Lächelnd hielt sie mir die Tür auf und ich schlüpfte hinein, drehte mich um und blickte sie wieder an. Sie war so wahnsinnig schön, ihr schlanker, klar definierter Körper steckte in einem engen weißen Top und einer engen, ihrer Figur schmeichelnder, langen schwarzen Hose. Ich konnte meinen Blick nicht von ihr nehmen und wurde nur durch eine Frage von ihr unterbrochen. „Möchtest Du Dich umziehen?" fragte sie mich grinsend „dann können wir gleich loslegen" und zeigte mir den Weg zu den Umkleiden. „Ja klar" antwortete ich, löste den Blick von ihrem unglaublichen Körper, ging in die Umkleide und zog mich fix um. Ich überlegte, warum sie sagte, dass wir gleich loslegen könnten, wo waren denn die Anderen? War ich etwa ganz allein mit ihr?
Als ich fertig war ging ich gespannt zu ihr ins Studio, blieb aber vor der Tür stehen. Ich vernahm auch einige andere Stimmen, die sich mit der Leiterin unterhielten und herzlich lachten. Ok, also doch nicht allein. Ich spürte schon wieder dieses leichte Unwohlsein meinen Körper hoch kriechen, aber ich schluckte es runter. Jetzt konnte ich nicht mehr zurück und ich wollte es auch nicht, ganz besonders, weil diese hinreißende Frau lächelnd zur Tür kam und mich mit einem freundlichen „Können wir?" herein winkte. Sie schloss die Tür hinter mir und ich sah die anderen Teilnehmerinnen. Es waren noch vier andere Mädels da, die bereits ihre Sportsachen trugen. Freundlich musterten wir uns und langsam fiel mein Unwohlsein von mir ab. Vielleicht würde es doch ganz interessant werden.
„So, hallo erst mal, schön dass ihr gekommen seid" begrüßte sie uns. „Ich bin Ellen Winter, hier im Kurs könnt ihr mich aber Ellen nennen. Ich leite diesen Kurs, bin ausgebildete Trainerin in Selbstverteidigung und arbeite als Polizistin. Ich mache das hier, weil ich überzeugt bin, dass jede Frau sich wehren können sollte, wenn sie bedrängt oder belästigt wird. Genau das zeige ich Euch hier und nun wünsche ich uns allen viel Spaß, denn der sollte nicht zu kurz kommen" grinste sie uns freundlich zu.
„Bitte stellt Euch noch kurz vor und erzählt ganz kurz, warum ihr diesen Kurs machen wollt" fragte sie uns und so begann sich eine nach der anderen vorzustellen. Ich erfuhr, dass die anderen Mädels Annika, Katja, Susanne und Flo hießen und dass sie hauptsächlich hier waren, um etwas neues zu lernen und mental stärker zu werden, bzw zu wissen, wie sie sich wehren können.
„Hmm, dann bin ich mal gespannt, was ihr zu meinem Grund sagen werdet" dachte ich still, als es plötzlich ganz ruhig um mich wurde. „Nora?" fragte Ellen leise an mich gewandt. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich es total verpasst habe, dass ich ja auch noch dran war. „Nora" wiederholte Ellen und berührte dabei kurz meine Schulter. „Ähm...was?" schreckte ich hoch und blickte in Ellen 's Augen, die sich genau vor meinen befanden.
Verdammt, dieses Blau, ich versank wieder darin, wie in einem Ozean. „Hey Nora, Du bist dran" grinste sie mich amüsiert an. „Ok...ok..ähm ja..." stotterte ich vor mich hin. Verdammt jetzt reiß Dich zusammen „Also, ich bin Nora, bin 36 und bin hier, weil ich mich endlich wirklich wehren will. Ich wurde in der Vergangenheit sehr oft geschlagen oder verprügelt."
Verwirrt und betroffen sahen mir die Augen von Ellen entgegen und ich erkannte, dass sie sich verändert hatten. Sie waren jetzt nicht mehr so schön blau, sondern hatten ein wahnsinnig intensives eisblau angenommen. Ich sah es das erste Mal und ich war sofort total fasziniert davon. Ich löste meinen Blick, ließ ihn auf meine Füße fallen und versuchte die aufkommenden Tränen weg zu blinzeln und die aufgekommenen fiesen Gefühle runter zu schlucken.
Sanft spürte ich eine warme Hand auf meiner Schulter. „Bitte schau mich an" hörte ich die Stimme von Ellen, doch ich konnte ihr nicht in die Augen sehen. In meinem Körper begann ein Kampf und ich hatte große Mühe, mich zu beherrschen, nicht los zu heulen. Gleichzeitig schämte ich mich so sehr. Ein wahnsinniges Zittern und tiefes Schluchzen ergriff meinen Körper. Alle Erinnerungen waren wieder da und ich war kurz davor, den Halt zu verlieren. Sehr sanft nahm Ellen ihre andere Hand unter mein Kinn und hob somit meinen Kopf an, so dass ich nun doch in ihre Augen sehen musste.
Sie waren mittlerweile nicht mehr eisblau, sondern jetzt ganz dunkelblau. „Möchtest Du kurz raus gehen?" fragte sie mich voller Sorge und ich nickte leicht. Als ich mich umdrehte, um zur Tür zu gehen, sah ich noch im Augenwinkel die anderen Mädels, sie blickten mir ebenso betroffen entgegen. Leise öffnete ich die Tür und ging zur Toilette, die sich gleich hinter den Umkleiden befand. Wütend auf mich selbst schaute ich mich im Spiegel an und war so sehr enttäuscht von mir selber. „Das hast Du ja super hin bekommen. Wenn schon, dann gleich richtig blamieren, ne?!" haute ich mir wütend und enttäuscht selber um die Ohren. Meine unterdrückten Tränen schossen nun unaufhaltsam aus meinen Augen heraus. Ich bekam kaum Luft vor lauter Schluchzen und Weinen.
„Du hast Dich nicht blamiert" vernahm ich eine leise Stimme hinter mir. Ich war wohl so versunken in meine traurig blickenden Augen, ich hatte es gar nicht mitbekommen, dass mir jemand gefolgt war. Ellen schaute mir durch den Spiegel in meine Augen hinein, lächelte mir aufmunternd zu und gab mir ein Taschentuch. „Und was war das dann, ich kann doch jetzt nicht mehr einfach wieder reingehen. Die Mädels...Du.. ich möchte nicht verurteilt werden...und...ich schäme mich so sehr..." antworte ich ihr verzweifelt und schnaubte wie verrückt in das Taschentuch hinein.
„Hey, bitte Du brauchst Dich nicht zu schämen. Dafür gibt es keinen Grund, hörst Du? Und niemand verurteilt Dich hier. Du hattest doch einen Grund hierher zukommen. Möchtest Du ihn nicht wahr machen?" Ihre aufmunternden Worte flossen in mich hinein, wie warmer Honig und ich beruhigte mich langsam wieder.
„Alles wieder gut?" fragte sie mich nach kurzer Zeit. Ich atmete tief durch und antworte ihr mit einem Nicken. Schnell wusch ich mir noch mein Gesicht und fand mich in ihren Augen wieder. Sie waren wieder so schön blau, wie ganz am Anfang, als ich sie das erste Mal sah. Zufrieden blickte sie mir entgegen und sie drückte leicht meine Hand als ich mich zu ihr umdrehte. „Magst Du mir nachher noch erzählen, was Dir passiert ist?" fragte sie mich leise. „Nur wenn Du möchtest natürlich" schob sie noch hinterher. „Ja, gerne" antworte ich ihr kurz und klinkte meine Augen wieder in ihre.
Minutenlang schauten wir uns an und niemand löste den Blick. Es ging mir so viel durch den Kopf in diesem Moment, ich wollte nicht, dass es aufhört. Ihr schien es wohl genauso zu gehen. Sanft streichelte sie meine Hand und legte dann einen Arm um meine Taille, ohne meine Hand los zulassen und legte ihren anderen Arm um meinen Nacken und zog mich an sich heran. Sie umarmte mich liebevoll und hielt mich in ihrem Arm. Ich vergaß alles um mich herum, fühlte nur noch sie, roch ihren wunderbaren Duft, spürte ihren warmen Körper an meinem. Leicht legte ich meine Arme um ihren Körper und zog sie dann ebenso fest an mich. Seufzend schloss ich meine Augen und genoss diesen Moment in vollen Zügen.
Wir mussten total die Zeit vergessen haben, denn irgendwann hörten wir Schritte, die sich in unsere Richtung bewegten, wir schnellten aus unserer Umarmung, schafften einen kleinen Abstand zwischen uns, jedoch ließen wir unsere Augen bei der jeweils anderen. „Geht es wieder?" fragte mich Ellen. Ein zauberhaftes Lächeln zierte ihre Lippen als ich ihr mit einem Nicken antwortete. „Dann komm" sagte sie zu mir und wir gingen gemeinsam Annika entgegen, die uns schon gesucht hatte.
Song: LP - Lost on You
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Lost Love
Romance2 Liebende. Für immer, dachten sie. Doch manchmal schlägt das Schicksal unerbittlich zu. Einfach so. Unvorbereitet. Hättest Du alles anders gemacht, als Du es bis dahin getan hast? In diesem Moment? Vergiss es, es ist eh zu spät. Du kannst nichts...