Teil 13

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Isil

Am Morgen wachte ich durch die Kopfschmerzen auf. Erschrocken stellte ich fest, dass ich nackt im Bett lag. Ich umklammerte die Decke und stand somit auf. Während ich durch den Flur ging, versuchte ich mich an die gestrige Nacht zu erinnern. Es waren lauter Filmfetzen, aber zum Schluss erschien ein Gesicht vor mir. Klar und deutlich, Tolga. Erschrocken klammerte ich die Deck um so fester an mich und die Tränen stauten sich. Wir hatten miteinander geschlafen. Ich ging ins Badezimmer und wusch erst einmal mein Gesicht. Ein Schwindelgefühl überkam mich und ich klammerte mich ans Waschbecken. Mit verheulten Augen schaute ich in den Spiegel. Ich fühlte in der Schublade herum und nahm mir eine Kopfschmerztablette die ich sofort runterschluckte. Ich kam mir so dreckig und verlogen vor. Auch wenn Sinan und ich nichts mit einander zutun hatten, nur auf dem Papier verheiratete waren, ging diese Aktion viel zu weit. Vor lauter Wut schmiss ich die Seife gegen den Spiegel, der dann zerbrach. Ich ließ mich auf den Boden fallen und weinte. Wie ein kleines Kind kam ich mir, welches um nach seiner Mutter weinte. Es tat so fürchterlich weh.

Ich wischte mir die Tränen weg und ging in die Küche. Mein Hals war so kratzig und ich wollte etwas zu trinken holen. Auf dem Küchentisch fand ich einen Zettel, den ich mir in die Hand nahm. Ich laß mir den Zettel durch, zerknüllte ihn und warf ihn wütend auf den Boden. Dort stand 'In der Küche findest du was zum Essen. Ich habe etwas zu tun' Genau jetzt kam ich mir so billig vor. Tolgas Regel war es schon immer, ein Mädchen flachlegen und dann abhauen. Er hatte Sinan und mir lachend von den Mädchen erzählt gehabt, die er weinend zurück gelassen hatte. Ich hatte immer gelacht über die Mädchen, wie sie sich auf so ein Spiel einließen. Ich ließ meinen Kopf auf den Esstisch fallen und schlug drauf. Dumme Isil, dumme Isil. Wie konnte ich so etwas nur tun? Da benehme ich einmal in meinem Leben wie eine billige Schlampe und dann ist es ausgerechnet Tolga! Wütend darüber, dass er einfach so abgehauen war, ging ich ins Wohnzimmer und zog mir meine Sachen wieder an. Ich nahm mein Schmuck, welches ich gestern auf den Tisch gestellt hatte und stopfte es wild in die Tasche. Ich ging wieder ins Schlafzimmer und zog das Bettlaken weg. Ich schmiss es auf den Boden, sowie manch andere Sachen hier im Raum. Sein Schrank war einladen offen, worauf ich zu ging und seine sämtlichen Sachen auf den Boden warf. Ich nahm mir ein paar in die Hand und zerriss sie. Es stillte meine Wut und die Tränen flossen nicht mehr so viel. Ich ging auf seine Kommode zu und riss die erste Schublade auf. Dort verstaute er seine Unterwäsche. Ich nahm alles in die Hand und warf sie hoch in die Luft. Seine Boxershorts verteilten sich im Raum und ich lachte gequält auf. Die zweite Schublade ließ mir das Blut erfrieren. Pornos. Ich rannte in die Küche und suchte nach einer Tüte. Während ich dies machte, warf ich alles auf den Boden, welches mich beim Suchen nervte. Als ich die Tüte hatte, rannte ich wieder ins Schlafzimmer und wäre an seinem T-Shirt beinahe ausgerutscht. Ich nahm seine Pornos und seine Kondome in die Hand, um sie in die Tüte zu stopfen.


Ich stand an der Haustür und guckte mir mein Werk an. Ich hatte jedes einzelne Zimmer verwüstet und hatte so meine Wut, die ich gegenüber Tolga verspürte abgelassen. Ich hasste ihn. Ich hasste dieses Arschloch so sehr, aber am meisten hasste ich den gestrigen Tag. Doch die Wut und Enttäuschung gegenüber mir, blieb noch. Ich wusste, dass nicht nur er Schuld hatte. Ich hatte genau so viel Schuld dran wie er, aber es war leichter die Schuld oder die Wut auf jemand anderen zu kanalisieren. In der Hand hatte ich die Tüte, die ich gleich in den Müll werfen würde, der draußen stand. Bevor ich aber die Wohnung so verließ, hatte ich einen kleinen Zettel geschrieben und ihn auf den Esstisch, neben den anderen Zettel gelegt. Dort hatte ich geschrieben 'Ich habe etwas zu tun, sorry musste los, aber hier dein Abschiedsgeschenk. Arschloch'. Befreit atmete ich aus und stieg in das Taxi, welches ich mir bestellt hatte bevor ich das Haustelefon auf den Boden warf. Ich setzte mich nach hinten und spielte verzweifelt an meine Fingern herum. Ich hatte angst nach Hause zu gehen und Sinan in die Augen zu blicken. Wie sollte das nur gehen? Wie würde das weiterleben nur funktionieren? Diese Fragen die mir Kopfschmerzen verbreiteten, hatten alle keine Antworten und dies machte mir Angst.

Schnell gab ich dem Taxifahrer mein letztes Geld und stieg aus dem Auto. Bevor ich die Gelegenheit hatte in meiner Tasche nach den Schlüsseln zu suchen, wurde die Tür von Sinan aufgerissen. Sofort nahm er mich in den Arm und mir kamen wieder die Tränen. Ich fühlte mich so dreckig und eklig. Ich entriss mich von ihm und rannte ins Badezimmer. Dort sperrte ich mich ein und nahm mir ein Bad. »Isil, mach die Tür auf«,bettelte Sinan zum wiederholtsten mal. »Lass mich bitte in Ruhe«,kam es nur leise von mir. Ich wusste, dass er mich gehört hatte und lehnte mich wieder zurück in die Wanne. Ich nahm den Schaum in die Hand und pustete ihn weg. Nur zu gerne würde ich wie dieser Schaum verschwinden. Einfach mal weg.

Ich schnappte mir das Handtuch und band es um meinen Körper und um die Haare. Leise schloss ich die Tür auf und schlich mich in mein Zimmer. Ich schaltete den Lichtschalter an und erschrak als Sinan auf meinem Bett saß. Seinen Kopf vergrub er in seinen Händen und starte auf den Boden. »Sinan?«,fragte ich leise und sofort stand er auf. Er kam auf mich zu, jedoch hielt ich die Hand hoch. 
»Bitte, nicht anfassen«,schniefte ich und er guckte mich verwirrt an. 
»Ich habe mir Sorgen gemacht. Wo warst du?«,fragte er mich und senkte seine Hand, die er eben mir zu hielt. 
»Bei Alex. Ich habe bei ihr die Nacht verbracht. Ich wollte so nicht nach Hause, Sinan«, sprach ich die Lüge aus und bei seinem Namen zuckte ich zusammen. Er nickte nur und verschwand aus dem Zimmer. Ich nahm mir mein Pyjama aus dem Schrank und warf mich aufs Bett. Sofort als ich im Bett war, kam mir die Szene mit Tolga in den Sinn. Ich schlug auf das Kissen, damit die Szenen verschwanden. Ich spürte seine Hände und Lippen überall, alles kribbelte in mir. Ich wischte mir die Tränen mit der Hand weg und kuschelte mich in meine Decke. Weinend fiel ich in den Schlaf.


»Isil, hadi uyan (wach auf)«,sprach eine Stimme mit mir. Ich rieb mir die Augen und richtete mich wieder auf. Vor mir stand Sinan mit einem Frühstücksteller. 
»Für mich?«,fragte ich schüchtern und strich mir übers Haar. 
»Ja, du sahst gestern so fertig aus.«,teilte er mir besorgt mit und legte das Tablett auf mein Bett und verschwand gleich wieder. Mit seinem Verhalten ließ er mich noch schlimmer fühlen als ich es schon war. Ich wusste, dass Sinan auch Frauenbekanntschaften hatte und auch das es mehr als nur sich küssen war, aber was ich tat, war falsch. Ich versuchte so gut wie es ging vom Essen zu essen und zog mich dann an. Ich nahm mir meine Jeanshose an und eine Bluse. Vor dem Spiegel zog ich mir mein Schal an und ging mit dem Tablett in der Hand in die Küche. Dort stellte ich es auf den Esstisch und ging ins Wohnzimmer. »Ich gehe arbeiten«,sagte ich und ging aus dem Haus. Ich wollte nicht den ganzen Tag zu Hause bleiben, deswegen ging ich zur Arbeit und sperrte mich in mein Buro ein. Ich erledigte den ganzen Papierkram und hatte somit keine anderen Gedanken außer die Arbeit.


Wir hatten nichts von Tolga gehört. Ich wusste, dass Sinan mit ihm sprach. Sie waren beste Freunde und natürlich wusste Sinan wo er war, aber fragen würde ich nicht aus 2 Gründen nicht. Es würde erstens viel zu auffällig sein und zweitens interessierte es mich nicht. Solange ich ihn nicht sah, war alles viel leichter zu bearbeiten. Ich versuchte in der Zeit Sinan aus dem Weg zu gehen. Zwar kochte ich immer alles was er mochte oder unternahm Dinge mit ihm, nur um mein Schuldgefühl etwas zu lindern, ich wusste, dass dies falsch ist, aber ich wollte mich etwas beruhigen. Das Leben sollte da weiter gehen wie es aufgehört hatte. Der Abend mit Tolga existierte nicht, es gab ihn nicht.



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