Wir müssen gar nichts

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Sollte Michael recht behalten, dass ich ihm zu schnell mein Vertrauen schenkte und mich hingab? Oder suchte er das, was er bei mir nicht bekam bei einer anderen? Mein Herz überschlug sich als ich endlich die Tür erreichte und sie öffnete.

Das Bild was sich vor mir auftat, schien meinen Verdacht zu bestätigen. Ich sah direkt in das strahlende Gesicht einer zugegeben hübschen Blondine, welche mit meinem Freund auf dem kleinen Sofa saß. Dem gleichen Sofa auf dem er mir vor einigen Stunden noch geschworen hatte, dass wir Zeit hatten und ich ihm vertrauen konnte. Mein Herz rutschte in meine Hose, es war ein merkwürdiges Stechen, mich überkam das Gefühl einfach wegrennen zu wollen, doch zu spät. Barbie hatte mich entdeckt und lächelte nun mich an. Auch Raphael drehte sich um, lächelte und stand auf. "Hey mein Schatz.", wollte er mich begrüßen und kam meinen Lippen gefährlich nahe. Doch ich wich ein Stück zurück. "Das ist also Max?", platzte es mir raus. Er legte den Kopf schief. "Nein, das ist Anni, meine Frau.", hörte ich es vom Flur und drehte mich um. Der tätowierte Blonde hielt mir die Hand hin. "Ich bin Max, freut mich." Peinlich berührt ergriff ich seine Hand. "Amina, mich auch." Am liebsten würde ich im Erdboden versinken, wie konnte ich nur denken, dass er mich betrügen könnte? Das erste Mal lerne ich einen seiner Freunde kennen und denke gleich, er hat eine Andere. Seinen Blick meidend lief ich nun freundlich auf die Blondine zu. "Hey, ich bin Amina." Sie erwiderte mein Lächeln ehrlich und umarmte mich kurz. "Ich bin Anni. Freut mich ebenfalls dich kennen zu lernen, endlich habe ich eine Verbündete gegen die beiden Holzköpfe." Ihr Lachen steckte mich an. Auch wenn mir eigentlich gar nicht zum Lachen war, ich fühlte mich unheimlich schlecht Raphael gegenüber. "Ich hab heute früher Feierabend machen können und wollte die Jungs besuchen, ich war ewig nicht mehr dabei.", erzählte mir Anni und klopfte neben sich auf das Sofa. "Entschuldige mich kurz, ich bring eben meine Sachen weg.", dabei deutete ich auf meine Schuhe und Jacke.

Die kühle Luft im Flur kam mir gelegen. Ich schloss die Augen und atmete tief durch. Innerlich war ich Anni unglaublich dankbar, dass sie einfach so tat als hätte ich ihr nicht unterstellt etwas mit meinem Freund zu haben, aber trotzdem. Wie unangenehm einfach. Gerade wollte ich in die Küche, da hielt mich jemand am Arm zurück. Ich wandte meinen Kopf und sah direkt in seine warmen Augen. Sie brannten förmlich in meinen. "Hey Baby.", er zog meinen Kopf zu sich und küsste meine Lippen. "Hey..", murmelte ich und versuchte mein Gewissen zu verdrängen. Er nahm mir meine Jacke ab und hängte sie an die Garderobe, während ich in die Küche trat. Ich fing an meine Einkäufe in den Kühlschrank zu räumen, als er sich zu mir gesellte und half. Schnell schmiss ich die Pizzakartons in den Müll und pustete einmal durch.

"Raphael?", mein Freund, der sich gerade wieder auf den Weg zu den anderen machen wollte, blieb stehen und sah mich erwartungsvoll an. "Es tut mir Leid, ich weiß, ich kann dir vertrauen." Einen Moment lang sagte er nichts, schien zu überlegen, als er zum Sprechen ansetzte, atmete ich erleichtert auf. "Denk nicht mehr drüber nach bitte. ", sein Lächeln war weniger als schwach. "Ich hab nicht nachgedacht, ich hab mich so sehr gefreut wieder zu kommen, nachdem du mir heute Mittag sogar einen Schlüssel gegeben hast, als ich ihre Stimme gehört habe, kam mir nur Max in den Sinn, dann dass ich mir Zeit lassen soll und dann auch noch Pizzakartons, obwohl ich kochen wollte...", versuchte ich verzweifelt zu erklären, merkte aber dass ich mich immer weiter verzwickte und schaute ihn nur noch hilflos an. Er kam auf mich zu und drückte mich einfach nur, küsste mein Haar und schien zu schmunzeln, das konnte ich in seiner Stimme hören. "Das heißt nicht, dass wir denken, du kannst nicht kochen. Baby, Anni wollte uns besuchen und sie wusste nicht, dass es dich gibt und du hier kochen willst. Sie hat es nur gut gemeint und dachte wir könnten eine kleine Stärkung gebrauchen. Ich würde jederzeit dein Essen vorziehen. Und was das andere angeht, vergessen wir das okay? Ich weiß, dass du mir vertraust. Diese Situation ist genauso meine Schuld, ich hätte dir auch Bescheid geben können, dass sie hier ist." Seine sanften und beschwichtigenden Worte beruhigten mich. "Danke, und zugegeben, du hättest echt was sagen können.", tadelte ich ihn spitz und rümpfte ich die Nase. Er lachte und stupste auf letztere. "Nimm die wieder runter.", grinste er und schnappte sich Gläser aus dem Schrank. "Ich trag' die Nase so hoch, die kann keiner brechen.", rappte ich belustigt. "Ahhhh, was das für komischer Sprechgesang. Nimm lieber die Cola mit.", lachte er wissend und deutete auf die Flaschen im offenen Küchenregal. Mit vollen Händen verließen wir die Küche in Richtung Studio und gesellten uns zu den anderen.

Inshallah Amore | Raf CamoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt