Willkommen in der Hölle

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RAPHAELS SICHT

Die Tage vergingen ohne eine einzige Nachricht von meiner Freundin, hatte es mich anfangs noch genervt, dass John in voller Partylaune zu Besuch war, dankte ich ihm es insgeheim, denn er sorgte zumindest für ein wenig Ablenkung. Wir feierten jeden Abend in irgendeinem Club bis in den frühen Morgen, John und Marten verbrachten die Zeit meist danach mit irgendwelchen Groupies in irgendwelchen Hotelzimmern, während ich ein Taxi nach Hause nahm, ein paar Stunden schlief und dann zum Training fuhr. Es zerrte nicht nur an einen Kräften, man sah es auch bereits in meinem Gesicht. Es fuckte mich richtig ab. Statt Mina meldeten sich immer unbekannte Nummern auf meinem Handy und ich war kurz davor sie zu wechseln. Ob das Ari war? Aber eigentlich würde er sich nicht damit zufrieden geben, mich am Telefon zu haben. Es klingelte an der Haustür. Genervt schlurfte ich zur Gegensprechanlage und sah auf dem Bildschirm die beste Freundin meiner Freundin ungeduldig nach oben schauend. Ich öffnete ihr und sie war verschwunden. "Hey, komm doch rein.", begrüßte ich sie verwundert. Sie drückte mich kurz halb und ging an mir vorbei. "Hast du was von Amina gehört?", interviewte ich sie sofort, doch statt zu antworten sah sie mich nur still schweigend an. "Vielleicht solltest du dich setzen.", begann sie zu sprechen und deutete auf das Sofa. "Was ist los?", musterte ich sie kritisch und bewegte mich keinen Zentimeter. "Was machst du überhaupt alleine hier? Weiß Schindler das?" Die hübsche Blondine atmete tief durch, setzte sich auf einen der Hocker an der Küchentheke und suchte scheinbar nach den richtigen Worten. "Ich komme gerade von Mina, sie sitzt zu Hause in ihrem Zimmer, hat kein Handy mehr, darf nicht mehr alleine aus dem Haus. Sie hat wohl mit ihrem Vater gesprochen und die Sache ist eskaliert.", sie machte eine kurze Pause. "Ich bin zu ihr, sie sich gar nicht mehr gemeldet hat, nicht bei mir, nicht bei Michael. Du gehst ja auch nicht an dein Handy, wenn man dich anruft.", tadelte sie mich. "Gestern Abend hat Michael die Stadt verlassen, nachdem er ein langes Gespräch mit Ari im Café hatte. Er sagte, er würde nicht so schnell zurückkommen.", sie schluckte schwer. "Ist alles okay?", fragte ich sie vorsichtig. "Du hättest ihn sehen sollen! Was sie mit ihm gemacht haben!", sie wand sich aus meinem Arm und drehte sich beschämend weg. "Hey, es ist okay..", versuchte ich sie irgendwie zu beruhigen. Kurz sammelte sie sich, dann wand sie sich wieder zu mir und sprach mit Tränen in den Augen weiter. "Sie sitzt dort wie Dornröschen in ihrem Turm fest, ich weiß nicht was sie da hält, aber es muss undenkbar wichtig sein." In meinem Kopf rasten die Gedanken umher, womit er sie wohl in der Hand hatte? "Was wirst du jetzt tun?", ich ließ mich ebenfalls auf einen der Hocker nieder. "Ich werde jetzt nach Hause fahren, meine Sachen packen und morgen zu Michael fliegen. Ich habe heute morgen meinen Job gekündigt und mich krankschreiben lassen. Ich muss jetzt bei ihm sein.", von wegen, da ist nicht mehr, dachte ich in meinem Kopf, kommentierte es aber nicht. "Kannst du mir vorher noch einen Gefallen tun?", bat ich sie, obwohl ich mir dabei etwas schäbig vor kam. Schweigend zog sie die Augenbraue hoch und blickte mich gespannt an. Ich gab ihr ein Zeichen kurz zu warten und verschwand nach oben, ging direkt ins Schlafzimmer und kramte mein Zweithandy heraus. "Kannst du das Mina geben?" "Ich weiß nicht ob das so eine gute Idee ist!? Es tut mir Leid, dir das zu sagen, aber sie weiß nicht ob das mit euch beiden richtig ist.", eröffnete sie. "Bitte!", setzte ich nach einem tiefen Atemzug nach und sie griff geschlagen nach dem Handy, versprach mir, es vor ihrer Abreise Mina zu geben. "Mehr wollte ich auch gar nicht..", verabschiedete sich Elena und ging schnellen Schrittes auf die Tür zu. "Wie du meinst.. wenn ich irgendwas für euch tun kann, lass es mich wissen.", rief ich ihr leise nach, was sie in ihrer Bewegung innehalten ließ. "Bitte kümmere dich einfach gut um Sie und kriegt das wieder hin.", flehte sie mich ohne sich umzudrehen an und ich versprach ihr mein Bestes. Was auch immer das war...

"Sie weiß nicht, ob das mit euch beiden richtig ist...", Elenas Worte hallten immer und wieder durch meinen Kopf, ich schenkte mir ein Glas Whiskey ein. Eindeutig trank ich momentan zu viel und doch kippte ich es runter. Was sollte das bedeuten? Bereute sie wirklich das zwischen uns? Unsere Beziehung? Ihre Gefühle? Wollte sie das alles nicht mehr? Unschlüssig über das was in meinem Kopf abging, betrat ich mein Studio und versuchte das Gedankenwirrwarr aufs Papier, idealerweise in die Boxen zu projizieren.


Inshallah Amore | Raf CamoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt