Kapitel 60

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Zora kämmte sich ihre braune, nasse Haare durch. Es fühlte sich einfach herrlich wieder sauber zu sein. „Ich bin wieder sauber!", rief Lily und sprang aufs Bett. Sie war nun wieder in ihrer normalen Größe. Zora grinste. „Eine Katze, die nicht wasserscheu ist! Das ist mal was neues."

„Hey, ich bin keine Katze! Ich bin ein magischer Schneeluchs. Eine seltene Art und Spezies! Also einwenig Respekt! Außerdem fühlt es sich einfach gut an sauber zu sein und vorallem gut zu riechen."

Zora kicherte und streichelte Lilys Kopf. „Danke Lily.", flüsterte sie dem Luchs ins Ohr.

Lily schlief mit einem zufriedenem Lächeln ein.

Zora seufzte. Sie konnte noch nicht schlafen. Zu vieles musste ihr Kopf bearbeiten. Zu vieles musste sie verdauern. Vorallem der Tod ihrer Eltern. Zora spürte wie die Tränen ihr wieder hoch kamen. Sie schloss ihre Augen und atmete tief ein und aus. Sie öffnete ihre Zimmertür und ging den Korridor entlang. Sie fand Alastair vor seiner Zimmertür. Wie versteinert stand er dort und schaute auf seine Füße. Stand er etwa schon so seit einer Stunde?

Zora fiel auf, dass er noch immer die selben verstaubten Sachen an hatte. „Alastair? Warum hast du nicht geduscht?", fragte sie ihn sanft.

Alastair zuckte. Sein Blick war noch immer auf dem Boden gerichtet. Zora wollte gerade nicht in Alastairs Schuhen stecken. Als sie erfahren hat, dass ihre Familie eigentlich Magier waren und sie eine Wahrsagerin, hatte sie das Gefühl, dass ihre Welt unter ging. Aber zu erfahren, dass dein Vater nicht dein biologischer Vater war und dich nur als Waffe angesehen hat, müsste viel schlimmer sein! Wie konnte Xander sich im Spiegel anschauen und keine Reue oder Mitleid empfinden? Wahrscheinlich spürte er keine, da er kein Herz hatte. Zora öffnete Alastairs Zimmertür und zog Alastair hinter sich. Sie schloss die Tür hinter sich zu und ging ins Badezimmer. Sie fühlte die Badewanne mit heißem Wasser. „Na los zieh dich aus und geh dich waschen!", sagte sie zu ihm. Alastair nickte nur und fing sich an vor ihrer Augen auszusehen. „Alastair!", schrie sie und hielt ihre Hand vor den Augen. Sie fühlte wie ihre Wangen rot wurden. „Zieh dich im Bad aus!"

„Oh.", sagte er nur und ging an Zora vorbei.

Als Zora sich sicher war, dass Alastair in der Badewanne war, brachte sie ihm frische Kleidung. Alastair saß einfach im Wasser und schaute in die Leere. Ihr Herz zog sich zusammen. Es passte nicht zu ihm. Er war immer selbstbewusst, arrogant und selbstverliebt. Aber nie so deprimiert und in sich verschlossen. Er war eine zielstrebige Person und lebendig.

„Alastair, willst du darüber reden?", hallte ihre Stimme. Alastair reagierte nicht. Er blickte sie nur an. Seine Augen funkelten nicht. Das blaue in ihnen war matt. Zora erschrak sich. Alastair war zerstört. Etwas in ihm ist gebrochen. Er schien sich selbst aufgegeben zu haben. Zora kaute auf ihre Lippen. Sie wollte unbedingt ihm helfen. Aber als erstes musste sie ihn waschen, sonst wird er noch bis morgen so sitzen und sich erkälten. Sie kniff sich kurz die Augen zusammen. Sie hat nie einen Jungen gewaschen oder nackt gesehen! Mit rasendem Herzen und rote Wangen nahm sie den Duschkopf und machte Alastairs Haare nass. Sie setzte sich bequem hinter ihm auf dem Badewannerand und shampoonierte seine Haare. Dabei massierte sie ihm den Kopf. Alastair schien es zu gefallen, da er seinen Kopf gegen ihre Knien lehnte. Zora ignorierte ihr rasender Herz. Nachdem Alastair wieder sauber war legte sie den Duschkopf bei Seite. „Und fühlst du dich wieder sauber?", fragte sich mit einer kindlichen Stimme. Alastair nickte nur. Ein guter Vorschritt! Immerhin reagiert er jetzt.

Zora hielt ihm sein Handtuch. „Hier, trockne dich und zieh dich an. Ich warte draußen."

Alastair nahm ihr das Handtuch und stieg schon aus der Badewanne raus, bevor Zora sich umdrehen konnte. „Alastair!", schrie sie wieder beschämt und rannte aus dem Bad. Zora schauderte. Alastair hatte sehr viele Muskel, vor allem seine Arme und sein Bauch...Stopp, was dachte sie denn überhaupt! Zora hielt inne und schüttelte den Kopf. Sie musste unbedingt wieder runter kommen! Die Badezimmertür ging auf. „Bist du angezogen?", fragte sie leise.

„Du kannst dich ruhig umdrehen.", sagte Alastair. Er trug eine schwarze Pyjamahose und ein graues T-Shirt. Seine schwarze Haare standen jedoch wild in allen Richtungen. Zora musste grinsen. Er sah so normal aus und nicht wie ein reicher, arroganter Prinz.

„Was ist?", runzelte Alastair verwirrt den Stirn.

„Nichts.", sagte Zora und nahm die Bürste vom kleinen Tisch, der neben dem Bett stand. Sie stellte sich vor Alastair hin, der zwei Köpfe größer als sie war und kämmte seine Haare durch.

„Du siehst müde aus.", stellte sie fest. „Du sollst dich hinlegen."

Sie zog ihn zum Bett und legte die Decke zur Seite. Alastair legte sich hin ohne etwas zu erwidern. Zora deckte ihn zu. Dabei überlegte sie ob sie mit ihm hier bleiben soll. Wäre sie in seiner Situation, würde sie gerne jemanden neben sich haben. Die Person musste nicht reden. Ihre Anwesenheit würde einfach reichen. „Schlaff. Ich bin hier und zeichne etwas.", sie deutete auf dem Sessel. Alastair nickte nur und schloss seine Augen. Er hörte wie Zora sich hinsetze und mit dem Stift auf dem Papier etwas krickelte. Er drehte sich auf die Seite um und überlegte über die Sachen nach, die er heute erfahren hat. Er war nicht Ameras Kronprinz, sondern ein Waisenkind. Er kannte nicht seine biologischen Eltern. Er hat immer geglaubt, dass Xander und Alexandra seine Eltern waren. Er hat sich immer nach die Liebe seiner Eltern gesehnt. Vorallem die seines Vaters. Er hat sie aber nie gekriegt und jetzt wusste er auch weshalb. Xander hat ihn ausgenutzt. Er hat ihn zu einem kaltblutigen Krieger aufgezogen. Er erinnerte sich nur zu gut an den speziellen Training, den er durchziehen musste, während andere Kinder in seinem Alter mit einander spielten. Er war damals acht und hat einen Pferd zum Geburtstag gekriegt. Nachdem er sein Pferd dressiert hat, kam sein Vater...nein, Xander und bat ihn seinen Pferd zu töten. Er war acht und er verstand nicht weshalb er seinen Pferd umbringen sollte, da es auch niemanden etwas angetan hat. Xander meinte der Pferd wäre zu schwach in Vergleich zu den anderen königlichen Pferde. Es wäre nicht gut genug um im Hoffe zu leben. Also müsse er sterben. Alastair hat sich mit ihm gestritten bis Xander vor Wut entschieden hat ihn einzusperren. Alastair saß eine Woche lang im Kerker ohne Essen und Trinken. Irgendwann kam er ihn besuchen und hat ihn die selbe Frage gestellt. „Tötest du nun das Pferd oder nicht?"

Alastair weigerte sich. Xander grinste nur und sagte: „Du hast den Test bestanden." Er wurde dann freigelassen und versorgt. Seitdem schaute er ob die Leute in seinem Umfeld die Kretereien des Königs erfüllten. Die Ameraner bezeichneten ihn daher als skrupulös und arrogant. Er fand sich damit ab. Xander stellte ihn immer mehr auf Probe und überließ ihm immer mehr Verantwortung. Mit zwölf saß er bereits neben Xander auf dem Thron und führte seine Geschäfte. Er hatte immer weniger Zeit für sich selbst und seiner Familie. Mit der Zeit hatte er nur ein Ziel: Amera zu schützen, koste es was es wolle. Für seine Feinde hatte er kein Mitleid und vor allem einen: Zayn.

Seitdem er schon denken konnte, erzählte Xander wie Zayn seinen Vater umgebracht hätte und versucht hätte den Thron zu erobern. Alastair lernte Zayn zu hassen und dieser Hass wuchs immer mehr sobald sie miteinander kämpften. Es gab kein Monat, wo er keine Konfrontation mit dem Magier hatte. Aber er verstand nun warum. Xander plante es jedes Mal. Was hat Zayn noch mal gesagt? Ach ja! Er besaß eine uralte Magie in sich. Was war das für eine Magie? Wer war er? Warum lag er ihn einem Sarg? Haben seine Eltern ihn gehasst für die Magie, die er besaß? Was soll nun aus seinem Leben werden? Konnte er überhaupt Xander verzeihen? Immerhin interessierte ihn nicht, ob er lebte oder nicht. Er war für ihn eine Waffe und nicht sein Sohn!

Alastair drehte sich wieder um. Er öffnete seine Augen. Er konnte unmöglich schlafen. Er dachte über so vieles nach und gleichzeitig fühlte er sich komplett leer. Seine Augen wanderten auf die delikate Silhouette. Zora schlief mit einem Zeichenblock in der Hand. Es sah nicht gerade sehr bequem aus. Er musste kurz grinsen an ihrem Quickschrei von vorhin. Sie war so unschuldig und rein. Er hat es nicht erwartet, dass Zora ihm die Haare wäscht. Er hätte es selbst machen können, aber wahrscheinlich erst drei Stunden später. Er stand auf und ging leise zu ihr rüber. Er blickte auf ihre Zeichnung. Ihre Eltern waren zu sehen. Er legte den Zeichenblock zur Seite und ignorierte seine Schuldgefühle. Hätte er nie Zora aufgesucht, wären ihre Eltern vielleicht noch am Leben. Er trug sie in seinem Armen und legte sie auf seinem Bett. Sie wog wie eine Feder. Er legte sich neben ihr und schaute sie an bis die Müdigkeit ihn überfiel. 

Ich dachte einen Einblick in Alastairs Gefühlen und Gedanken wäre angemessen nachdem was er alles erfahren hat. Würdet ihr auch so reagieren oder anders? Mich würde eure Meinung interessieren. Und was denkt ihr über Zora? 

Die letzte WahrsagerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt