"Hab ich mir schon gedacht.", brachte ich mit knirschenden Zähnen heraus. Sophia sah mich mit fragendem Blick an. Was erwartete sie? Das ich ihnen um den Hals fiel und jubelnd ihr Glück begrüßte. Natürlich wollte ich dass meine Schwester glücklich ist, genauso meine besten Freunde. Aber doch nicht miteinander. Ich spürte Aminas Hand an meinem Arm. "Wie wäre es, wenn ihr beide", sie zeigte auf Sophia und mich. „einen kleinen Spaziergang macht, nach dem Flug und der langen Taxifahrt ist es vielleicht gar nicht schlecht.", schlug sie vor und Sophia nahm es dankend an. Auch meine Mutter nickte uns zuversichtlich zu und scheuchte uns beinahe aus dem Haus. Das Letzte was ich hörte war die zarte Stimme meiner Freundin.Aminas Sicht
„Kann mir jemand sagen, wo ich die Sachen hinstellen kann?", fragte ich vorsichtig und Maria nickte. „Ja natürlich, euer Zimmer ist im 1. Stock.", sie lächelte warm. „Komm ich helfe dir mit dem Gepäck.", schaltete sich nun auch der etwas verloren-wirkende Farido ein und schnappte sich die riesige Reisetasche. „Dankeschön..", murmelnd folgte ich ihm die Stufen hinauf. „Ich freu mich, dass ihr es doch noch auf die Reihe bekommen habt.. du hast ihm echt gefehlt, mehr als er jemals zugibt.", eröffnete der dunkelhaarige Lockenkopf und stellte den Weekender auf dem einladenden Doppelbett ab. „Danke..", sagte ich schlicht und ließ mich auf die hellen Laken sinken. Unschlüssig stand Raphaels Freund im Zimmer und starrte nach draußen. „Er wird sich wieder einkriegen." „Hoffentlich.." Mit der Hand klopfte ich auf das leere Bett und wies ihn an sich zu setzen. „Wie lange läuft das denn schon zwischen euch?", lächelnd sah ich ihn an, was er auch gleich erwiderte. Seine Augen strahlten regelrecht. „Noch nicht lang...RAF und sie waren bei mir im Laden. Ich glaube das war nach der BMG, wir haben alle ein bisschen getrunken und die anderen wollten noch weiter, feiern und Party und so. Sophia nicht, ich hab angeboten sie nach Hause zubringen und ja. Wir haben das erste Mal seit langem wieder mehr miteinander gesprochen als dieses Oberflächliche dies, das... — und dann hat sich das alles irgendwie ergeben.", grinsend zuckte er mit dem Schultern wie ein kleiner Schuljunge. „Das freut mich sehr für euch.. dann hatte diese ganze furchtbare Zeit ja auch was Gutes.", erwiderte ich sein Grinsen. Eine kurze Zeit lang sah er mich einfach nur stumm an, bevor er wieder das Wort ergriff: „Das Wichtigste ist, dass ihr euch wieder habt. Ich dachte schon der Junge fällt zurück in seine Paranoia." Seine ehrlichen Worte erschreckten mich. „Was meinst du damit?", hakte ich nach. Gerade wollte er zur Antwort ansetzen, da fiel die Haustür brüllend ins Schloss und man hörte ein weinerliches Schluchzen. Sophia. Oh, verdammt! „Das erklärt er dir am besten selbst. Bitte entschuldige mich..", Farido verließ den Raum Richtung Sophia und ich ließ mich nach hinten aufs Bett sinken. Die Tür krachte erneut, schwere Schritte kamen die Treppe hoch, dann stand er wutentbrannt in der Tür. „Was ist passiert?, setzte ich mich sofort auf. "Wie können die mir das antun?", er knallte die Tür zu und fuhr sich durch die Haare. "Du klingst wie mein Vater.", kommentierte ich trocken. "Er ist einer meiner besten Freunde!! Wie kann er es dann so ausnutzen, wenn ich nicht da bin und sie sich gleich an sie ranmachen?", fassungslos starrte er mich an. "Raphael...", versuchte ich ihn zu beruhigen, doch er wollte sich einfach nicht beruhigen. "ICH WAR IMMER FÜR SIE DA, WAS HAB ICH VERBROCHEN?", schrie er mir ins Gesicht. "Okay Arafat Abou-Chaker, komm WIR BEIDE gehen jetzt ein Stück. Und bitte hör auf zu schreien.", ordnete ich an und zog ihn am Arm aus dem Zimmer. "Ich hab kein Bo-", wollte er protestieren, aber ich ließ es nicht zu. "Komm jetzt.", erstickte ich ihn im Keim und funkelte ihn an. Am Fuß der Treppe erblickte ich Maria, welche uns, besser gesagt ihren Sohn musterte und dann fragend mich an sah. Ich zuckte leicht mit den Schultern. "Wir schnappen mal eben frische Luft.", beantwortete ich ihre stumme Frage vorerst ausweichend, doch sie verstand und nickte."Wohin am besten?", lenkte ich die Aufmerksamkeit meines grummelnden Freundes auf mich als wir am Ende der Straße ankamen. "Hier lang.", zischte er, was mich fast ein bisschen zum Lachen brachte. Er ging voraus, rannte gefühlt, achtete kaum auf seine Umgebung, geschweige denn mich. "Hey..", sprach ich ihn erneut an, doch er reagierte nicht. "HEY!", energisch packte ich ihn am Arm und zog ihn zu mir. "WAS?", keifte er mich an, erschrocken wich ich zurück. "Tut mir Leid.", entschuldige er sich sofort und wollte mich in seine Arme ziehen. "Die beiden... dass macht mich... das geht einfach nicht.", donnerte er, wenn auch in gemäßigtem Ton. "Möchtest du nicht, dass sie glücklich sind?", sein Blick war weniger als verständnislos. "Doch. Natürlich will ich das sie glücklich sind. Aber sie ist meine Schwester und er kennt uns schon seit dem wir in Wien sind, wir sind zusammen aufgewachsen und jetzt fickt er sie! SIE!" "Selbst wenn sie MITEINANDER SCHLAFEN .. sie sind zusammen, in einer Beziehung. Sie lieben sich, Raphael. Und es gehört dazu.", versuchte ich ihm klar zu machen. "Was weiß der Piç denn schon von Liebe? Seit Jahren schleppt er eine Olle nach der anderen ab und hat seinen Spaß. Nur weil er in letzter Zeit weniger unterwegs war und mehr für seinen Laden gemacht hat, hat er sich nicht geändert. Solche Menschen ändern sich nie!", er schnaufte verachtend. "Darf ich dich daran erinnern, dass du dich auch geändert hast?", machte ich ihn auf einen Teil von uns aufmerksam. "Das ist was anderes!" "Inwiefern?", kritisch zog ich die Augenbraue hoch und musterte ihn. "Ich weiß seit Jahren was ich will, dass ONS nichts für mich sind und hatte keine.", rechtfertigte er sich misslungen. "Stimmt doch gar nicht.", erinnerte ich ihn streng. "Willst du jetzt echt damit anfangen?", wich er genervt aus. "Nein, du hast damit angefangen und versucht zu lügen.", tadelte ich ihn und nahm versöhnlich seine Hand. Das letzte was ich wollte war, dass wir stritten. Wir gingen ein Stück und erreichten einen riesigen See mit steinigem Ufer. "20 Grad wärmer und wir könnten es fast Barca nennen, ist schön hier.", staunte ich und ging zum Wasser. Es war kristallklar und ruhig. "Ich will nicht dass sie verletzt wird, weißt du? Sie ist meine kleine Schwester.. ich muss sie beschützen..", hatte er eben noch mit dem Fuß im Sand herum gestochert, sah er mir nun fast schon unsicher in die Augen. "Ich verstehe es, glaub mir. Aber vor wem willst du sie denn beschützen? Vor deinem besten Freund?", er antwortete nicht, sondern starrte erst auf dem Boden, dann über den See. "Raphael..", flüsterte ich leise, doch war mir sicher er hatte es gehört. "Ich kenne ihn seit wir klein waren, er war immer für mich da und ich für ihn. Egal was war, wir konnten uns gegenseitig helfen und uns aufeinander verlassen, egal was für Scheiße gerade abging, wir haben zusammengelacht, geheult, uns für den anderen geprügelt, miteinander geprügelt, alles .. er ist eigentlich ein wirklich guter Mensch ... Ich-" "Wünschst du dir das nicht auch für sie?", unterbrach ich ihn mit ruhiger Stimme. Er wandte seinen Kopf zu mir und sah mir fragend in die Augen. Ich nahm seine Hand und trat ein Stück näher zu ihm. "Wünschst du ihr nicht, dass sie jemanden an ihrer Seite hat, mit dem sie lachen und weinen kann? Der auf sie aufpasst und für sie ein steht, wie sie es auch für ihn tun würde? Wünschst du dir nicht jemanden an ihrer Seite, der immer für sie da ist, der ihr halt gibt, der mit ihr gemeinsam durch alle Höhen und Tiefen geht?" "Und wenn er es nicht ist? Ich breche ihm alle Knochen, wenn er sie in irgendeiner Weise verletzen sollte!" "Schatz... ", tief atmete ich durch und zwang mich zur Ruhe, einer von uns Beiden musste einen klaren Kopf bewahren. "Guck mal, Sophia und sogar deine Mutter, wenn ich es richtig mitbekommen habe, haben so viel Vertrauen in unsere Beziehung gelegt, in uns, in dich und vor allem auch in mich, dabei kannten sie mich kein bisschen, nur diesen kurzen Abend als ich bei euch in Wien war. Meinst du nicht du könntest über deinen Schatten springen und es nicht zumindest versuchen zu akzeptieren? Du sagst selbst er ist ein guter Mensch und deine Schwester ist es auch. Ich glaube keiner von beiden, wollte dich in so eine Situation bringen, aber für Gefühle kann man nichts. Dafür sind wir doch das perfekte Beispiel...", hoffnungsvoll sah ich ihm in die Augen und erkannte, dass er lächelte. Er lächelte nicht mit dem Mund, viel mehr lächelte er mit den Augen, seiner Seele. "Ich weiß nicht...", begann er. "Bitte, versuche es! Für die Familie..", legte ich nach und hatte ihn. "Kein Wunder, dass meine Mutter dich mag, wenn du mir ins Gewissen redest wie sie.", verdrehte er gespielt die Augen. "Okay.. ich rede nochmal mit ihr.", sprang er letztendlich über seinen Schatten, zog mich in seine Arme und küsste meine Stirn. "Ich liebe dich.." "Ich dich auch, Raphael.", flüsterte ich gegen seinen Hals und küsste ihn.
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Inshallah Amore | Raf Camora
FanfictionIn dieser Story geht es um die 22-ährige Mina und um ihre Familie, mitunter um ihren Vater Arafat Abou-Chaker, ihrem Onkel Anis Ferchichi und ihren besten Freund/schon fast Bruder Michael Schindler. Wie es sich in einer arabischen Großfamilie, mit...