Chapter 22

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Ich lief jetzt schon seit mehreren Minuten ohne irgendeinen Plan über den Marktplatz und wusste einfach nicht, was ich jetzt tun sollte. Meine Brüder waren vermutlich gerade nicht sehr gut auf mich zu sprechen, Mase war nach Hause gegangen und Kat war nicht einmal in der Stadt. Gerade, als ich beschloss, dass es hier einfach zu langweilig wurde, roch ich Blut. Schon wieder. Doch, ich mochte diese Stadt. Immer, wenn es langweilig wurde, gab es einen Kampf, bei denen anscheinend immer jemand verletzt wurde. An so viel Aufregung könnte ich mich gewöhnen, jedenfalls, solange ich nicht unmittelbar beteiligt war.

Ich folgte dem Geruch, der mich daran erinnerte, dass ich heute viel zu wenig gegessen hatte, und landete in einer dunklen Ecke, die etwas vom Geschehen entfernt war, sodass kein Mensch vom Fest aus die Leiche sah, die auf der Ladefläche eines Autos lag. Mit einem Seitenblick bemerkte ich, dass das der Junge war, der auch gerade eben Tyler provoziert hatte. Als ich dann auch noch sah, wie eine schluchzende Blondine mit blutverschmiertem Mund neben ihm saß, war mir sofort klar, was passiert war. Blondie, vermutlich diese Caroline, die Kat verwandelt hatte, war von dem Geruch des Blutes von den Wunden des Jungen angezogen worden, die er von dem Kampf mit Tyler und Mason bekommen hatte. Als frisch verwandelter Vampir ohne Kontrolle konnte sie natürlich nicht widerstehen und hatte ihn komplett leergesaugt. Jetzt kamen die Schuldgefühle, was erklärte, warum sie so stark heulte, dass sie nicht einmal mitbekam, dass ich sie beobachtete.

Leise trat ich auf sie zu und fragte: „Warst du das?", auch wenn ich die Antwort längst kannte.

Erschrocken stand sie auf und versuchte, mich zu manipulieren: „Vergiss einfach, was du gesehen hast und geh!"

„Nein, Blondie."

„Wieso...?"

„Ich bin wie du, ich bin auch ein Vampir."

„Dann... hast du das hier auch durchgemacht?"

„Ja, aber das ist schon etwas länger her. Nur können wir es uns hier in Mystic Falls leider nicht leisten, einen frisch verwandelten Vampir herumlaufen zu lassen, der sich nicht unter Kontrolle hat."

„Wer bist du? Was hast du vor, wieso bist du hier?"

Ich wusste, was ich antworten würde. Ich hatte nicht die geringste Lust, Blondie zu erziehen und ihr Kontrolle beizubringen, also gab es nur einen Ausweg aus dieser Situation. „Mein Name ist Emily Salvatore. Und ich bin hier, um dich zu töten."

Erschrocken schrie sie auf. „Nein! Bitte nicht! Bitte, ich möchte noch nicht sterben!"

„Shh... Alles ist gut, ganz ruhig.", versuchte ich sie zu beruhigen. Wenn sie weiter so rumschrie, würde irgendwann jemand auf uns aufmerksam werden und das konnte ich so gar nicht gebrauchen.

„Nein, bitte." Plötzlich fixierte sie jemanden, der hinter mir stand. „Bitte lass nicht zu, dass sie mich tötet. Es tut mir doch leid...", schluchzte sie.

Ich drehte mich um und sah, wie Damon mich mit einer Kopfbewegung aufforderte, zurückzutreten. Widerwillig tat ich das auch und sah zu, wie er sie fest umarmte. Er sah mich über Carolines Schulter hinweg an, als er mit seinem Arm ausholte, um die frisch Verwandelte zu töten, indem er hier von hinten einen Holzpflock ins Herz stoßen wollte, den er in seiner Hand versteckt hatte.

Bevor das tödliche Holz jedoch ihre Haut nur berühren konnte, wurde er von ihr fortgestoßen und Stefan stellte sich zwischen uns und Caroline.

„Lasst sie in Ruhe.", zischte er.

„Stef, du weißt doch selbst, dass es die einzige Möglichkeit ist. Es ist zu gefährlich, sie hier in der Stadt herumlaufen zu lassen. Sie wird unsere ganze Tarnung auffliegen lassen.", versuchte ich, meinen kleinen Bruder zu überzeugen, doch er ließ nicht mit sich reden.

„Ich werde ihr beibringen, sich zu kontrollieren. Sie kann das schaffen!", widersprach er mir.

„Komm schon, Stefan, du weißt es und willst es nur nicht wahrhaben. Sie ist zu gefährlich.", versuchte es jetzt auch Damon, doch Stef schüttelte nur mit dem Kopf und ging zu Caroline und... Elena? Seit wann war die denn da? Naja, mir war es auch egal, jedenfalls hatte sie sich während unserem Gespräch um Blondie gekümmert.

„Die Gefahr ist zu groß.", murmelte mein Zwilling leise, bevor er sich seinen Holzpflock wiedernahm und in Vampirspeed auf Caroline zuraste. Kurz vor ihr hielt er jedoch an und ich musterte die Situation mit hochgezogener Augenbraue. Elena hatte sich im letzten Moment direkt vor Caroline gestellt, sodass der Pfahl in Damons Hand jetzt nur einige Millimeter über ihrem Herzen schwebte. Sie zitterte vor Angst, doch musste man ihr zugutehalten, dass sie keinen Zentimeter zurückwich. Damon sah sie schockiert an und auch wenn es aussah, als ob er darüber nachdächte, den Pfahl einfach durch beide Körper zu rammen, wusste ich, dass er Elena niemals auch nur ein Haar krümmen könnte.

„Hör auf, Damon. Bitte. Sie ist meine Freundin.", flüsterte die kleine Doppelgängerin leise.

Kurz schien mein Zwilling zu überlegen, bevor er den Pfahl runternahm und sagte: „Für alles, was ab jetzt passiert, bist du verantwortlich."

Er ging, vermutlich, um Sachen zu holen, damit wir die Leiche verschwinden lassen konnten, und auch Stefan nahm Caroline mit zu den Toiletten, um ihr das Blut vom Mund zu waschen. Elena sah mich böse an, vermutlich, weil auch ich Caroline töten wollte.

„Was?", fragte ich irgendwann, als mir ihr Starren zu blöd wurde. „Sei froh, dass ich gerade nicht an Damons Stelle stand, dann müssten wir jetzt nicht nur eine, sondern drei Leichen beseitigen."

Sie schluckte, bevor sie fest meinte: „Lass Caroline in Zukunft in Ruhe, hörst du?"

„Das werde ich.", versprach ich. „Aber nicht, weil du es willst oder weil sie mir leid tut, sondern nur wegen meinen Brüdern. Wenn Damon sich dazu entscheiden kann, sie am Leben zu lassen und ihr eine Chance zu geben, dann tue ich das auch. Ich hoffe aber wirklich für euch, dass Stefan es schafft, sie unter Kontrolle zu bringen, denn wenn nicht, dann wird irgendwann der Gründerrat darauf aufmerksam werden, dass es noch Vampire in Mystic Falls gibt und glaube mir, wenn ich dir sage, dass du für das Blutbad, was darauf folgen wird, nicht verantwortlich sein willst."

Mysteries - The Story of Emily SalvatoreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt