Kapitel 11

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Kapitel 11

Elior suchte ein ruhiges Plätzchen. Auf der Karte sah man ein Bach, der nicht weit von Alastairs Haus floss. Tatsächlich kamen sie nach einer Weile zum Bach, der halb eingefroren war. „Opa?", fragte Zora und lief neben ihm. „Woher kommt es, dass die Ameraner magische Kräfte haben und die Menschen auf der Erde nicht?" Diese Frage beschäftigte sie schon seit einer Weile.

„So genau weiß es niemand. Wir wissen nur, dass jeder Ameraner Magie in sich trägt, manche mehr als andere."

„Und gibt es keine Vermutungen?"

„Manche meinen, es legt an der einzigartigen Struktur unseres Planeten und andere glauben an den zahlreichen Sagen, die über einen Löwen, einen Wolf, einen Bär und ein Drache erzählen. Sie sollten angeblich die Magie nach Amera gebracht haben. Um ehrlich zu sein, sie klingen sehr erfunden."

„Warum diese vier Tiere?", grinste Zora an dieser absurden Erzählung.

„Es gibt vier große Magierarten. Kampfmagie, dafür steht der Löwe. Der Bär steht für die Erd- und Heilmagie. Der Wolf steht für die Kunstmagie wie z.B. Transformationen in Tieren und Personen. Und der Drache, er bleibt der Familie Solaris treu."

„So was wie göttliche Magie? Beschwörungen und Wahrsagerei?"

Elior schmunzelte. „Göttliche Magie? Das ist lustig, da die Ameraner nicht an Göttern glauben. Wir in der Familie nennen es die Sonnenmagie."

„Warum Sonnenmagie?", wunderte sich Zora.

„Das kann ich dir beantworten.", stellte sich Edwin vor Zora.

„Gib mir deine Hand."

Zora reichte ihrem Onkel die Hand. „Die Sonne erhellt die Welt. Was andere nicht sehen können, werden wir sehen.", Edwin legte seine Finger auf Zoras Augen und dann auf ihr Herz. „Mit unserem Herz schauen wir in die Vergangenheit und in die Zukunft, um die Wahrheit zu offenbaren und die Menschen zu schützen." Er führte seine Finger auf ihre Hand und eine kleine Lichtkugel formte sich. „Eine Kugel, kann die Wahrheit zeigen, wenn wir nur daran glauben."

Die Kugel löste sich in der Luft auf, sobald Edwin Zoras Hand losließ. Enttäuscht blickte sie das Glitzerstaub, das auf ihre Hand blieb.

Das war so wunderschön.

„Was dir gerade Edwin gesagt hat, ist deine erste Lektion.", zog ihr Opa sie aus den Gedanken. Seine graue Augen blickten sie streng an. „Die Sonnenmagie kommt vom Herzen. Wenn wir sie benutzen, bewahren wir einen kühlen Kopf und lassen unser Herz entscheiden ob, dass was wir machen richtig oder falsch ist. Die Magie ist nicht gut und nicht böse. Es ist ein Mittel, der zum Zweck dient. Es hängt von der Person ab, für was sie die Magie verwendet."

Zora verstand nicht so sehr, was ihr Großvater damit meinte aber ihr war klar, dass wenn sie ihre Magie benutzen wollte, musste sie davon überzeugt sein, dass es richtig war. Momentan war die Magie etwas abstraktes für sie. Für Zora bedeutete Magie gleich Probleme! Ohne die Magie, würden sie alle in ihrem Haus friedlich sitzen und vor allem hätte sie nie diese Gänsehaut bereitende Albträume, die ihr die Nacht versauten. Von den starken Kopfschmerzen sprach sie erst Recht nicht!

Die Drei blieben vor dem Bach stehen. „Was ich heute mit dir üben möchte ist deine Konzentration und gleichzeitig, will ich dass du dein Magiestrom in dir selbst spürst."

„Das klingt alles sehr...abstrakt.", kaute Zora auf ihre Lippen. Irgendwie sprang dieser Wort immer wieder auf.

Elior musste schmunzeln. „Keine Angst! Ich leite dich."

Edwin säuberte den großen Felsen vom Schnee. „Setzt dich.", bat er Zora. Zora setzte sich auf dem kalten Felsen. „Setzt dich in Schneidersitz.", sagte Elior. Zora tat was von ihr verlangt worden ist. „Schließ deine Auge und atmete tief ein und aus. Hör deiner Umgebung zu. Was hörst du?"

„Ich höre das Wasserrauschen und die Blätter, die im Wind rasseln."

„Nicht genug. Du musst genauer hinhören."

Zora horchte genauer hin. „Ich höre die Vögel."

„Wo?"

„Am Baum hinter mir...auf dem rechten Baum, dritter Ast. Ich höre die Fische, die gegen das Eis hauen. Ich höre Tierpfoten."

„Warte was? Tierpfoten?", sprang Edwin auf. Er suchte mit den Augen und fand einen Luchs zwischen den Buschen. Es war kein normaler Luchs. Es war der Luchs von diesem Alastair. Edwin deutete mit dem Kopf auf dem Tier. Elior nickte nur. „Öffne deine Augen Zora. Hast du bemerkt was du getan hast?"

„Ich habe die Umgebung gesehen.", stellte sie überrascht fest. Dabei wusste sie nicht wie sie es getan hat.

„Du hast es mit deinem Geist gesehen. Diese Phase kann ein Magier nur erreichen, wenn er sehr konzentriert ist, ruhig bleibt und sich selbst vertraut."

Zora überlegte kurz. Das stimmte! Sie vertraute ihre Instinkte und das Konzentrieren fiel ihr immer sehr leicht ein.

„Jetzt will ich, dass du wieder deine Augen schließt. Anstatt deine Umgebung zu zuhören. Höre deinem Herzen."

Elior beobachtete seine Enkelin. Sie hatte eine äußerst seltene Gabe: die Wahrsagerei.

Die Wahrsager waren immer hochkonzentriert. Nichts entging ihnen. Ihm störte jedoch, dass dieser Luchs sie beobachtete. Elior schleuderte eine grüne Magiekugel auf dem Busch, wo sich der Luchs versteckte. Hätte Zora nichts gesagt, wäre der Luchs ihm nicht aufgefallen. Edwin erkannte, dass es sich um ein Schlaffzauber handelte. „Er schläft."

„Gut."

Elior wandte sich zu seiner Enkelin wieder. Um sie erschien ein heller Halo. Es umhüllte sie, wie ein warmer Mantel. Um herum schmolz der Schnee. „Was siehst du?"

„Ich sehe nichts, ich fühle."

„Was fühlst du?"

„Eine Wärme, die mich beruhigt. Sie ist sehr friedlich."

„Das muss deine Magiequelle sein. Nähere dich an diese Quelle."

Zora versuchte es, doch es klappte nicht. Sie fühlte die Magiequelle, konnte jedoch sie nicht sehen. „Ich sehe sie nicht. Ich sehe nur schwarz."

Edwin näherte sich zu seinem Vater. „Findest du es nicht komisch? Immerhin ist sie von ihrer Magie komplett umhüllt.", flüsterte er.

„Es scheint, als ob etwas sie blockieren würde."

„Vielleicht hat sie Angst?"

„Nein...", Elior ging näher. „Ich spüre eine zweite Magie."

„Eine zweite?", wunderte sich Edwin. „Woher soll sie aber kommen?"

„Ich weiß es nicht."

„Kannst du es nicht brechen?"

„Nein, sie ist zu schwach um gezielt entfernt zu werden, aber stark genug um Zoras Magie zu grenzen."

Zora versuchte immer noch die Quelle zu finden, aber war jedoch nicht komplett von der Außenwelt getrennt. Sie bekam die Unterhaltung zwischen ihrem Onkel und Opa mit.

„Ihr wisst, dass ich hier noch sitze.", runzelte sie die Stirn. Sie öffnete die Augen und fand die beiden mit offenem Mund stehen. „Mund zu. Sonst fliegt was rein. Also was heißt es jetzt?"

„Das bedeutet, dass deine Magie begrenzt ist. Ich werde versuchen mehr über diese Blockade zu erfahren. Für heute reicht es. Wir sind hier über drei Stunden weg. Dennoch werden wir mit deinem Training weiter machen. Nur dir muss es bewusst sein, dass du schnell müde sein wirst."

„OK.", sprang Zora vom Felsen runter. Zu ihrer Überraschung, keine Schwindel oder Kopfschmerzen, wie heute Morgen. Zufrieden latschte sie neben Edwin. „Und was mit dem Luchs?"

„Das hast du auch mitgekriegt?", verdrehte Edwin die Augen, „kein Geheimnis wird vor dir sicher sein."

„Hey!"

„Stimmt doch! Das mit dem Luchs, er wird in einpaar Minuten wieder aufwachen."

Die letzte WahrsagerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt