Chapter 58

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"Was macht mein Bruder nur da?", fragte ich leise, während wir ihn von draußen durch ein Schaufenster betrachteten. Er und Klaus saßen vor der Umkleide eines Geschäfts, während sich Klaus' Schwester Rebekah neue Klamotten kaufte. Wenn mir vor einigen Monaten jemand gesagt hätte, dass ich diese Szene mal beobachten würde, hätte ich ihn ausgelacht.

"Er war früher einmal mit Klaus befreundet", antwortete Kat und ich drehte mich überrascht zu ihr um.

"Was? Wann?"

"In den Zwanzigern, da waren sie schon mal hier. Dein Bruder war damals ein Ripper und hat sich blendend mit Klaus und seiner Schwester verstanden."

"Das kann ich mir vorstellen." Mein Bruder war ohne seine Menschlichkeit mindestens ebenso brutal wie der psychopathische Urvampir. Nachdenklich musterte ich Kat, die meinem Blick auswich. Sie hatte irgendetwas. "Was ist los?"

"Ich... weiß nicht genau, wie ich es dir sagen soll." Überrascht hob ich eine Augenbraue, bis mir selbst klar wurde, worauf sie hinauswollte.

"Du bist damals da gewesen, nicht wahr? Du kannst nur wissen, dass Stefan und Klaus befreundet waren, wenn du es selbst gesehen hast."

Kat nickte nur als Antwort und ich seufzte leise auf. Wir waren in den Zwanzigern ebenfalls in der Nähe von Chicago gewesen. Anscheinend aus einem Grund. Nur hatte ich damals noch gedacht, dass meine beiden Brüder als Menschen gestorben waren. Und während ich dachte, Stefan wäre schon seit Jahrzehnten tot, hatte Kat ihn heimlich beobachtet. Zumindest wusste ich jetzt, wo sie immer war, wenn ich sie manchmal einen ganzen Tag lang nicht gesehen hatte.

"Ich bin dir nicht böse, wenn du das jetzt erwartest", meinte ich leise, was Kat dazu brachte, mich doch noch anzusehen.

"Nicht?", fragte sie überrascht nach.

"Ich dachte, du würdest mich mittlerweile besser kennen." Leicht grinste ich sie an, um meinen Worten die Schärfe zu nehmen. "Es ist doch nichts Neues, dass du die ganze Zeit wusstest, dass meine Brüder noch am Leben waren. Als du mir das erzählt hast, war ich zuerst sauer, dass du mir nicht früher davon erzählt hast. Aber das ist doch schon längst Vergangenheit. Du hast geholfen, dass ich sie nach all der Zeit doch wiederfinde. Das ist alles, was für mich zählt."

Erleichtert atmete Kat auf und winkte dann grinsend Stefan zu, als der uns bemerkte. "Also bist du nicht wütend, weil ich immer mal wieder nach deinen Brüdern gesehen habe, ohne es dir zu sagen?", fragte sie, während sie Stef bedeutete, zu uns zu kommen.

"Nein, bin ich nicht. Ich bin sogar froh darum. Es ist besser als wenn du sie die ganze Zeit ignoriert hättest. So waren sie wenigstens nicht auf sich allein gestellt, auch wenn sie selbst das nicht bemerkt haben. Du hattest ein Auge auf sie, während ich das nicht hatte. Ich bin ganz dankbar, dass ich nach meiner Verwandlung bei dir war und nicht bei meinen Brüdern. Stefan und Damon haben sich als Vampire gegenseitig zerstört. Keiner der beiden hat wirklich gelernt, was es bedeutet, ein Vampir zu sein. Wenn ich damals gewusst hätte, dass sie noch leben, hätte ich darauf bestanden, bei ihnen zu bleiben. Und ich bin mir sicher, dass mich das letztendlich zerstört hätte. Die ganze Zeit zwischen meinen Brüdern zu stehen, die sich den Tod wünschen, und Stefan dabei zuzusehen, wie er immer wieder die Kontrolle verliert... Nein, da klingt sogar das Leben auf der Flucht mit dir deutlich besser."

Kat grinste mich leicht an, sagte aber nichts mehr, weil Stefan gerade zu uns traf.

"Was macht ihr hier?", fragte er und klang dabei fast schon wütend. Nicht mehr wie mein kleiner Bruder, aber zumindest noch mit Emotionen. Ich beschloss, das als ein gutes Zeichen zu sehen.

"Ich habe gehört, Klaus sucht nach einer gewissen Halskette, die seiner Schwester gehört hat, antwortete Kat ihm gelassen. "Hast du zufällig eine Ahnung, wo sie sein könnte?"

"Was willst du, Katherine?"

"Ich will dir meine Hilfe anbieten. Was auch immer du vor hast, du wirst mich brauchen. Ich sehe doch, dass du etwas planst. Wenn du eine Idee hast, wie man Klaus umbringen kann, oder ihn auch nur unter Druck setzen kann, dann musst du mir das erzählen."

"Nein, das muss ich nicht. Ich will nur, dass ihr verschwindet. Ich komme gut alleine klar."

"Komm schon, Stef, wir wollen doch nur helfen", schaltete ich mich ein. "Du kannst dich nicht alleine gegen Klaus stellen. Das wirst du nicht überleben. Und selbst wenn du es schaffst, ihm etwas vorzumachen, wird dir das bei seiner Schwester nicht gelingen. Sie ist noch viel aufmerksamer als er."

"Wie es scheint, habt ihr mir nichts mehr zu sagen", antwortete mein Bruder und sah mich dabei nicht einmal an. Er drehte sich nur um, um zurück zu Klaus zu gehen. Ich wusste nicht, ob es Einbildung war, aber ich könnte schwören, dass er sich noch flüsternd von mir verabschiedete. "Leb wohl, Emi."

Mysteries - The Story of Emily SalvatoreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt