Chapter 65

762 43 4
                                    

Mein Bruder hatte sich dafür entschieden, unseren anderen Bruder zu retten. Ich musste Stef nicht einmal mehr dazu überreden. Sobald Kat gegangen war, war er aufgestanden, hatte mir gesagt, dass er jetzt mal wieder Damons Leben retten würde und war gegangen. Das hatte mich erleichtert, es zeigte mir, dass tatsächlich noch genug Menschlichkeit in ihm war, um ihn zu retten. Er war noch nicht ganz der Ripper geworden, er hatte noch einen eigenen Willen. Und dass ich das wusste, hatte ich nur Kat zu verdanken. Sie wusste genau, dass ich Damon zur Not auch selbst gerettet hätte. Ich hätte mich Klaus gezeigt, ich hätte es sogar aufs Spiel gesetzt, dass Klaus Kat und mich wieder gefangen nahm oder sogar umbrachte. Für Damon würde ich alles tun.

Aber Kat hatte Stefan in dem Glauben gelassen, dass er der einzige war, der Damon helfen könnte. Dass ich nicht einschreiten würde und dass sie auch nichts tun würde, um ihn zu retten. Dass Stefan seine Gefühle zumindest teilweise anschalten musste, wenn Damon am Leben bleiben sollte. Und es hatte funktioniert, Stefan hatte sich erlaubt, wenigstens ein wenig zu fühlen. Auch wenn das bedeutete, dass Klaus heute nicht sterben würde, war das ein gutes Zeichen. Damon würde leben und Stefan würde seine Gefühle zurückbekommen. Kat und ich waren zwar weiter auf der Flucht, aber damit konnte ich leben. Hauptsache, meine Brüder blieben am Leben.

Stundenlang wartete ich nervös darauf, dass irgendjemand wieder zurück zum Salvatore-Anwesen kam. Es machte mich verrückt, nicht zu wissen, was auf dieser Party geschah. Ob es Kat und meinen Brüdern gut ging, ob alles funktionieren würde. Ich war schon kurz davor, einfach selbst hinzugehen, in der Hoffnung, dass Klaus mich nicht sehen würde, als meine Freundin gefolgt von Stefan ins Zimmer kam.

"Es ist alles gut", begrüßte Kat mich, die sofort sah, wie nervös ich war. "Damon lebt, Klaus aber auch. Er hat Mikael umgebracht. Und er weiß, dass wir hier sind, wir müssen sofort hier verschwinden."

Ich nickte nur und schnappte mir meine Tasche. Mir war klar gewesen, dass wir nach der heutigen Nacht keine Zeit verlieren durften und sofort verschwinden mussten. Klaus hatte uns einmal laufen lassen, aber jetzt waren wir an einem Mordversuch an ihm beteiligt gewesen. Er würde uns umbringen wollen und das am besten sofort.

"Ich werde euch ein Stück begleiten", meinte Stefan. "Es werden jetzt eh alle wütend sein, dass ich Damon davon abgehalten habe, Klaus zu töten. Und wir sollten reden."

Ich nickte nur und ließ meinen Bruder auf die Beifahrerseite unseres Autos steigen, bevor ich mich selbst auf die Rückbank setzte. "Wie hat Klaus reagiert, als du sein Leben gerettet hast?", fragte ich meinen Bruder neugierig, während Kat losfuhr.

"Er war überrascht. Aber er hat seine Manipulation aufgehoben. Er hat gesagt, ich hätte mir damit meine Freiheit verdient."

Ich spürte förmlich, wie Kat vorne die Augen verdrehte. "Wenn ich gewusst hätte, dass das reicht, um sich die Freiheit zu verdienen, hätte ich das selbst gemacht. Du hast wirklich Glück, Stefan."

Leise lachte ich in mich hinein und nahm mein Handy. "Ich will mich von Damon verabschieden. Willst du auch mit ihm reden, Stef?"

Mein Bruder schüttelte nur den Kopf, sodass ich mich zurücklehnte und Damons Nummer wählte.

"Ich vermute, Katherine und du bringt gerade so viele Meilen wie möglich zwischen euch und Klaus, nicht wahr?", begrüßte Damon mich. Er klang genervt. Nein, er klang sogar stinksauer. Kein Wunder, er war kurz davor gewesen, Klaus Mikaelson umzubringen und war dann von seinem eigenen Bruder verraten worden. Natürlich war er da wütend, er wusste ja nicht, dass Stefan das nur getan hatte, um ihn zu retten. Aber das konnten meine Brüder unter sich selbst klären.

"Ja, da hast du recht. Ich werde mein Handy gleich wegwerfen, also wirst du mich unter dieser Nummer nicht mehr erreichen. Aber ich melde mich gelegentlich mal bei euch, versprochen."

"Es tut mir leid, dass unser Plan nicht funktioniert hat", antwortete Damon niedergeschlagen. "Ich hatte Klaus schon fast, aber Stefan..."

"Ist schon okay", unterbrach ich ihn. "Es war ein guter Plan. Er hätte fast funktioniert. Man kann eben nicht alles planen."

"Fast funktioniert reicht aber nicht aus. Du wärst beinahe für immer frei gewesen, hättest nicht mehr auf der Flucht sein müssen..."

"Hey, ich bin an dieses Leben gewohnt. Zumindest wird mir nicht langweilig. Mir wird es gut gehen, mach dir keine Sorgen. Und pass auf dich auf, Klaus wird sicher nicht sehr erfreut sein, dass du ihn umbringen wolltest."

"Ja, schon klar. Vielleicht können wir ja schon bald zusammen vor ihm fliehen", scherzte Damon und brachte mich somit leicht zum Lächeln.

"Ich hoffe es nicht. Auf Wiedersehen, Damon."

Ich legte auf und warf dann mein Handy aus dem Fenster. Einige Minuten sagte keiner von uns etwas, bis Stefan sich an Kat wandte. "Wieso bist du zu uns gekommen? Wieso hast du uns davon erzählt, dass Damon sterben würde? Das könnte dir doch egal sein. Klaus wäre tot gewesen und du frei. Wieso wolltest du Damons Leben retten, wenn das für dich die Flucht bedeutet?"

"Ich weiß, du wirst mir das nicht glauben, aber ich habe euch früher wirklich geliebt. Dich und Damon. Ihr wart mir einmal wichtig. Und jetzt liebe ich deine Schwester, mehr als ich je für einen von euch empfunden habe. Sie hat so viel für mich getan, ich war es ihr schuldig, zumindest ihre Brüder zu retten. Außerdem hätte ich nicht viel davon, frei zu sein, dafür aber allein wäre, weil meine Freundin mich hasst, weil ich den Tod ihres Bruders nicht verhindert habe."

Kurz sah Kat zu mir nach hinten und ich lächelte sie liebevoll an. "Ich glaube nicht, dass ich dich hassen könnte. Aber du hast recht, das hätte vermutlich selbst ich dir nicht verzeihen können."

Irritiert drehte sich Stefan zu mir um. "Moment mal. Ihr seid zusammen?"

Oh. Stimmt ja. Als ich in Chicago mit ihm gesprochen hatte, bestand unser Gespräch nur daraus, dass er mich fortschicken wollte und Damon hatte anscheinend auch in letzter Zeit keine Gelegenheit gehabt, mit ihm über meinen Beziehungsstatus zu reden.

"Ja, schon seit einer Weile. Seit wir bei Klaus gefangen waren, um genau zu sein. Du hast einiges verpasst, während du den Ripper gespielt hast", grinste ich leicht.

Ich hatte ein wenig Angst vor seiner Reaktion, aber er zuckte nur mit den Schultern und drehte sich wieder zu Kat. "Ich hatte gedacht, dass du deine Gefühle auch ausgeschaltet hättest."

"Manchmal kann Menschlichkeit auch gut sein, Stefan", antwortete Kat lächelnd und hielt dann an, damit mein Bruder aussteigen konnte. Wir waren schon weit von Mystic Falls entfernt. Es wurde Zeit, dass unsere Wege sich trennten, damit niemand mehr wusste, wohin Kat und ich verschwunden waren. "Nur weil du deine Gefühle ein wenig angeschaltet hast, ist dein Bruder jetzt noch am Leben. Und nur weil ich Gefühle für deine Schwester habe, habe ich euch gewarnt. Emotionen sind manchmal sehr hilfreich. Und jetzt solltest du deine Emotionen noch ein wenig weiter einschalten. Denn Klaus ist wütend und will euch mit Sicherheit umbringen. Und wenn du das verhindern willst, musst du noch wütender werden als er. Finde ein Druckmittel gegen ihn, finde etwas, das er mehr will als euren Tod. Ihr seid jetzt auf euch allein gestellt."

Mysteries - The Story of Emily SalvatoreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt