Am nächsten Tag blieb ich bis Mittags im Bett liegen, zwar schlief ich nicht, aber wollte auch nicht aufstehen und vor allem wollte ich es vermeiden Said über den Weg zu laufen. Doch leider musste ich irgendwann aus dem Bett, heute würden wir ein Kleid aussuchen, für eine Gala, bei der ich die ganze Zeit nicht reden durfte, wenn es nicht zum Erfolg beitrug und zu Lächeln hatte. Mein erster Weg führte mich, wie jeden Morgen ins Bad, wo ich einen Generalcheck machte und einen unveränderten Zustand feststellte. Ich duschte lange, föhnte meine Haare und schminkte mich. Mein blaues Auge verschwand unter einer dicken Schicht Make-up und mein Outfit bestand schlicht aus einer blauen Jeans und einem Strickpullover, gepaart mit einer Lederjacke drüber. Fertig zur Abreise ging ich runter, setzte mich an den gedeckten Tisch, an dem auch Said und Burak saßen, begrüßte sie und fing an zu essen. "Gut geschlafen?", fragte mich Said provokant. "Zumindest die letzten Stunden, ja. Wann fahren wir los?", stellte ich die Gegenfrage. "Du fährst mit ihm.", er deutete auf die Person neben ihm. "Ich muss noch was dringendes erledigen.", sollte mir nur recht sein. "Okay, kann ich dann den Autoschlüssel haben?", freute ich mich schon halb. "Nein, du fährst nicht.", löschte er mein inneres Feuer schon mit dem nächsten Satz. Ich wollte vor Burak keine Diskussion mit ihm anfangen deswegen nickte ich nur und widmete mich wieder voll und ganz meinem Essen. Es schmeckte super lecker, aber ich konnte einfach nicht mehr so viel essen, schon gar nicht in Gesellschaft dieser Person. "Er bezahlt dann auch, nehme ich an?", konnte ich mir dennoch nicht verkneifen. Er nickte nur. Hätte mich auch gewundert, hätte er mir Geld in die Hand gegeben.
Eine halbe Stunde später lenkte Burak meinen Wagen durch die vollen Straßen Berlins. Ich fuhr mit der Hand über mein Armaturenbrett und fühlte mich fast ein bisschen wehleidig. "Magst du gerne Autos?", Burak beobachtete mich also. "Nein, aber dieses schon.", lächelte ich leicht. "Ja, es ist wirklich schön und gut zu fahren." Ich weiß fügte ich in meinen Gedanken zum Gespräch hinzu. Ich vermisste meinen Freund, meinen Vater, mein Auto, meine Freiheit. Alles. "Was für ein Kleid schwebt dir vor?", versuchte er ein Gespräch aufzubauen. "Wirst du jetzt sowas wie mein Einkaufsberater?", ich vermisste Michael. "Nein, ich hab da eigentlich gar keine Ahnung von.", gab er zu. "Tut mir Leid, dass du das mit mir machen musst.", mir tat es ehrlich Leid für ihn, konnte er sich bestimmt Besseres vorstellen. "Ach quatsch, kein Problem.", winkte er ab. Wahrscheinlich lohnte es sich für ihn heute doppelt. Gleich im ernsten Laden wurde ich auch auf Michael angesprochen. "Ey, wo hast du Shindy gelassen? Er kann gerne mit reinkommen.", machte mich eine blondierte Tussi von der Seite an und betrachtete ihre Fingernägel. Ich ging gar nicht darauf ein, sondern inspizierte die Kleiderstangen. Ein paar die in die engere Auswahl kamen, legte ich über meinen Arm oder drückte sie Burak in die Hand, der mir keinen Meter von der Seite wich. Als ich in der Umkleide war, hörte ich das Klackern ihrer Absätze. "Hey Hübscher, darf es etwas zu trinken sein?", bot sie ihm scheinheilig an, doch er schien abzulehnen, denn sie torkelte wieder weg. Ich hatte drei Kleider mitgenommen und alle drei fand ich irgendwie schön, aber sie waren irgendwie auch nichts besonderes. Wenn ich schon auf diese Veranstaltung gehen musste, dann wollte ich mich wenigstens schön fühlen. Etwas abgenervt trat ich aus der Kabine hinaus, drückte der Verkäuferin bevor sie irgendetwas sagen konnte, die Kleider fast schon ins Gesicht und verließ mit meinem Wachhund das Geschäft. Enttäuschend.
Im Nächsten gefiel mir noch weniger, sodass ich beschloss erst gar nichts anzuziehen, sondern gleich weiterzufahren. Im dritten Geschäft, was vom Ambiente und auch von den Mitarbeitern definitiv mein liebstes war, parkte ich meinen Begleiter auf einen der Sofas und schritt andächtig durch den Laden. Die Stoffe waren alle hochwertig und edel. "Oh Miss, schön sie wieder zu sehen. Geht es ihnen gut?", eine der Verkäuferin, die mich schon beim letzten Mal bedient hatte, kam auf mich zu, gab mir die Hand und tätschelte mit der anderen meine Schulter. "Ja, vielen Dank und ihnen?", fragte ich eher fürs Protokoll nach, als das es mich interessierte. Schließlich würde sie mir gut antworten. "Sehr gut, wie kann ich ihnen helfen?" "Ich suche ein Kleid für eine Gala mit anschließender Party." "Ah, die BMG nehme ich an?", sie wusste also im Veranstaltungskalender Bescheid. Ich nickte kurz und sah mich weiter um. "Eher lang und nicht soviel", ich deutete einen Ausschnitt an und sie verstand.
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Inshallah Amore | Raf Camora
FanficIn dieser Story geht es um die 22-ährige Mina und um ihre Familie, mitunter um ihren Vater Arafat Abou-Chaker, ihrem Onkel Anis Ferchichi und ihren besten Freund/schon fast Bruder Michael Schindler. Wie es sich in einer arabischen Großfamilie, mit...