Übel

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"Raphael.. ich liebe dich..", flüsterte ich leise. "Dann vergiss das nicht und schick mir morgen ein Bild von deinem Outfit.", es klickte, dann piepte es schmerzhaft in meinem Ohr. Mein Freund hatte aufgelegt.


Meine Tränen liefen über meine Wangen, ich konnte nicht anders. Eingerollt unter der Decke fühlte ich mich elend. Ich liebe ihn, so sehr und ich vermisste ihn. Ich weinte und weinte, bestimmt stundenlang, bis ich erschöpft in einen unruhigen Schlaf fiel.

Als ich aufwachte, war es bereits dunkel. Meine Glieder fühlten sich unendlich schwer und gleichzeitig taub an. Mit Mühe und Not suchte ich mein Handy in meinem Bett, fand es schließlich weit unter meinem Kopfkissen. Es war bereits nach 22 Uhr, das Display zeigte mir neu-eingegangene Nachrichten an und ich öffnete sie monoton. Meine Augen waren immer noch verschleiert und trüb, doch konnte ich sehen wer mir geschrieben hatte. Elena, Michael und mein Freund. Seine Nachricht öffnete ich zuerst. <Wenn ich es nicht auch tun würde, dann wäre ich nicht so.>, die positive Wirkung der zwischen den Zeilen stehenden Worte blieb aus. Ich wusste, dass er mich liebt, auch ohne dass er das sagen musste, ich verstand auch seine Situation und das ihm das zusetzte, aber konnte ich es gerade ändern?

Ich machte mich wirklich bettfertig und nutzte meinen letzten klaren Gedanken dazu Anna zu schreiben, ob sie morgen zufällig im genannten Restaurant essen gehen wollte. Ich schilderte ihr den Stand der Dinge in Stichpunkten und wies sie in der gleichen Nachricht an, dass ich nicht wüsste, ob Raphael es wollen würde, wenn Max es auch weiß. Sie verstand, war sofort einverstanden und schlug vor eine enge Freundin von ihr mitzunehmen. Wie dankbar ich ihr war? Nicht in Worte zu fassen. Ein wenig erleichtert schrieb ich Raphael von Anna, bekam eine mehr oder weniger tolle Antwort, welche meine Bedenken bezüglich Max nur noch verstärkten. Zum Glück hatte ich das schon angesprochen, dachte ich bevor ich meinem Freund zum letzten Mal an diesem ereignisreichem Tag schrieb und mich erneut ins Land der Träume begab.


Raphaels Sicht:

Kaum war das Gespräch beendet, da landete mein Handy schon in einem der Kissen auf meinem Bett. Es machte mich rasend, meine Frau mit einem Anderen essen. Ich zweifelte nicht an ihr, doch diese Ungewissheit lies mich innerlich kochen. Ich legte meinen Kopf in meine Hände, fuhr mir durch die Haare. Was sollte ich jetzt tun?

"Ist alles okay?", meine Schwester klopfte leise an die Tür. Ich schüttelte mürrisch den Kopf. "Aber du kannst auch nicht helfen.", beschwichtigte ich sie und sah ihr zu, wie sie sich aufs Bett setzte. "Ist es wegen Mina? Bitte rede mit mir.", flehte sie mich an und ich ergab mich. "Er hat sie zum Essen eingeladen, morgen Abend schon. Ihr Vater will das so, lässt nicht mit sich reden oder ist unterwegs. Sie möchte sich nicht gegen ihn stellen, sondern erstmal mit ihm in Ruhe reden, um ihn vielleicht umzustimmen." Ich tigerte in dem kleinen Zimmer auf und ab und merkte die Aggression in mir hochkommen. "Dieser dreckige Bastard!", rief ich laut und boxte gegen die Wand. "Heeeey" , meine Schwester nahm meine Hand in ihre und versuchte mich zu beruhigen. Ich finde, sie hat einen weisen Weg gewählt, alles andere würde doch eh nichts bringen." Sophia hatte ja recht, tief in mir wusste ich das auch, aber ich ertrug dieses Gefühl einfach nicht. "Ich muss nach Berlin!", entschloss ich kurzerhand und fing an meine Sachen achtlos in meine Reisetasche zu werfen. "Und was willst du da machen? Dich mit an ihren Tisch setzen? Selbst wenn du dich ein paar Tische weitersetzt, meinst du es macht die Sache für euch einfacher? Für sie ist es so auch schon schwer genug, denke mal nicht das sie Spaß daran hat und du kannst dich doch jetzt schon nicht zurückhalten, meinst du die Situation wird besser wenn du dort ausrastest und ihr euch die Köpfe einschlagt?", vernichtend nahm sie meine Tasche in die Hand und räumte alles sorgfältig wieder aus. "Was soll ich sonst machen?" "Ruf Max an.", antwortete meine Schwester klar und sah mich mindestens so verständnislos an, wie ich sie nun auch. "Ich kann nicht Max anrufen, wem soll ich denn diese Geschichte noch alles erzählen und mich zum Affen machen?" "Wieso machst du dich zum Affen?" "Weil ich den Zirkus mitmache und meine Freundin nicht zu mir stehen kann.", kraftlos ließ ich mich aufs Bett fallen und starrte an die Decke. "Überleg mal wie du gerade von der Frau sprichst, die du eigentlich heiraten möchtest.", damit verließ sie das Zimmer. Sie war eindeutig die Tochter meiner Mutter. 

Inshallah Amore | Raf CamoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt