Kapitel 24

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E n z o H e n i n g t o n

„Haben wir euch zwei Turteltäubchen heute gestört?", fragte Dean mit einem schelmischen Grinsen, das sofort mein Blut zum Kochen brachte. Die Zigarette in meiner Hand zerquetschte ich instinktiv, als sein Kommentar auf mich einschlug wie ein Dolch.

„Dean," begann ich, während ich tief Luft holte, um nicht die Beherrschung zu verlieren. „Ich habe seit vier Tagen kein Auge zugemacht. Wenn du also nicht möchtest, dass ich dich umbringe, solltest du deinen Mund halten," zischte ich und fixierte ihn mit einem Blick, der tödlicher war als jede Waffe, die ich je gehalten hatte. Doch dieser Idiot hatte offensichtlich keine Überlebensinstinkte. Dean war lebensmüde. Das Problem mit ihm war, dass er dachte, ich würde scherzen. Aber was er nicht begriff: Töten war für mich kein moralisches Dilemma, egal wie sehr es gegen die Regeln der Delta Force verstieß.

„Ach, dafür bist du viel zu loyal, Enzoline," grinste Dean und legte sich seelenruhig auf seine Liege, als ob ihm die Schwere meiner Worte völlig entging. „Ich spüre, wenn Leute mich lieben. Und du, kleiner Eisblock, du liebst mich, auch wenn du das nie zugeben würdest," fuhr er fort, als ob er meine Wut noch weiter anstacheln wollte.

Meine Hände ballten sich zu Fäusten. „Ich liebe keinen Menschen auf dieser verdammten Erde," knurrte ich. Jeder Muskel in meinem Körper war angespannt, bereit, ihn zum Schweigen zu bringen – für immer.

„Red dir das ruhig weiter ein," erwiderte Dean ungerührt und warf mir einen müden Blick zu. „Aber da war heute eindeutig etwas zwischen dir und Rori. Du hättest ihr beinahe deine Zunge in den Mund gesteckt und sie somit bestimmt erstickt." Sein raues Lachen hallte durch das schummrige Zelt.

„Ich küsse keine Frauen," knurrte ich und meine Stimme war vor Wut getränkt. „Ich wollte sie nicht küssen. Ich habe nur ihr Gesicht betrachtet, ihre Pupillen kontrolliert, um sicherzustellen, dass sie keinen Schaden genommen hat." Meine Augen fixierten Dean, aber er nahm mich nicht ernst. Der Mistkerl grinste nur selbstgefällig und schloss dann seine Augen, als wäre er mit dem Thema fertig.

„Klar, du lagst fast auf ihr, eure Lippen so nah, dass nicht mal ein Blatt dazwischengepasst hätte – aber ja, du wolltest nur ihre Pupillen untersuchen," sagte Dean sarkastisch, bevor er sich umdrehte und mir den Rücken zukehrte.

Ich war viel zu müde, um noch etwas zu erwidern. Mein ganzer Körper schrie nach Ruhe, nach dem Schlaf, den ich seit Tagen nicht bekommen hatte. Doch jedes Mal, wenn ich die Augen schloss, schoss das Bild von Aurora wie ein greller Blitz durch meinen Kopf. Sie lag dort, leblos, blass – wegen mir. Wegen meiner Entscheidungen. Ein Gefühl der Ohnmacht legte sich auf meine Brust, als würde ich ersticken, und die Schwere in meinem Kopf ließ mich kaum atmen.

Aurora brachte mich um den Verstand. Immer wieder tauchten Szenen auf: ihr Lächeln, ihre leuchtenden Augen, die Wärme ihrer Berührungen – alles, was ich in meinem Job niemals zulassen durfte. Vor allem aber war da dieser eine Moment, dieser eine verdammte Tag, der mir nicht aus dem Kopf ging.

Es war der Tag, an dem ich nach der Operation aufgestanden war. Meine Wunde hatte noch geschmerzt, mein Körper war schwach, aber der Gedanke an Aurora war wie eine unaufhaltsame Kraft gewesen, die mich aus dem Bett gezerrt hatte. Ich hätte dort liegen bleiben sollen, hätte mich erholen sollen, doch stattdessen bin ich aufgestanden – halb betäubt, halb wahnsinnig vor Sorge. Ich hatte sicherstellen müssen, dass es ihr gut ging.

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Rückblick


„Was ist passiert?" Meine Stimme klang rau und brüchig, als hätte ich tagelang geschrien. Mein Hals brannte vor Schmerz, als ich langsam die Augen öffnete und Deans Silhouette neben mir erkannte. Sein Blick traf meinen, und in seinen Augen lag eine Mischung aus Erleichterung und purer Angst. Bevor ich überhaupt reagieren konnte, hatte er mich schon in eine feste Umarmung gezogen. Sein Körper presste sich so eng an mich, dass ich kaum atmen konnte.

Dark PassionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt