Teil 99

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Tolga

Fest hielt ich das kleine Mädchen in meinen Armen. Ich hob sie hoch und drehte sie mehrmals im Kreis um, während Pinar mich skeptisch analysierte. Natürlich nahm ich ihre verwirrten Blicke wahr, doch in dem Moment interessierte es mich ein Dreck. Endlich sah ich das kleine Mädchen wieder. Das Mädchen, die mich zu dem gemacht hatte, wer ich heute war. Mein Charakter und mein Leben hatte sich durch sie verändert. Alles hatte sich verbessert, verschönert naja bis auf den Unfall, den ich hatte und wodurch ich mein Gedächtnis verlor. Doch an Lea musste man sich erinnern. Die kleine Kröte konnte man nicht vergessen. Ich erinnerte mich an den Tag zurück als sie im Dunkeln alleine vor meiner Haustüre stand. Ich natürlich im Bademantel. Wie konnte man diese Zeit nur vergessen? Wie konnte man den Arschloch Tolga vergessen?

Ich küsste Lea immer wieder aufs Haare, während sie so süß immer noch kindlich in mein Ohr kicherte. Sie war gewachsen, hübscher, etwas größer als davor und natürlich auch älter.

»Ich habe dich so vermisst Tolga«, legte sie ihr Kopf wieder in meine Halsbeuge rein.

»Und ich dich erst du Hexe. Was machst du hier?«, fragte ich sie als ich sie wieder auf ihre Beine gestellt hatte.

»Wir sind Großmutter besuchen gekommen, Tolga. Was machst du hier? Wo ist Isil?«, fragte sie, sie suchend. Doch wer war Isil?

»Isil?«, fragte ich irritiert.

»Ja, deine Freundin«, schauten ihre Augen verwundert in meine.

»Nein Schatz, du täuscht dich. Hier ist meine Freundin«, griff ich nach der Hand Pinar's, die über die ganzen Ohre, in dem Moment grinste.

Lea schaute unglaubwürdig in mein Gesicht.

Jetzt war ich verwirrt was meinte Lea mit Isil? Wer war Isil? Wieso hörte ich eigentlich immer wieder ihren Namen? Wieso las ich immer wieder ihren Namen? Es war unvorstellbar. Ich hatte noch nie zu vor etwas mit einer Person zu tun gehabt, die diesen Namen trug.

Lea verabschiedete sich wieder von uns und ging mit ihren Eltern fort. Auch sprach ich wieder mit ihren Eltern und wir lachten sehr viel. Es war seltsam mich an sie erinnern zu können und an das wichtigste nicht. Wieso klappte es mit dieser Isil nicht? Ihr Name erhellte mir das innere. In mir durchflutete ein Lichtstrahl und ließ alles beleuchten und dass alles passierte nur, schon allein wenn ich an die Person dachte. Allein schon, wenn ich nur ihren Namen hörte. Doch wo war sie? Was war passiert mit ihr? Was war mit mir passiert?

Pinar und ich schlenderten noch weiter. Sie wollte noch nicht nach Hause fahren, weil sie sich dort 'eingesperrt' fühlte. Sie möchte die Zeit mit mir verbringen und die Stadt weiter erkunden, was mich eigentlich nervte. Ich hatte keinen weiteren nerv mehr. Eigentlich wollte ich nur noch nach Hause und mir das Fußballspiel ansehen.

In diesen Jahren wo ich mit Pinar lebte, konnte ich mich nie auf sie einlassen oder mich frei bewegen. Immer wieder fühlte ich mich eingeschränkt, leblos. Eine kälte strömte zwischen uns beiden. Sie weckte nie ein Gefühl in mir.

»Sollen wir endlich nach Hause gehen?«, fragte ich etwas genervt jedoch versuchte ich es nicht so bemerkt zu sagen.

»Wenn du willst Schatz«, klammerte sie sich fester an mich.

»Ist dir kalt?«, spürte ich sie leicht zittern. Sie schüttelte reflexartig den Kopf doch ich wusste trotzdem dass es ihr kalt war. Ich zog mir meine Strickjacke aus und legte es ihr über die Schulter, worein sie sich einkuschelte.

»Am liebsten würde ich jetzt in deinen Armen liegen und nicht in deiner Jacke sein.«

»Geh du lieber jetzt nach Hause, ich hole uns noch etwas zu essen«, versuchte ich dem Thema noch entgegen zulenken. Auch wenn ich sie als Freundin den anderen vorstelle, hieß es nicht, dass ich sie auch als Freundin sah. Sie war eine gute Freundin, die in meinen schlechten Tagen neben mir war. Sie stand mir bei und gab mir Hilfe. Sie sorgte sich um mich mehr, aber auch nicht. Auch als sie mehr wollte, blockte ich sie ab und ließ nicht weiter zu. Nie hatte ich dieses Gefühl bei der was ich früher als Player hatte. Wäre dies vor 2 Jahren passiert würde ich sie ohne einen Gedanken daran zu verschwenden flachlegen doch heute, heute ging es nicht mehr so einfach. In mir hatte sich etwas verändert und das gewaltig. Ich weiß zwar nicht was es war, aber ich war froh, dass es passiert war. Auch ich möchte ein reifes Leben leben und wenn es dazu kommen sollte eine Familie gründen.

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