Chapter 78

518 33 15
                                    

Sobald mir klar geworden war, dass Kat noch am Leben war, hatte ich sie mir gegriffen und war ohne ein Wort aus dem Anwesen gestürmt. Das würde ich meinen Brüdern nicht verzeihen, niemals. Aber im Moment war ich einfach nur froh, dass Kat überlebt hatte und jetzt hier mit mir sitzen konnte.

"Hast du schon mit deinen Brüdern gesprochen?", fragte sie mich gerade, woraufhin ich nur den Kopf schüttelte.

"Nein. Und ich habe auch nicht vor, das in nächster Zeit zu ändern."

"Ach komm schon, du kannst nicht ewig auf die beiden sauer sein. Ich an ihrer Stelle hätte das gleiche getan."

Skeptisch zog ich eine Augenbraue hoch. "Tatsächlich? Wenn du gewusst hättest, dass Silas nur sterben kann, wenn du Damon umbringst, hättest du es dann getan? Und mich dazu gezwungen, dabei zuzusehen? Oder hättest du solange nach einem anderen Weg gesucht, bis du eine Alternative findest, weil wir beide wissen, dass es immer ein Schlupfloch gibt?"

"Okay, du hast recht. Ich hätte nach einem anderen Weg gesucht", gab Kat seufzend zu. "Aber von deinen Brüdern kannst du es nicht erwarten. Wenn sie einen einfachen Ausweg sehen, dann nehmen sie den, ohne darüber nachzudenken, ob er richtig oder falsch wäre. Und das tun wir streng genommen auch. Würde es nicht um dich gehen, hätte ich an ihrer Stelle wirklich das gleiche getan."

"Genau das ist das Problem. Es ging um mich. Sie wussten, dass sie mir damit das Herz brechen würden, und wollten dich trotzdem vor meinen Augen umbringen. Das kann ich ihnen nicht verzeihen, zumindest nicht so schnell."

"Also schön, lass uns lieber das Thema wechseln."

"Was ist mit deinen Haaren passiert?", fragte ich plötzlich schockiert.

"Haha, sehr lustig." Kat verdrehte leicht die Augen. "Du weißt noch, dass ich fast gestorben bin? Ich hatte keine Zeit, mich noch mal zu kämmen."

"Nein, das meine ich nicht. Deine Haare, sie... Sie werden grau."

Fassungslos starrte Kat mich an und griff dann nach einer Strähne ihres Haars. "Du hast recht. Was zur Hölle hat das zu bedeuten? Es ist sicher nicht normal, so zu altern."

"Ich weiß es nicht. Aber wir sollten uns darum kümmern. Sofort."

"Ja, lass uns Haarfarbe kaufen."

Unwillkürlich lachte ich leise auf. War ja klar, dass das ihre Prioriät sein würde. "Ich meinte damit eigentlich, dass wir jemanden suchen sollten, der uns sagen kann, was mit dir los ist."

"Oh, ja, das wäre auch eine gute Idee. Wo sollen wir da anfangen?"

"Ich hätte schon eine Idee. Aber du hast recht, vorher sollten wir uns um deine Haare kümmern."

Nur einige Stunden später fuhr ich neben Kat, die die ganze Zeit mit ihren frisch gefärbten Haaren spielte, auf einen Parkplatz, wo meine Freundin sich sofort zu mir umdrehte. "Okay, was machen wir noch mal beim Whitmore College? Warum soll es hier jemanden geben, der uns helfen kann?"

"Also, erstens: Elena geht hier aufs College. Es wird für dich ein Leichtes sein, dich als sie auszugeben, um an Informationen zu kommen. Zweitens: Elena geht hier aufs College und sie ist nicht der einzige Vampir. Hier wimmelt es von übernatürlichen Wesen. Und drittens: Elena geht hier aufs College, dadurch habe ich von Damon ein bisschen über ihre Lehrer erfahren. Einer ihrer Professoren scheint äußerst merkwürdig zu sein, weil er zu viel über Vampire weiß. Wenn er wirklich ein solcher Vampirexperte ist, weiß er vielleicht auch, was mit dir passiert. Außerdem ist er Arzt, das ist nie verkehrt."

"Hmm, für meinen Geschmack baut deine Argumentation viel zu sehr auf Elena auf. Aber schön, wir machen es auf deine Weise. Was ist der Plan?"

Zufrieden lächelte ich Kat an. Genau das wollte ich hören. "Gerüchte besagen, dass es ein Treffen im Whitmore-Haus dort drüben gibt. Offiziell eine langweilige Feier, inoffiziell ein Treffen von einer mysteriösen Geheimgesellschaft. Zutritt nur mit Einladung."

"Lass mich raten, Elena hat zufällig so eine Einladung."

"Ja, sie wollten herausfinden, ob Elena ein Mensch ist. Als Vampir kann sie nicht ins Haus ohne hereingebeten zu werden, aber du hast dieses kleine Problem nicht mehr."

"Das ist auch wirklich das einzig Praktische an dieser Situation...", seufzte Kat und musterte mich dann nachdenklich. "Woher weißt du so viel über dieses College?"

"Immer wenn ich in letzter Zeit mit Stefan gesprochen habe, haben Damon und Elena auch miteinander telefoniert. Es war zwar nicht leicht, ihre Gespräche zu belauschen, während ich selbst mit Stef rede, aber zum Glück hat mein Bruder ein wirklich gutes Handy. Ich dachte, dass ich diese Informationen sicher noch mal brauchen könnte."

"Das ist meine Freundin." Stolz grinste Kat mich an und küsste mich kurz, bevor sie ihr Elena-Lächeln aufsetzte und ohne Probleme ins Whitmore-Haus ging.

Ich wartete eine gefühlte Ewigkeit, bis sie wiederkam, doch als Kat endlich auf mich zulief, blieb sie plötzlich stehen und starrte hinter mich. Sofort drehte ich mich um und seufzte leise auf. Nadia.

"Du hast mich verlassen!", rief sie schon von Weitem zu Kat. "Du bist einfach abgehauen, schon wieder!"

"Ich habe dich noch nie verlassen. Du wurdest mir aus den Armen gerissen, das ist ein Unterschied. Außerdem kann es dir doch egal sein."

"Egal? Ganz sicher nicht. Du bist meine Mutter und..."

"Hör zu, bevor du irgendetwas Falsches denkst: Ich habe überhaupt keine Lust, eine Mutter-Tochter-Beziehung mit dir zu vertiefen."

So unauffällig wie möglich ging ich ein wenig von den beiden weg, um ihnen zumindest den Anschein von Privatsphäre zu gönnen. Ich wusste ja eh schon, was Kat sagen würde. Alles, um Nadia davon zu überzeugen, sie in Ruhe zu lassen. Es dauerte nicht lange, bis Kat wieder auf mich zukam und zielstrebig auf ein Gebäude hinter mir zuhielt. Sobald wir weit genug von Nadia weg waren, sah ich Kat besorgt von der Seite an. "Wie geht es dir?" Es musste schwer gewesen sein, ihrer Tochter so etwas zu sagen, selbst wenn Kat es für das Richtige hielt.

"Ich will einfach nur noch zu diesem Professor und dann weg hier. Ich habe erfahren, was ich wissen musste, um ihn dazu zu bringen, mir zu helfen."

Den Rest des Weges lief Kat schweigend neben mir her und ich ließ ihr diese Ruhe. Während des Weges, während ihrem Gespräch mit dem Professor und sogar während er Kat untersuchte. Ich hielt sogar meine Klappe, während der Professor Kat widerwillig ihre Röntgenbilder erklärte. Und nach seiner Diagnose wusste ich eh nicht mehr, was ich noch sagen sollte. Es war tatsächlich so, wie ich es befürchtet hatte. Kat war angefangen zu altern und das schneller als es normalerweise üblich sein sollte. Sie hatte nur noch wenige Monate zu leben. Und dann würde ich sie endgültig verlieren.

Mysteries - The Story of Emily SalvatoreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt