Kapitel 6

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Leon
Dolor non ferendus.
Diese drei kleinen Worte standen in der 9. klasse in meinem Latein Buch. In der 9. klasse bedeuteten sie für mich einen gebrochenen Arm zu haben oder dass jemand mich nicht mehr mochte.
Sie bedeuteten für mich hinzufallen, aber wieder aufstehen zu können.
Dolor non ferendus.
Heute bedeuteten diese Worte für mich von meinem Freund vergessen zu werden und zusehen zu müssen wie er eine andere heiratete.
Heute bedeuteten sie für mich von anderen geschlagen zu werden, weil ich war, was ich war. 
Heute bedeuteten sie für mich hinzufallen und liegen zu bleiben.
Dolor non ferendus...ein unerträglicher Schmerz.
Ich hatte so sehr gehofft diesem unerträglichen Schmerz zu entgehen. Stattdessen lag ich hier. Um mich herum Wärme, die die betäubende Kälte zerstörte.
Tränen brannten hinter meinen geschlossenen Liedern und kämpften sich entschlossen aus meinen Augen.
Jetzt lebte ich also doch noch.
Ich hatte mich immer ein wenig gefragt, warum Zac Finn dafür gehasst hatte, dass er ihn gerettet hatte. Er hätte ihm lieber danken müssen. Schließlich hatte sich auch für ihn alles zum Guten gewandt.
Ich glaubte jetzt verstand ich ihn. Man hat nur einmal den Mut zu springen, man hat nur einmal den Mut sich irgendwo hinzusetzen und zu krepieren.
Eine Portion Mut. Zwei Chancen. Eine auf den sicheren Tod. Eine auf das unwahrscheinliche Leben.
Mein Mut war weg, meine Chance dem schmerzen zu entkommen aufgebraucht.
Ich lebte und ich würde nie wieder versuchen zu sterben. Das hatte ich mir versprochen.
Egal wie schlimm es jetzt noch werden würde, ich wäre hier, auf dieser unerträglich schmerzhaften Welt.
Am Leben.
Langsam schlug ich die Augen auf und blinzelte die Tränen weg.
Meine Fingerspitzen fuhren über einen rauen, aber nicht unangenehmen Stoff unter mir. Es fühlte sich an wie eine Couch. Mein Verdacht bestätigte sich, als ich mich zitternd hinsetzte. Meine Muskeln fühlten sich schlaff und eingefroren an.
Zwei Decken rutschten von meiner Schulter und ich schaute mit leerem Blick auf den Ärmel eines fremden Pullis, den ich anhatte.
Ich atmete tief ein und registrierte sanftes Deckenlicht und ein geschmackvoll eingerichtetes Wohnzimmer.
Vor einer Kommode stand ein großer Mann mit schwarzen Haaren. Er hatte mir den Rücken zugedreht und hielt in der verkrampften Hand ein Bild.
Ich musste husten und zerbrach somit die fast schon gruselige Stille.
Der Mann zuckte zusammen und das Bild segelte zu Boden. Es zersplitterte nicht. Nur ein kurzes knacken war zu hören. Der Bilderrahmen war zerbrochen. Der Mann bückte sich zum Bild runter, hob es vorsichtig auf und stellte es auf die Kommode.
Langsam drehte er sich um. ,,Du bist wach." Es war keine Frage, sondern nur eine schlichte Feststellung der Fakten. Trotzdem nickte ich und verfolgte mit Argusaugen jede seiner Bewegungen. Er wirkte nicht bedrohlich, sondern einfach nur besorgt, als er sich auf einen Sessel in meiner Nähe setzte.
,,Wo bin ich hier?" Fragte ich mit krächzender stimme.
,,Gute Frage...der Junge, der mir geholfen hat dich hier her zu bringen, meinte das Haus hier gehöre seinen Eltern und solange sie nicht da sind könnten wir dich hier einquartieren." Er schenkte mir ein kleines Lächeln, wobei sich seine grauen Augen leicht zusammenkniffen.
,,Wer?" Ich räusperte mich und wiederholte die Frage dann nochmal.
,,Finnick Kaiser, glaub ich. Ich bin übrigens Nicklas."
Finnick. Natürlich. Das Schicksal wollte mir wohl mit aller Macht beweisen wie dumm ich damals in der 9. klasse war. So dumm, dass ich nicht begriff was dolor non ferendus bedeutete.
Das hier war unerträglicher Schmerz.
Dieser Name. Dieser Name und das Wissen an dem Ort zu sein, der ihn zerstört hatte.

Cheers Mates!
Manchmal ist Latein Unterricht doch zu was gut.
Ich habe diesen Begriff (dolor non ferendus) gelesen und sofort musste ich an Leon denken. Hat irgendwie gepasst.
Wie hat euch das Kapitel gefallen?
Ich muss ehrlich gestehen mir fällt es grad viel leichter in Leons Sicht zu schreiben und ich tu es auch lieber...hoffentlich bekommt unser lieber Finnick bald mal seine Gefühle wieder, sonst verzweifle ich noch an ihm xD
Was haltet ihr übrigens von Nicklas?
Ansonsten wäre Feedback wie immer super.
Bye Bye

Ich.bin.nicht.Schwul | Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt