Raphaels Sicht
Farido und ich saßen noch eine ganze Weile im Cafe, er versuchte mich so gut es ging abzulenken, doch es nützte nicht wirklich was. "Das wird schon Bruder, ihr macht das schon.", aufmunternd klopfte er mir auf die Schulter, als wir uns verabschiedeten. "Du hast gut reden..", murmelte ich nur und verließ das Lokal. Im Auto fuhr ich mir kurz durch die Haare und beschloss nach Hause zu fahren, Sophia fragte schon nach ihrem Auto.
"Deine Freundin ist schon wieder weg?", fragte mich meine Schwester überrascht, als ich allein aus dem Treppenhaus kam. "Ja, sie muss wieder zu ihrer Familie.", entgegnete ich kurz und ließ sie im Flur stehen. "Ist alles okay bei euch?", rief sie mir nach, doch ich antwortete nicht. Was denn auch?! "Raphael?", forderte mich meine Schwester mit skeptischem Blick auf. "Was?", fuhr ich sie an und ließ mich aufs Bett fallen. "Ist sie schwanger?", legte sie nach und ich schloss abgenervt die Augen. Sophia konnte nichts dafür. Sie wollte nur helfen. Innerlich zählte ich bis drei um mich zu beruhigen. "Wie kommst du darauf?", stellte ich die Gegenfrage. "Sie war heute morgen nicht gut drauf, Mama sagt sie war sehr blass und zittrig. Außerdem ist sie so plötzlich hergekommen, hat sie es gerade erfahren?", sie setzte sich neben mich auf das Bett und musterte mich mit ihren Mandelaugen. Langsam schüttelte ich den Kopf. "Nein, also sie ist nicht schwanger." "Was ist es dann?" Tief durchatmend rieb ich mir durch mein Gesicht und überlegte, ob es gut wäre sie einzuweihen, sie damit zu belasten. "Komm schon, ich bin deine Schwester und schon lange keine 13 Jahre mehr." Also gut. "Aminas Vater will dass sie heiratet." Sophias Augen wurden riesengroß und strahlten. "Du wirst heiraten?? Wahnsinn, hast du es Mama schon gesagt?" Freudig umarmte sie mich, doch ich stieß sie behutsam weg. "Einen Mann aus der Heimat, ihr Vater hat ihn vor ein paar Tagen mit nach Deutschland gebracht.", erklärte ich ihr und die Flammen in ihren Augen erloschen. "Hat sie Schluss gemacht?", irritiert sah ich sie an. "Nein, sie ist gekommen um mir zu sagen, was los ist. Heute hat ihr Vater zu einem gemeinsamen Essen geladen und vielleicht will er bekannt geben, dass sie heiraten werden. Keine Ahnung.", schulter-zuckend blickte ich zur Decke. "Oh man, ich wünschte sie wäre schwanger..", meine kleine Schwester drückte sich kuschelnd an mich und küsste aufmunternd meine Wange. Ich musste schmunzeln, dass würde die Sache eigentlich eindeutig auf meine Seite verschieben. Auf der anderen Seite wäre Mina niemals bereit dazu, was ich ihr natürlich nicht verübeln konnte. "Ihr seid bestimmte coole Eltern und ich die beste Tante, die es sich wünschen kann.", lachte sie leise, ich konnte nicht anders und stimmte mit ein.
"Könntest du dir vorstellen mit ihr wirklich eine Familie zu gründen?", riss Sophia mich nach kurzem Schweigen und Abdriften in meine Gedankenwelt, aus eben dieser. Lächelnd nickte ich. "Krass, dass sagst du das erste Mal!", überrascht strahlte sie mich an. "Das kann ich dir auch zeigen.", grinste ich sie an und stand auf. "Wie?", sie legte den Kopf schief und wartete gespannt ab, während ich in meiner Tasche wühlte. Versteckt ist eben versteckt und nicht so leicht zu finden. Gefunden, grinste ich verschmitzt und hielt meiner Schwester das Gesuchte vor die Nase. "Echt jetzt?", fragte sie mit zittriger Stimme und öffnete die kleine samt-bezogene Schachtel. "Der ist wunderschön.", sie schlug ihre Hand vor den Mund und konnte es nicht fassen. "Ja, passt zu ihr.", flüsterte ich und nahm ihr die Schachtel wieder aus der Hand, klappte sie zu und verstaute sie wieder tief in meiner Tasche.
Aminas Sicht
Widerwillig zwängte ich mich in das enge, beigefarbene Kleid, zupfte meine Haare zurecht, während mir Elena schon die Pumps entgegen hielt. "Ich will nicht..", murrte ich leise und erntete nur Schulterzucken. "Vielleicht wird es gar nicht so schlimm.", halbherzig lächelte mich meine beste Freundin an, in ihren Augen sah ich das Misstrauen in ihre eigenen Worte. "Ja, klar. Ich weiß gar nicht was schlimmer ist, wenn mein Vater bekannt gibt, dass wir heiraten oder wenn er mich fragt, ob ich ihn heiraten möchte.." "Würdest du dann ja oder nein sagen?", irritiert schwenkte ich meinen Blick zu Michael, der mit hochgezogener Braue in der Tür stand. "Was ist das für eine Frage, ich muss JA sagen, auch wenn Alles in mir NEIN schreit." Etwas erwidern wollend, kräuselte er die Stirn, blieb dann jedoch stumm. Wahrscheinlich wusste er wie sinnlos diese Diskussion ist, denn eigentlich kannte auch er die Antwort. Ich konnte meinem Vater nicht vor der ganzen Familie in den Rücken fallen. Im Prinzip tat ich es schon die ganze Zeit. Ich fiel ihm in den Rücken seitdem ich mich das erste Mal mit Raphael getroffen hatte.
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Inshallah Amore | Raf Camora
FanfictionIn dieser Story geht es um die 22-ährige Mina und um ihre Familie, mitunter um ihren Vater Arafat Abou-Chaker, ihrem Onkel Anis Ferchichi und ihren besten Freund/schon fast Bruder Michael Schindler. Wie es sich in einer arabischen Großfamilie, mit...