Blut ist dicker als Wasser

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Schönes Wochenende ihr Lieben <3

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Ich hatte einen anderen Mann geküsst, einen anderen Mann als ich liebte, einen anderen Mann als Raphael. Den Blick in den Spiegel ertrug ich nicht, ich hatte ihn betrogen.

Ich hab es zu gelassen, dass er mich anfasst, mir nah ist. Hatte ich diesen Mann doch verdient? Schuldig und gepeinigt wie ein Hund kroch ich in mein Bett und heulte mich in den Schlaf.  Am nächsten Tag blieb ich einfach im Bett, ich hatte keinen Hunger, kein Durst, gar nichts. Mevlida brachte mir Essen, doch ich würgte regelrecht beim Anblick von Sucuk und Ei. Ich bedankte mich zwar bei ihr, rührte es sowie mein Mittagessen nicht an. Genau genommen konnte ich gar nichts machen, ohne dass mir erneut die Tränen kamen. Ich konnte nicht aufstehen, ich konnte mich nicht wieder hinlegen, ich konnte nicht mal ruhig die Augen schließen, ohne das meine Augen heiß wurden. Ich musste schrecklich aussehen, rot, verquollen. Aber eigentlich war es auch egal, denn es  juckte hier eh keinen. Beziehungsweise war es mir egal, wenn Said mich so sah, so bezweifelte ich in meinem Inneren auch, dass er es überhaupt bemerkte, von Interesse wagte ich gar nicht zu träumen. Ich weiß nicht wie lang mein "Zustand" dauerte, ein paar Mal hatte ich mich gezwungen zumindest ein bisschen Wasser zu trinken. Als ich irgendwann im Bad in den Spiegel sah, schauderte es mich. Mein Gesicht bestand aus Augenringen, ich sah fahl und müde aus. Nicht mehr wie ich selbst. Seit Tagen hatte ich keinen gesehen außer Mevlida. Auch jetzt war es im Haus mucksmäuschenstill, weshalb ich beschloss einen Gang hinunter zu wagen.

Auf den Treppen wurde mir leicht schwindelig, sodass ich mich am Geländer festkrallte. "Amina! Warte..", hörte ich schreien und schon hielt mich mein Onkel am Arm fest, begleitete mich nach unten und setzte mich auf das Sofa im Wohnzimmer. "Was ist los mit dir? Geht es dir nicht gut? Brauchst du einen Arzt?", er musterte mich argwöhnisch. "Nein, alles gut. Ist wahrscheinlich alles ein bisschen viel gerade.", versuchte ich ihn zu beschwichtigen. "Bist du dir sicher?", er legte den Kopf schief. Ich nickte eindringlich und wechselte das Thema. "Was gibt es neues?" "Dein Vater sitzt immer noch in U-Haft, aber du kannst ihn besuchen wenn du möchtest.", berichtete er mir. Zumindest etwas. "Gerne, warst du schon bei ihm?" Er nickte selbstverständlich. "Wo ist Said?", fragte er abschweifend. Irritiert zuckte ich mit den Schultern. "Woher soll ich das denn wissen?", fragte ich trotzig und erntete einen verständnislosen Blick. "Ihr wohnt hier zusammen?! Wie kannst du das nicht wissen?" "Meinst du er meldet sich ab, wenn er geht? Ich hab ihn seid Tagen nicht gesehen.", gestand ich und beobachtete Nasser, wie er einmal tief ein und ausatmete, wie auch mein Vater das tat um sich zu besinnen. "Er ist dein Verlobter, ihr wohnt hier zusammen, wie kannst du ihn seid Tagen nicht sehen, kümmerst du dich nicht?" "Nein.", beendete ich das Thema dickköpfig und verkroch mich unter einer dünnen Wolldecke. "Habt ihr euch gestritten?" Sollte ich meinem Onkel davon erzählen? "Nein, haben wir nicht. Im Gegenteil.", beantwortete mein persönlicher Teufel die an mich gestellte Frage und spazierte ins Wohnzimmer. Er begrüßte meinen Onkel mittlerweile dermaßen eng, dass ich nur die Augen verdrehen konnte. Zu meinem Übel setzte er sich neben mich, ließ seine Hand auf mein Bein wandern. Zum Glück hatte ich mich zugedeckt. Ich missbilligte seinen Blick und starrte einfach gerade aus. Die beiden Männer tauschten Neuigkeiten aus und verabredeten sich für später im Café. "Ich mache einen Besuchstermin für dich und dann melde ich mich bei euch, also bis dann!",  verabschiedete Nasser sich zu meinem Bedauern dann auch schon wieder und überließ mich meinem Schicksal, denn kaum war die Tür zu fuhr Said zu mir herum und funkelte mich an. "Wie kommt er darauf, dass wir streiten?", streitlustig baute er sich vor mir auf, doch ich zuckte nur mit den Schultern. "Weiß ich doch nicht, vielleicht weil ich nicht wusste wo du bist.", es war kein Vorwurf, denn eigentlich interessierte es ich nicht. "Ach, muss ich dich bald um Erlaubnis fragen, wenn ich das Haus verlasse?", lachte er boshaft und umfasste mein Kinn mit seiner linken Hand. "Hör mal zu Mädchen, ich bin dir keine einzige Rechenschaft schuldig, wann ich wo bin, geht dich gar nichts an.", erklärte er mir knurrend, doch er schüchterte mich nicht damit ein. "Glaub mir, ich will es auch gar nicht wissen.", gab ich locker zurück und hielt seinem stechenden Blick stand. "Denkst du ich bin bei Huren?", lachte er dreckig. Was ging bloß in seinem Kopf vor sich. "Ich denke gar nicht über dich nach, weil es mich nicht interessiert.", antwortete ich ihm wahrheitsgemäß. Er ging gar nicht weiter darauf ein, sondern fuhr fort:" Warum habe ich dich die letzten Tage nicht zu Gesicht bekommen?" Ich traute meinen Ohren nicht, wie konnte er das fragen? Was stimmte mit dem Kerl nicht? Er fasste mich an und ging davon aus, es wäre okay. "Weil ich keine Lust hatte dich zu sehen, was denkst du eigentlich?", fuhr ich ihn wütend an und erntete sofort gesäten Wind in Form eines heftigen Schlags seiner Rechten. Ich spürte es pochen, rührte mich aber keinen Millimeter. "Du bist das Letzte.", zischte ich ihm zu, wollte aufstehen, doch er hinderte mich daran. Mit seiner Hand um meinen Hals drückte er mich gegen die Lehne des Sofas, ich konnte den Luftzug auf meiner Haut fühlen, als er begann ruhig zu sprechen. "Hör mal zu, was denkst du dir eigentlich hm? Was denkst du was du dir rausnehmen kannst? Du reißt dich besser zusammen, sonst wirst du mich bald richtig kennenlernen. Du bist bald meine Frau, was ist da schon ein Kuss?! Wenn du dich jetzt schon so anstellst, wie soll es dir gehen, wenn ich dich das erste Mal ficke hm? Bringst du dich dann um?", er verzog eine gespielte mitleidende Miene, nur um denn im nächsten Moment wieder hämisch zu grinsen. Er war ein Monster. Die Erkenntnis schnürte mir die Kehle zu, wie kam ich hier bloß wieder raus. Said lockerte den Griff und richtete sich wieder auf. "Geh nach oben und mach dich fertig. Wir gehen essen!", schnell huschte ich an ihm vorbei nach oben ins Bad und verschloss die Tür hinter mir. 

Inshallah Amore | Raf CamoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt