Chapter 85

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Mein Leben war perfekt. Ich war in der Nähe meiner Brüder und ich würde die Frau heiraten, die ich mehr als alles andere liebte, um den Rest der Ewigkeit mit ihr zu verbringen. Es gab nichts, was diesen wundervollen Augenblick zerstören könnte. Zumindest dachte ich das. Ich wurde jedoch eines Besseren belehrt, als jemand meine Tür aufstieß und ohne zu fragen in meine Wohnung kam. Erschrocken löste ich mich von Kat und drehte mich um, seufzte dann aber nur genervt auf.

"Was willst du hier, Nadia?", fragte ich mit verschränkten Armen. "Solltest du nicht bei Matt sein, falls Kat mal seine Hilfe braucht?"

"Ja, das sollte sie", antwortete Kat, die ihre Tochter ebenso genervt ansah wie ich. "Du kommst gerade wirklich zu dem schlechtesten Zeitpunkt, den du dir nur vorstellen kannst."

Nadias Blick fiel auf den neuen Ring an meinem Finger und hob schwach lächelnd eine Augenbraue. "Ja, das sehe ich. Was ist, soll ich dich jetzt auch Mom nennen?"

"Denk gar nicht erst dran", meinte ich sofort, schaffte es aber nicht, aufzuhören zu lächeln. "Sag einfach, was du willst, oder verschwinde wieder. Ich bin gerade nicht bereit, deine Mutter mit irgendwem zu teilen."

Schlagartig wurde Nadia wieder ernst, während sie zwischen uns hin und her sah. "Ich habe ein Problem. Matts Freunde haben mitbekommen, dass ich ihn manipuliert habe. Und sie waren nicht gerade erfreut darüber. Tyler Lockwood hat mich angegriffen. Er hat mich gebissen."

Fassungslos sah ich Nadia an. "Du hast einen Werwolfsbiss?"

"Ja. Aber ich habe gehört, dass es irgendein Heilmittel gibt, das in New Orleans ist. Vielleicht können wir..."

Bevor sie ihren Gedanken aussprechen konnte, schüttelte Kat den Kopf. "Nein, das können wir nicht. Das einzige Heilmittel ist das Blut von Klaus Mikaelson. Egal, was wir ihm anbieten, er würde uns niemals helfen. Dafür hasst er mich zu sehr. Es würde ihn freuen, meine Tochter sterben zu sehen." Nachdenklich schaute Kat eine Weile in die Leere. Ein gutes Zeichen, diesen Blick hatte sie immer, bevor ihr eine gute Idee kam. "Dr. Maxfield. Er hat sein ganzes Leben lang Vampire erforscht, vielleicht kann er dir helfen."

"Das könnte funktionieren", murmelte ich leise. "Also gut. Kat, du solltest sofort zu ihm gehen. Elena versteht sich mit ihm, du wirst ohne Probleme nah genug an ihn herankommen, um etwas herauszufinden. Und währenddessen fahre ich zu unserer Hexe. Wenn die Wissenschaft nicht helfen kann, dann kann es vielleicht ein wenig Magie."

"Okay. Und was mache ich?", fragte Nadia, die sofort ein wenig hoffnungsvoller aussah.

"Du legst dich hin", antwortete Kat nur leise. "Du solltest dich ausruhen, wir kümmern uns schon darum." Nadia schien überrascht zu sein, dass sie plötzlich so fürsorglich war, aber nickte leicht und ging Richtung Wohnzimmer. Mich hingegen wunderte Kats Verhalten nicht. Sie liebte ihre Tochter, das konnte sie in so einer Situation nicht mehr verstecken.

"Melde dich bei mir, falls du etwas herausfindest", flüsterte meine Freundin - nein, meine Verlobte, mir leise zu.

"Du auch. Mach dir keine Sorgen, wir werden schon irgendeine Lösung finden. Das haben wir doch schon immer, oder nicht?"

Zögernd nickte Kat und ich lächelte sie aufmunternd an. Sie durfte die Hoffnung nicht verlieren. "Ich liebe dich, Kat."

"Ich liebe dich auch."

Ich atmete tief durch, während Kat Richtung College verschwand und machte mich dann in die entgegengesetzte Richtung auf. So hätte ich mir den Abend unserer Verlobung sicher nicht vorgestellt, aber erst mal war Kats Tochter das Wichtigste. Ich wusste, sie könnte es sich nie verzeihen, wenn sie nicht alles für Nadia tun würde.

Ich fuhr fast eine Stunde, bis ich endlich bei der Hexe ankam. Es war zwar eine lange Fahrt, aber dafür wussten wir, dass wir dieser Hexe vertrauen konnten. Wir hatten ihr einmal ihr Leben gerettet und seitdem schuldete sie uns etwas. Sie hatte uns versprochen, einen Zauber für uns zu sprechen, falls wir irgendwann Hilfe brauchen würden. Egal, was für ein Zauber, hauptsache, es würde bei einem bleiben, damit wir sie danach nie wieder belästigen würden. Genau das, was wir jetzt brauchten.

Als die Hexe mich sah, schickte sie sofort ihre Kinder nach oben und ging langsam zu mir nach draußen. "Ich hatte geahnt, dass ihr mich bald aufsuchen würdet. Wo ist deine Freundin?"

"Unterwegs. Ich bin hier, um unseren Gefallen einzulösen."

Leise seufzte sie auf, nickte aber. "Was kann ich tun?" Ihr schien diese Situation nicht besonders zu gefallen, aber sie war ehrenhaft. Sie hatte uns ein Versprechen gegeben und das würde sie auch einhalten.

"Jemand, der uns sehr nahe steht, wurde von einem Werwolf gebissen. Sie ist ein Vampir und das Gift wird sie in wenigen Stunden töten. Wir wollen, dass du sie rettest."

Die Hexe spannte sich leicht an und schüttelte den Kopf, während sie vor mir zurückwich. Kurz war ich irritiert, warum sie plötzlich Angst vor mir hatte, doch bei ihren Worten verstand ich, wieso. Sie wusste, dass mich ihre Antwort wütend machen würde. "Das kann ich nicht. Es gibt keinen Zauber, der das könnte. Werwolfgift ist eine der wenigen Schwächen eines Vampirs und führt immer zum sicheren Tod. Es gibt nur ein einziges Heilmittel und das ist das Blut des Urhybriden. Kein Zauber dieser Welt kann den Tod aufhalten. Es tut mir leid um eure Freundin, aber ich kann sie nicht retten."

Tief atmete ich durch, um nichts Unbedachtes zu tun, und sah dann auf mein Handy. Kat hatte mir geschrieben.

"Maxfield war eine Sackgasse, er hat kein Heilmittel. Hast du etwas erreicht?"

"Nein. Die Hexe sagt, es gibt keinen Zauber", schrieb ich nur kurz zurück, erhielt aber keine zwei Sekunden später schon die nächste Antwort.

"Wir haben noch ein Problem. Deine Brüder haben Nadia entführt. Sie wollen, dass ich mich ihnen ausliefere."

"Tu das ja nicht! Du weißt, dass das eine Falle ist. Sie werden dich umbringen, wenn du zu ihnen gehst."

Sie brauchte ein wenig für ihre nächste Antwort und als ich sie las, blieb mir fast das Herz stehen. "Ich weiß. Aber Nadia ist meine Tochter. Wenn ich nicht zu ihr gehe, wird sie alleine sterben. Das kann ich ihr nicht antun, sie hat es verdient, bei ihrem Tod nicht alleine zu sein. Das war sie in ihrem Leben schon oft genug. Deine Brüder werden genug Anstand haben, um mich erst anzugreifen, wenn Nadia gestorben ist. Ihre letzten Momente können friedlich sein. Es tut mir leid, Emily. Ich wünschte, wir hätten noch länger zusammen sein können, heiraten und ein glückliches Leben führen können. Aber zumindest hatten wir das letzte Jahrhundert für uns. Vielleicht ist es einfach Zeit für mich zu gehen. Ich liebe dich, leb wohl."

Ungläubig sah ich auf mein Handy. Das sollte die letzte Nachricht sein, die sie mir je geschickt hatte? Nein, das konnte ich nicht akzeptieren. Ich wollte mir kein Leben ohne sie vorstellen. Nicht jetzt, nicht so. Plötzlich wurde ich ganz ruhig, während ich mein Handy wieder wegsteckte und zurück zu der Hexe sah. "Also gut. Ich habe einen anderen Zauber, den du sprechen wirst."

Mysteries - The Story of Emily SalvatoreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt