart/Ashe, FINNEAS -

Ein kleines Küsschen auf die Stirn bekam ich noch von David, ehe ich grinsend von unserem Plätzchen auf der Couch aufstand und barfuß zur Tür tapste. Der gesamte Tag war sehr verregnet und vergleichsweise kühl für Mitte Juli gewesen und es war entsprechend ein perfekter Tag für einfach auf der Couch herumliegen und faulenzen gewesen, zumindest bis jetzt. Da wir eigentlich in der originalen Garnelen-Gruppe plus Liv heute etwas unternehmen wollten, mussten wir bereits in unserer kleinen WhatsApp-Gruppe ein wenig umplanen.

Ursprünglich wollten wir picknicken gehen, doch bei diesem Wetter war der Plan im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser gefallen, ehe wir ihn in die Tat umsetzen konnten. Also blieb uns nichts anderes übrig, als gemeinsam nach einer einigermaßen passendenden Alternative zu suchen.

Da Philipp gerade mitten in der Saisonvorbereitung steckte, hatte er leider nicht einfach so einen Abend frei bekommen und auch Maya hatte Nachtschicht im Krankenhaus, sodass die zwei es wohl doch nicht zu uns schaffen würden. Liv und Juri hingegen hatten trotz des miesen Wetters zugesagt. Inzwischen war der Ersatz-Plan, dass wir uns zusammen einen neuen Film im Kino anschauen wollten.

Ich freute mich schon sehr, die zwei Chaoskinder wiederzusehen. David hatte natürlich von Hennef erzählt und den ganzen Aktionen und gemeinsamen Abenden. So, wie ich meinen Großen kannte, war er gut im Übertreiben, aber trotzdem klang es durch, dass er Spaß in NRW gehabt hatte.

Doch irgendwie hatte er es auch geschafft, Juri und Liv bislang großspurig in seinen Erzählungen zu umgehen. Es war mir bereits aufgefallen, dass er immer ein wenig anders und abweisend wurde, wenn es um die zwei ging, was bei mir allerdings immer dazu geführt hatte, dass ich nur noch neugieriger wurde. Wenn David mal nicht über seine engsten Freunde sprach, war da doch etwas im Busch. Allerdings hatte er sich bislang vehement dagegen gewehrt, über die zwei auch nur ein Wort zu verlieren. So musste ich wohl oder übel selbst herausfinden, was zwischen ihnen vorgefallen war.

Ich warf ihm sanft lächelnd einen Blick über die Schulter hinweg zu, während ich den Hörer der Fernsprechanlage abhob und ein kurzes "Hallo?" hineinsprach. Ich erkannte sofort Juris raue Stimme und den grinsenden Unterton daraus, als er mir mit einem "Lässt du mich bitte hoch?" antwortete. Anstatt einer Antwort meinerseits drückte ich schlicht auf den Knopf, der den Türöffner der Haustür betätigte.

Eigentlich wollte ein kleiner Teil von mir gar nicht, dass die Jungs und Liv morgen schon wieder weiterfahren würden auf ihrer wundervollen Olympiareise. Klar, ich gönnte ihnen jeden Moment, jede Freude, jeden Gewinn, doch ein ganz kleiner, egoistischer Teil meiner Seele wollte nicht, dass David schon wieder so lange wegfahren würde. Er hatte mir die letzten Tage so sehr gefehlt, dass ich ihn eigentlich nicht schon wieder für knapp vier Wochen ziehen lassen wollte.

David hatte mir wohl meine Sehnsucht ansehen können, denn er stand mit einem beruhigenden Lächeln auf den Lippen auf und umarmte mich eng von hinten, während ich abwartend die Wohnungstür anstarrte. "Engel, soll ich dir ein Geheimnis verraten?" Fragend sah ich über meine Schulter hinweg zu ihm auf.

Sein Lächeln verwandelte sich in ein breites Grinsen, als er sich zu mir herunterbeugte und mir ins Ohr flüsterte: "Liv steht genauso auf Juri wie er auf sie. Und er weiß nichts davon." Ich löste mich aus der Umarmung und starrte meinen Freund überrascht an.

Das Klopfen an der Wohnungstür erinnerte mich daran, dass in wenigen Momenten Juri vor mir stehen würde und ich so tun müsste, als wüsste ich von nichts. Trotzdem erlaubte ich mir einen geschockten Blick in Davids Richtung und ein leises "Nein!" glitt mir ungewollt über die Lippen. David grinste nur. "Doch." Dann öffnete er einem grinsenden Juri die Wohnungstür und schlug bei ihm ein.