Chapter 49

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Das schien nicht die Antwort zu sein, mit der Klaus gerechnet hatte, denn er sah Kat nur überrascht an. Was ich aber nur am Rande wahrnahm, denn für ein paar Sekunden vergaß ich sogar, in welcher Situation wir gerade steckten. Sie liebte mich? Sofort suchte ich nach Erklärungen, warum sie das gesagt haben könnte. Hatte sie die Manipulation irgendwie umgehen können? Aber das machte alles keinen Sinn. Sie wurde von Klaus höchstpersönlich manipuliert, die Wahrheit zu sagen. Also sagte sie auch die Wahrheit. Sie liebte mich.

"Ich habe unsere Freundschaft nicht zerstören wollen, deshalb habe ich es für mich behalten", flüsterte sie leise. Auch sie schien Klaus für einen Moment vergessen zu haben. Es war lange her, seit ich sie so verletzlich gesehen hatte. Trotzdem konnte ich sie nur anstarren, ich brachte keinen Ton heraus. Was sollte ich darauf auch sagen? Mein Gehirn wollte diese Information einfach nicht verarbeiten. Ich hatte gewusst, dass ich ihr mehr bedeutete als jeder andere. Aber nie hätte ich erwartet, dass sie mich lieben würde. Das erklärte aber, warum sie in all der Zeit nie eine richtige Beziehung geführt hatte. Ich hatte gedacht, sie würde sich nur nicht verlieben, weil das einfach nicht ging, während man ständig fliehen musste. Ich hatte mir ja selbst eingeredet, dass das der einzige Grund war, warum ich mich selbst nie verliebte. Dabei hatte ich die ganze Zeit gewusst, dass ich nur nicht mehr für jemanden empfinden konnte, weil es schon längst jemanden gab, der diesen Platz eingenommen hatte.

In jeder anderen Situation wäre ich unendlich glücklich gewesen, diese Worte von ihr zu hören. All die Jahre hatte ich meine eigenen Gefühle verdrängt, weil ich fest davon ausgegangen war, sie würden eh unerwidert bleiben. Ich wollte unsere Freundschaft schützen, also hatte ich es so gut es ging ignoriert, dass ich schon lange mehr für sie empfand. Und Kat hatte währenddessen das gleiche getan. Das jetzt von ihr zu hören wäre zu schön gewesen, um wahr zu sein. Aber wir waren nicht in jeder anderen Situation. Wir waren im hier und jetzt. Wir waren gefangen. Wir waren bei Klaus, dem mächtigsten Urvampir der Welt, der uns beide tot sehen wollte. Und dass ausgerechnet er jetzt wusste, wie wir füreinander empfanden, machte uns beide noch verletzlicher als eh schon. Schließlich war das der Grund, warum wir überhaupt versucht hatten, ihm etwas vorzumachen. Wenn er gedacht hätte, wir würden uns nicht einmal mehr mögen, hätte er das nicht gegen uns verwenden können. Jetzt aber sah die ganze Sache anders aus. Und das schien auch er zu bemerken, denn auf seinem Gesicht breitete sich langsam ein Lächeln aus.

"Ich gebe zu, das hatte ich jetzt nicht erwartet. Liebe." Seine Stimme klang bei diesem Wort fast schon spöttisch. "Ich hätte gedacht, dass die berühmte Katherine Pierce zu klug wäre, um sich so eine Schwäche zu erlauben. Aber umso besser. Eigentlich wollte ich Emily ja schnell töten und nur dich leiden lassen, aber das überdenke ich wohl lieber noch einmal. Mit euch beiden zusammen werden die nächsten Jahrzehnte sicherlich viel mehr Spaß machen."

Klaus stand auf und nahm sich ein Messer, bevor er sich wieder zu uns umdrehte. Ich hatte das Gefühl, ich sollte irgendetwas zu Katherine sagen, aber ich hatte keine Ahnung, was. Okay, streng genommen stimmte das nicht. Ich wusste genau, was ich sagen wollte. Ich wollte ihr sagen, dass es mir genauso ging, dass ich sie liebte, dass ich sie von der Sekunde an geliebt hatte, in der sie mich damals mit ihrem Blut geheilt hatte. Aber nichts davon wollte ich sagen, während Klaus vor uns stand und uns belauschte. Das war allein für ihre Ohren bestimmt.

"Okay, hör jetzt gut zu, Katerina", meinte Klaus und lenkte damit wieder meine Aufmerksamkeit auf sich. "Du wirst jetzt dieses Messer nehmen und sobald ich weg bin, wirst du Emily damit ins Bein stechen. Dann ziehst du es wieder raus, wartest, bis alles verheilt ist, und stichst wieder zu. Und das wiederholst du solange, bis ich zurückkomme."

Schockiert weiteten sich meine Augen. Er manipulierte sie, sie würde alles tun müssen, was er sagte. Das würde schmerzhaft werden. Aber wahrscheinlich sollte ich dankbar sein, dass er mich jetzt doch nicht sofort tötete. Auch wenn er vorhatte, mich und Kat für die nächsten Jahrzehnte zu foltern, schien mir das besser zu sein als der Tod. So hätten wir zumindest noch die Chance, irgendwann doch fliehen zu können, so unwahrscheinlich das auch sein mochte.

"Bitte", flüsterte Kat leise. Es zerbrach mir das Herz, wie ängstlich sie klang. "Wieso tust du das? Emily hat dir nichts getan, das war allein ich."

"Sie hat dir geholfen", antwortete Klaus kalt. "Das reicht mir schon. Sie wusste, worauf sie sich einlässt, als sie beschlossen hat, dich bei deiner Flucht zu unterstützen. Sie hätte dich mir ausliefern sollen, dann hätte ich sie sogar noch belohnt. Es ist deine Schuld, dass sie jetzt hier ist, also kannst auch ruhig du diejenige sein, die sie verletzt. Wir sehen uns."

Ohne sich noch einmal umzudrehen, verließ er die Wohnung, und auch sein Hexer ging in ein anderes Zimmer. Er hatte wohl keine Lust, sich das Folgende mit anzusehen. Was ich ihm nicht verübeln konnte, das würde kein schöner Anblick werden.

Langsam drehte Kat sich zu mir um und ich erschrak, als ich tatsächlich Tränen in ihren Augen sah. "Es tut mir leid, Emily", flüsterte sie leise, während sie das Messer hob, ohne etwas dagegen tun zu können.

"Es ist schon okay", murmelte ich und sah fest in ihre Augen. "Klaus hatte recht. Ich wusste, worauf ich mich einlassen würde. Und selbst wenn ich gewussst hätte, wo ich letztendlich landen würde, hätte ich mich nicht anders entschieden."

Ich sah, wie ihre Hand mit dem Messer zitterte. Sie kämpfte gegen die Manipulation an, aber sie würde keine Chance haben. Etwas anders zu denken, wäre naiv. Trotzdem erwärmte es mir das Herz, dass sie es versuchte.

"Du hast mich damals gerettet, als ich im Sterben lag. Von dem Moment an hatte ich dich durchschaut. Ich habe gemerkt, dass du einsam warst. Ich habe es erkannt, weil ich das selbst war. Ich habe dich gebraucht, genauso wie du mich gebraucht hast. Wir haben schon so viel miteinander durchgemacht. Wir werden auch das hier überstehen. Und deswegen ist es okay. Weil ich dich auch liebe, Kat."

Sobald ich das gesagt hatte, bewegte sich Kats Hand nach unten, bis sich das Messer tief in meinen Oberschenkel bohrte. Ich hatte mir vorgenommen, stark zu sein, und doch schrie ich leise auf. Das würde ein wirklich langer Tag werden.

Mysteries - The Story of Emily SalvatoreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt