Kapitel 41

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Die gesamte Nacht lag war ich wach gelegen, unfähig, meine Gedanken zur Ruhe zu bringen. Die neuen Informationen hatten meinen Kopf regelrecht zum Bersten gebracht. Es war unfassbar, dass Enzo tatsächlich der Chef der Delta Force war. Diese Erkenntnis öffnete mir eine Tür, von der ich dachte, sie wäre für immer verschlossen – eine Hoffnung, die mir in der Sache mit Fernando plötzlich einen Ausweg bot. Enzo kannte mich und würde mich hoffentlich nicht kündigen lassen, wenn Fernando alles daran setzen würde, mich aus der Delta Force zu werfen, sobald er erfuhr, dass ich nicht länger seine Verlobte sein konnte aufgrund der Mission.

Doch da war noch ein viel größeres Problem – mein Vater. Ihn musste ich überzeugen, dass ich Enzo wirklich liebte, ohne dass er Verdacht schöpfte. Er war nicht leicht zu täuschen, und obwohl er wusste, dass ich bei der Delta Force arbeitete, hielt er meine Position für unbedeutend, eine harmlose Stelle irgendwo im Hintergrund. Das war der Punkt, den ich ihm immer vorgespielt hatte, weil es gar nicht anders möglich war. Für einen Agenten war es strengstens untersagt, dass jemand die genaue Natur unserer Einsätze kennt. Es wäre lebensgefährlich, sollte die Wahrheit ans Licht kommen. Würde mein Vater die wahre Reichweite meiner Arbeit und Position erahnen, könnte das nicht nur meine Missionen gefährden, sondern auch sein Leben und das vieler anderer. Die Delta Force arbeitet im Schatten, und dieser Schatten musste um jeden Preis gewahrt bleiben.

Aber ich brauchte meinen Vater. Er war mein Schlüssel zu den Kreisen, in denen sich die wirklich Mächtigen dieser Welt bewegten – die Reichen, die Politiker, die Oligarchen und Geschäftsmänner, die immer noch im Dunkeln agierten und ihre dreckigen Geschäfte abwickelten. Die Menschen, die hinter dem Netzwerk standen, das jemand noch viel mächtigeres beschützte, den ich und Enzo auffinden mussten. Diese Kreise waren verschlossen, nahezu uneinnehmbar für jemanden, der nicht als einer der ihren galt. Doch wenn es mir gelang, meinen Vater zu überzeugen, uns als Paar in diese Gesellschaft einzuführen, könnten wir die Aufmerksamkeit auf uns lenken, die wir brauchten. Es war die einzige Möglichkeit, Enzo und mich in diese elitären Kreise zu manövrieren ohne dass wir Verdacht schöpften. Wir mussten uns als Teil dieser Welt ausgeben, als eines der Paare, die Reichtum und Macht wie eine zweite Haut trugen.

Doch das bedeutete auch, dass mein Vater überzeugt sein musste. Überzeugt davon, dass meine Beziehung zu Enzo echt war, dass unsere Verbindung mehr als nur eine Fassade für die Mission war. Ich durfte keinen Fehler machen, keine Sekunde zögern oder Schwäche zeigen. Mein Vater kannte die Spiele, die in der High Society gespielt wurden, besser als jeder andere. Würde er auch nur einen Hauch von Zweifel spüren, könnte er alles gefährden.

Während ich die letzten Stunden der Nacht wach verbrachte, durchstöberte ich die Akten, die Enzo mir übergeben hatte. Seite für Seite enthüllten sich die schrecklichen Details, die mich bis ins Mark erschütterten. Die Bilder von jungen Frauen und Mädchen, die unter Drogen gesetzt, ausgebeutet und ermordet worden waren, brannten sich in mein Gedächtnis ein. Ihr Anblick war grausam – ihre Körper verstümmelt, aufgeschlitzt, achtlos an Straßenecken liegengelassen wie Müll, mit Drogen gefüllt oder irgendwo in verlassenen Wäldern entsorgt. Es war ein Albtraum, der sich direkt vor meinen Augen abspielte. Und was es noch unerträglicher machte, war die Tatsache, dass hinter all diesen Gräueltaten mächtige Männer standen – Politiker, Geschäftsleute, Leute, die in der Öffentlichkeit als ehrbare Bürger galten. Menschen, die bei Empfängen und Veranstaltungen an meiner Seite gestanden hatten, verbargen hinter ihren makellosen Fassaden die dunkelsten Geheimnisse.

Meine Hände zitterten, als ich die letzte Akte zuklappte. Jeder Muskel in meinem Körper war angespannt, das Adrenalin schoss durch meine Adern, während sich das Bild dieser Bilder in meinem Kopf immer weiter verfestigte.

Aber nun, mit Enzos Hilfe, könnten wir diese Monster vielleicht zu Fall bringen. Doch dabei musste ich vorsichtig sein. Die Vorschriften der Delta Force ließen keinen Raum für Fehler. Würde auch nur ein Hauch unserer wahren Position durchdringen, wäre alles verloren. Mein ganzes Leben – meine Arbeit, meine Mission – hing an einem seidenen Faden.

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