Die Sonne schien in mein Gesicht, die Vögel zwitscherten, ich fühlte mich wie gerädert. Bitte noch nicht aufstehen, dachte ich mir und drehte mich noch einmal genüsslich um.
"Amina, bist du schon wach? Was ist mit Frühstück?", mein Vater kopfte gegen meine Schlafzimmertür. "Hmmm, ich komme sofort, Baba!", rief ich murmelnd zurück. Das wars dann wohl mit faul im Bett rumliegen. Widerwillig schälte ich mich aus meiner warmen Decke und machte mich auf den Weg ins Badezimmer. Schnell frischgemacht und umgezogen, schnappte ich mein Handy und wollte nach unten gehen. Doch soweit kam ich nicht, denn mein Handy verzeichnete eine neue Nachricht, eine SMS von einer unbekannten Nummer, mich wundernd öffnete ich die Nachricht. Wer schrieb heutzutage noch SMS?
Guten Morgen schöne Frau. Ich hoffe, du hast gut geschlafen und kannst dich noch an unseren Deal gestern Abend erinnern? Hättest du morgen Abend Zeit für mich? Würde dich gerne zum Essen ausführen'... Raphael
Zum Essen ausführen? Haha, warum redet er so geschwafelt? Aber auch irgendwie süß, klingt als hätte er sich Gedanken gemacht, wie er es schreiben könnte. Zumindest hätte Michael es so nicht aus dem FF gekonnt. Aber er war ja irgendwie auch nicht Michael. Er hatte die Nachricht erst vor ein paar Minuten geschickt, also beschloss ich noch zu warten. Elena sagt immer, Männern musst du Raum geben und sie jagen lassen, also nicht sofort antworten und sich auch mit anderen Dingen beschäftigen. Gesagt, getan! Also erstmal frühstücken.
Mein Vater wartete schon mit einer Riesenportion Rührei & Sucuk auf mich. Ich leckte mir über die Lippen als ich sie sah, er lachte nur. Unsere Haushälterin oder liebevoll unser "Mädchen für Alles" Mevlida hat es mal wieder sehr gut gemeint. Wir fingen an zu Essen und redeten über den gestrigen Abend. "Wo warst du auf einmal wieder?", fragte ich vorsichtig nach. "Ach, Geschäfte mein Engel. Belaste dich nicht damit, dass ist sowieso nichts für kleine Mädchen.", er winkte ab. Ich ließ meine Gabel fallen. "Kleine Mädchen?", empört sah ich ihn an. Er fing an zu lachen. "Für mich wirst du immer meine kleine Tochter bleiben, Amina. Auch in 100 Jahren, wenn du selber Kinder hast. Aber das hat noch etwas Zeit.", zwinkerte er mir zu. "Ja, dass stimmt. Noch etwas länger, wenn du mich fragst.", ich nahm meine Gabel wieder in die Hand und aß weiter. "Mit wem warst du gestern Abend? Und mit wem bist du nach Hause gekommen?", seine Frage klang beiläufig, aber dass war sie nicht. "Mit Ali, Elena, Michael und einem Bekannten von Michael. Mit einem Taxi, Michael, Elena und ich.", dass dieser Bekannte mich zum Essen eingeladen hatte, ließ ich besser mal aus. Ich wollte ihn nicht anlügen, aber im Prinzip sagte ich ja eigentlich die Wahrheit, nur eben nicht die ganze. Mein Vater nickte. "Eins muss man ihm lassen, er passt immer gut auf dich auf.", überrascht sah ich ihn an. Solche Worte zum Thema Michael und mir hatte ich noch nie von ihm gehört, naja Einsicht ist ja bekanntlich der erste Weg zur Besserung. "Ja, dass macht er.", ich lächelte ihn an. "Aber Rumgeküsse muss trotzdem nicht sein.", verachtend schob er seinen leeren Teller ein Stück von sich weg. So ganz, konnte er dann wohl doch nicht aus seiner Haut. Ich musste schmunzeln.
Nach dem Frühstück packte ich meine Sporttasche und beschloss Raphael endlich zu antworten. Aber was nur? Irgendwie war ich nervös.
Hey, ich hoffe, dass hast du auch. Ja, ich erinnere mich. Morgen Abend klingt gut. Amina
Kurz und knapp ohne mädchenhaftes Gequatsche und Emojis. Ich schickte ohne zu Zögern ab und ließ mein Handy in meine Tasche fallen. Du verabredest dich gerade allen Ernstes mit einem Mann, den ich noch nicht einmal kannte, den auch sonst kaum einer kannte... ich konnte es selbst kaum fassen, aber freute mich dennoch darauf.
Dann fuhr ich zum Sport, ich versuchte mich auf mein Workout zu konzentrieren, doch ich musste einfach immer wieder auf mein Handy schielen, ob ich nicht doch eine Nachricht hatte. Aber es passierte nichts. Etwas geknickt fuhr ich nach Hause und ging baden, um morgigen Muskelkater vorzubeugen. Wie peinlich wäre es, wenn ich laufen würde wie eine Ente? Ich musste bei der Vorstellung lachen. Gerade als ich im heißen Wasser lag, meinen Kopf entspannt nach hinten gelegt und die Augen geschlossen hatte, summte mein Handy. Schlagartig setzte ich mich wieder auf und fischte nach meinem Telefon. Er hatte geschrieben.
Sorry, dass ich dir jetzt erst wieder schreibe, war den ganzen Tag im Studio. Das freut mich sehr. Ich hole dich ab, brauche nur noch deine Adresse .. Raphael
Wie süß, er entschuldigt sich bei mir. Aber Abholen? Schöne Idee, aber sicher nicht. Das geht einfach nicht. Was wäre wenn mein Vater aufmacht, oder ihn auch nur sehen würde. Uns?! Dachte ich und überlegte angestrengt nach einer Lösung. Morgen war ich tagsüber bei Michael, eigentlich könnte er mich auch von dort abholen oder nicht? Wenn ich ihm die Situation erkläre dann wär es bestimmt in Ordnung.
Ach, kein Problem, mach dir keine Gedanken. Könntest du mich morgen Abend bei Michael abholen? Amina
Wie dumm, dass klingt bestimmt total albern. Hoffentlich denkt er jetzt nicht komisch von mir, ich muss ihm das echt morgen alles erklären. Keine zwei Minuten später bekam ich seine Antwort.
Wie du möchtest, um 19 Uhr bin ich da. Griechisch oder Italienisch? R
Italienisch klingt sehr gut. A
Dann italienisch, sehr gute Wahl. Einen schönen Abend wünsche ich dir, bis morgen! R
Dir auch, bis morgen. A
Ich ließ mich zurück ins warme Wasser gleiten und schloss die Augen. Ich, Amina Abou-Chaker, habe morgen ein Date. Mit einem Mann. Unglaublich. Zeit für eine Haarmaske, Gesichtsmaske, wie sahen meine Nägel überhaupt aus? Und die Frage aller Fragen.. Was sollte ich anziehen? Auf jeden Fall hohe Schuhe! Und ein Kleid? Ein Kleid wäre vielleicht zu viel, vielleicht auch zu aufreizend. Am Ende entschied ich mich für etwas schlichtes, unauffälliges:
Die Lederhose betonte meine Beine, mein längerer Cardigan nahm die Aufmerksamkeit von meinem Po. Meine Wahl der Schuhe hatte ich ganz schnell wieder verworfen. Ich konnte zwar ohne Probleme auf ihnen laufen, aber wer weiß wie lange, oder was wäre wenn ich doch umknickte, zu hohes Risiko - zu peinlich. Außerdem war es wenn man es genau nahm nicht mal ein richtiges Date, nur ein Essen. Letzteres redete ich mir ununterbrochen ein um nicht noch nervöser zu werden. Als mein Outfit stand, verstaute ich alles schon mal in meiner riesigen Handtasche, welche ich morgen mit zu Michael nehmen würde, da ich beschlossen hatte mich erst bei ihm fertig zu machen. Sicher ist sicher. Keinen Grund für Fragen geben. Müde und voller Vorfreude schlief ich wenig später auch schon ein. Morgen hatte ich also ein Date.
DU LIEST GERADE
Inshallah Amore | Raf Camora
FanfictionIn dieser Story geht es um die 22-ährige Mina und um ihre Familie, mitunter um ihren Vater Arafat Abou-Chaker, ihrem Onkel Anis Ferchichi und ihren besten Freund/schon fast Bruder Michael Schindler. Wie es sich in einer arabischen Großfamilie, mit...