Kapitel 42

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„Vater...", brachte ich nur schwach hervor. Reflexartig wollte ich meine Hand aus Enzos festem Griff befreien, doch er ließ nicht los. Im Gegenteil, er drückte meine Hand noch fester, eine stumme Warnung. Es war, als wollte er mir in diesem Moment klarmachen, dass ich mich zusammenreißen musste – mein Vater durfte auf keinen Fall Verdacht schöpfen.

„Wer ist das?" Die Stimme meines Vaters war kalt, durchdrungen von Misstrauen, als er langsam ins Zimmer trat. Sein Blick huschte zwischen Enzo und mir hin und her, als würde er in seinem Gedächtnis kramen, um herauszufinden, ob er Enzo bereits einmal gesehen hatte. Die Spannung in der Luft war greifbar, jede Sekunde schien die Stille noch lauter werden zu lassen.

Enzo richtete sich langsam auf, während seine Schultern sich versteiften. Mit jeder Bewegung wirkte er noch bedrohlicher, sein Blick, der meinen Vater verachtend fixierte, ließ meinen Puls rasen. Was tat er da? Verdammt, er sollte meinen Vater beeindrucken, nicht herausfordern!

Panik durchflutete mich, als ich sah, wie sich die Situation zuspitzte. Jetzt oder nie! Ich durfte auf keinen Fall zulassen, dass mein Vater Verdacht schöpfte. Ohne weiter nachzudenken, trat ich dicht an Enzo heran und schlang meine Arme um seinen muskulösen Bizeps. Sofort spürte ich, wie er sich unter meiner Berührung versteifte. Ich wusste, wie sehr er Berührungen hasste, aber in diesem Moment zählte nur eines: Wir mussten das perfekte, verliebte Paar spielen.

„Das ist Enzo, Vater. Mein Verlobter", sagte ich mit einem breiten, künstlichen Lächeln, das mir fast schmerzte. Mein Herz hämmerte in meiner Brust, während ich hoch zu Enzo sah und auf ein Zeichen hoffte – ein Lächeln, irgendeine Geste, die die Lüge perfektionieren würde. Doch er sah mich nur stumm an, als wäre er in Gedanken versunken, sein Gesicht ausdruckslos. Verdammt, warum lächelte er nicht?

Mein Vater stand noch immer in der Tür, sein Blick unverwandt auf Enzo gerichtet. Die Verwirrung in seinem Gesicht sprach Bände, als er versuchte, das Ganze zu begreifen. Jeder Moment fühlte sich an wie eine tickende Zeitbombe, und ich konnte nur hoffen, dass wir die Situation in den Griff bekamen, bevor alles explodierte.

„Enzo Henington. Schön, Sie kennenzulernen, Mr. Lopéz." Endlich! Enzo war aus seiner Starre erwacht. Mit einer souveränen Selbstsicherheit trat er auf meinen Vater zu, seine Haltung strotzte vor Gelassenheit, als wäre die Situation unter vollständiger Kontrolle. Ohne auch nur eine Regung im Gesicht zu zeigen, streckte er meinem Vater die Hand entgegen, als ob er das Sagen hätte, als wäre alles eine reine Formalität.

„Freut mich ebenfalls... Mr. Henington", murmelte mein Vater zögerlich, während er Enzo eingehend musterte. Sein Blick glitt immer wieder zwischen uns hin und her, als versuche er, das Puzzle zusammenzusetzen, was mich verlegen lächeln ließ. Die Spannung war unerträglich, und mein Herz pochte so laut in meiner Brust, dass ich befürchtete, die beiden könnten es hören.

„Das war der Grund, warum ich Fernando nicht heiraten wollte, Vater," platzte es aus mir heraus, in der Hoffnung, die Situation endlich zu entschärfen. Beide drehten sich augenblicklich zu mir um, ihre Blicke brannten sich in meine Haut. „Enzo und ich... wir sind seit über zwei Jahren ein Paar." Mit zitternder Stimme wagte ich, einen schnellen Blick zu Enzo zu werfen. Sein Gesicht war wie aus Stein gemeißelt, doch seine Augen – diese tiefblauen, durchdringenden Augen – schienen mich zu analysieren, als würde er jede meiner Lügen auf ihre Wahrheit hin abklopfen.

„Wir haben uns damals im Einsatz in Afghanistan kennengelernt," fuhr ich fort, meine Stimme bebend vor Nervosität.
„Er hat mir das Leben gerettet, als ich von der Taliban entführt wurde, und in dem Moment war es um mich geschehen." Meine Stimme wurde leiser, als ich zu Enzo sah, der wie versteinert dastand. Seine Brust hob und senkte sich langsamer, fast, als würde er jede meiner Lügen wie ein Schwamm aufsaugen. Seine dunkelblauen Augen fixierten mich, durchdrangen mich auf eine Weise, die mich beunruhigte und gleichzeitig in den Bann zog. „Es war Liebe auf den ersten Blick, als er mich in seinen Armen getragen hat. Und unsere Blicke aufeinander trafen." Mein Atem beschleunigte sich, und ich kämpfte, um der Intensität seines Blicks standzuhalten, während ich sprach. Es fühlte sich an, als würde ich die Grenze zwischen Lüge und Wahrheit überschreiten – als wäre ich wirklich verloren in dieser Geschichte, die wir erschufen.

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