Kapitel 25

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„Übrigens, danke für die Gänseblümchen neben meinem Krankenbett. Ich habe total vergessen, mich zu bedanken; das war so süß von dir." Mit einem breiten Lächeln zog ich Lucia in meine Arme und umschloss sie fest.

„Von welchen Gänseblümchen sprichst du, mi Hermosa?" Lucia schaute mich mit einem verwirrten Ausdruck an. Ihre großen Augen spiegelten Verwirrung und ein Hauch von Überraschung wider.

„Na die..." Mein Herz klopfte schneller, als ich meinen Rucksack öffnete und die kleine, abgenutzte Schachtel hervorholte. Die Kiste war nicht viel größer als meine Handfläche, abgerieben und voller Erinnerungen. Ich öffnete sie vorsichtig, und der vertraute Anblick des letzten Gänseblümchens, das mir meine Mutter vor ihrem Tod geschenkt hatte, schoss wie ein Blitz durch meinen Kopf. Daneben lagen die fünf Gänseblümchen, die am Tag meines Erwachens neben meinem Bett gelegen hatten – ein geheimnisvolles Geschenk, dessen Ursprung mir nun unverständlich erschien.

„Die hast du mir doch gepflückt und neben meinem Tisch gestellt! Schließlich bist du die einzige, die weiß, dass das meine Lieblingsblumen sind!" Meine Stimme klang entschlossener, als ich auf die kleinen, weißen Blüten zeigte, die im schwachen Licht des Zeltes zu leuchten schienen. Lucia starrte die Blumen an, und ich konnte sehen, wie ihr Gesicht von Verwirrung in Überraschung wechselte.

„So romantisch bin ich leider nicht, mi Hermosa. Ich habe dir nur die Vodka-Flasche hingestellt, weil ich wusste, dass du wieder aufstehen würdest. Aber Gänseblümchen?" Lucia lachte und gab mir einen sanften Kuss auf die Wange.

„Wenn du es nicht warst, wer kann es dann gewesen sein?" Ein Fragezeichen schwebte zwischen uns, während ich weiterhin in die Kiste starrte, die Blumen funkelten im schwachen Licht des Raumes und weckten Erinnerungen, die ich nicht ganz verstand.

Und dann sprang ich plötzlich auf, mein Herz raste so stark, dass ich das Gefühl hatte, gleich einen Herzinfarkt zu erleiden. „Ach du kacke", stieß Lucia aus, als sie sah, wie ich außer Atem war. „Was ist denn jetzt los?" Ihre Stimme war ein Mix aus Verwirrung und Belustigung, aber ich konnte sie nicht hören. Ich starrte sie nur an, unfähig zu begreifen, was mir gerade klar wurde.

„Enzo..." presste ich hervor, und Lucias Brauen zogen sich verwirrt zusammen. „Enzo? Was ist mit ihm?" fragte sie, doch ich schüttelte nur den Kopf, unfähig, die richtigen Worte zu finden. Die Erkenntnis schlug wie ein Blitz in mich ein: Die Gänseblümchen! Sie waren von ihm! Er hatte sie für mich gepflückt – fünf kleine Blumen, die für fünf Momente standen, in denen er mir das Leben gerettet hatte. Mein Herz schlug schneller, als mir klar wurde, dass diese einfache Geste so viel mehr bedeutete. Es war das schönste Geschenk, das mir je jemand gemacht hatte, und ich verstand jetzt, warum er ausgerechnet fünf Gänseblümchen gewählt hatte.

Plötzlich überkam mich eine Erinnerung. Der Tag, als ich ihm den Kranz aus Gänseblümchen geschenkt hatte. Ich hatte ihm erzählt, dass es meine Lieblingsblumen waren, was er sich allen Anschein tatsächlich gemerkt hatte auch wenn er an dem Tag mein Geschenk zerstört hatte.

Es war mitten in der Nacht, doch das spielte für mich keine Rolle. Ich musste sofort zu ihm. Die Vorstellung, dass er mir diese Blumen geschenkt hatte, brachte meine Gedanken zum Wirbeln. Hatte er auf seine eigene Weise versucht, das, was er damals kaputtgemacht hatte, wieder gutzumachen oder gar sich dafür zu bedanken, dass ich ihm das Leben gerettet hatte?

Ich rannte durch die Basis, die kalte Wüstenluft peitschte mir ins Gesicht und ließ meine Haut prickeln. Jeder Schritt hallte in der Stille der Nacht wider, während ich mich mit festem Blick auf das Zelt von Enzo zubewegte. Die Dunkelheit umhüllte mich, aber mein Herz schlug so laut, dass ich nichts anderes hörte.

Die Zeltplanen zeichneten sich vor mir ab, und ich spürte, wie die Anspannung in meinem Körper zunahm.

Die Winde der Wüste wirbelten den feinen Sand auf und ließen ihn um mich tanzen, während ich mich dem Zelt näherte. Ich hielt kurz inne, um durchzuatmen, dann drückte ich die Zeltplane zur Seite und trat ein.

Dark PassionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt