Akademie der Hexen - Kapitel 6

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Etwas müde reibt sich Rachel die Augen. Hardrock ist ihr Wecker, der sie in den ersten Tag auf der Hexenschule führt. "Och, was? Schon vorbei die Nacht?" Sie streckt sich kurz und schaut kurz zu den beiden. Sara springt schnell auf, Jane ist noch etwas träge. "Komm schon, steh auf, faule Socke." So boxt Jane gegen Saras Schulter. "Jetzt mach schon, mein kleiner Tiger. Rachel hat sich schon gestreckt, dass hast du noch nicht geschafft!"
"Och, noch fünf Minuten Schatz..."
"Kein aber! Raus aus den Federn, sonst bekommst du keinen Kuss von mir oder, naja... es gibt keine Raubtierfütterung", betont sie leicht lüstern. Murrend erhebt sich Jane. "Ich geh zuerst, ich brauch nicht so lang", grummelt Jane vor sich her und erhebt sich, nur in Unterhose, anscheinend haben sie in der Nacht sich entschlossen, zumindest ihren BH auszuziehen. Rachel wird kurz rot dabei, schaut aber nicht weiter hin. Keiner kommentiert es, auch, wenn Sara es bemerkt. "Hast du gut schlafen können Rachel?" Diese reagiert etwas verzögert. "Jaja. Und ihr zwei?" Sara nickt kurz. "Nackt aneinander schlafen ist immer etwas Besonderes. Seitdem schlafe ich auch deutlich besser." Deutlich ernst sagt sie dies, was Rachel durchaus verwirrt. Eine so große Offenheit ist ihr beinah etwas befremdlich. "Schau nicht so doof Rachel", kontert sie den ausdruckslosen Blick schnell. "Du hast gefragt, ich habe geantwortet, auf die ehrlichste Art und Weise. Vor Jane hatte ich Alpträume, was für welche. Seit ich sie vor einem Jahr kennen gelernt habe und wir unsere erste Nacht hatten, schlief ich nicht mehr schlecht. Ruhig, ohne Träume, eine wahre Erlösung. Das ist die Wahrheit, die Antwort auf deine Frage. Sie hat mich nicht nur daraus befreit, sie hat mir mehr gegeben, als ich mir jemals erhofft habe. Alles gab sie mir." Rachel schluckt schwer. Ich wollte nicht... also..."
Doch ihr wird das Wort abgeschnitten. "Schon gut. Woher sollst du das auch wissen? Keine Vorwürfe, meine Liebe." Sie will das Thema wechseln, also fragt sie etwas, was sogar auf ihr brennt. "Wie habt ich euch kennen gelernt? Also, mich interessiert es irgendwie, wie sich Paare kennen lernen."
Sara schaut sie interessiert an, durchdringend, als könnte sie aus dieser lesen. Aber was Sara selbst denkt, ist ihr nicht abzulesen. "Ich war oft feiern, mich betrinken, die Welt wollte ich ständig vergessen mittanzen und etwas Alkohol. Beinah jedes Wochenende traf ich Jane dort, aber wir haben nie gesprochen, uns nur aus der Ferne angesehen. Eines Tages auf der Tanzfläche stießen wir aufeinander, tanzten die Seele aus dem Leib." Sara lacht kurz auf. "Heiße Moves, meinte sie nur zu mir. Wir unterhielten uns während des Tanzens. Zukünftig wurde es jedes Wochenende zur Angewohnheit. Sie war da. Ich war da. Jeden Samstag. Es war, als warteten wir aufeinander, um zu tanzen. Eines Abends dann, vor einem halben Jahr, fing sie an beim Tanzen ihre Hände, um meine Hüfte zu legen, immer noch ein wirbelnder Tanz, aber ruhiger als sonst." Sara wird unterbrochen von Jane, die ihre kurzen Haare gestylt hat und zum Glück einen BH trägt. "Dann habe ich meine Hand an dein Kinn geführt und dich gezwungen, mir in die Augen zu sehen. Da war es um uns beide geschehen. Ein Kuss, eine Nacht, nicht wahr?" Jane lächelt warmherzig zu Sara. Gott, wenn sie wüsste. Jane starrte sie jeden Abend im Club an. Jeden einzelnen Abend. Schon beim ersten Augenkontakt wollte sie mehr. Mehr, als nur einen Kuss, mehr als nur eine heiße Nacht. Geduld zahlte sich aus und ihr Mut eines Tages ebenso, als sie ihre Arme um Saras Hüfte schwang. "Ab ins Bad Sara. Rachel muss sich auch noch etwas frisch machen für heute und Eindruck schinden. Schließlich muss sie auch mal eine Freundin haben." Rachel schaut zwischen den beiden hin und her. Sara gab Jane mit ihrer Aussage Recht, was sie nur noch mehr in Verwirrtheit bringt. "Ich? Eine Freundin? Aber ich will einen Freund!" Je mehr Rachel redete, desto leiser wird sie, unsicher, aber sie selbst bemerkt es nicht einmal. "Ja, schon klar. Ich geh mal in das Badezimmer, ja?" Sara schummelt sich an allen vorbei ins Badezimmer und lässt Rachel und Jane zurück. "Weißt du? Du hast es noch nicht einmal versucht. Ich bin in der Lesbenszene unterwegs, habe viele kennen gelernt und gesehen. In ihren Augen brennt das gleiche Feuer wie in deinen. Meine Fähigkeit aus Menschen zu lesen ist beschränkt, aber du hast etwas an dir, was viele auch haben. Anders sein ist normal, Rachel. Du denkst, ich lüge. Du denkst, ich denke mir etwas aus, versuche dich zu etwas zu überreden. Sara wurde geschlagen zu Hause, weil sie lieber Mädchen auf den Arsch starrte als Jungs. Ich will nur sagen, verstecke nicht, was du zu verbergen versuchst, ja? Und ich sehe zwar nicht so aus, aber wenn du mal seelische Unterstützung in der Hinsicht benötigst, wir beide helfen dir sehr gern, ja?" Rachel nickt nur ziemlich bleich, doch in ihren Kopf will nicht hinein, dass sie gerade als Lesbe bezeichnet wurde. Das ist einfach unmöglich, oder doch nicht? Hatte sie je intensiv über Beziehungen nachgedacht oder Leuten nachgestarrt? Irgendwie ja nicht. Vielleicht weiß sie nicht einmal im Ansatz, was sie überhaupt will? Egal. Darüber kann sie später nachdenken. Sie zieht dieselbe Kleidung wie gestern an, also ihr blaues Kleid. Angemessen für den erste Tag, findet sie, aber vorher muss sie ins Bad. Dort angekommen, duscht sie in Ruhe. Sie hatte noch Zeit, brüllte Sara ihr zu, als sie danach fragte. Warm duscht Rachel gern, sehr warm. Andere würden behaupten, dass man sich bei der Hitze verbrennen würde. Doch sie nicht. Dabei entspannt sie, denkt nach, meist über sich selbst, wobei sie da auch keine Fortschritte erzielt, eher im Gegenteil. Aber gerade muss sie daran denken, was Sara und Jane ihr sagten, vor allem Jane. "Ich? Ich soll lesbisch sein", fragt sich Rachel im Selbstgespräch. Sie kann nicht daran glauben, aber sie kann es nicht wiederlegen für sich selbst. Bisher hat sie keinerlei Erfahrung erhalten, aber, was ist sie nun? Sie weiß es nicht. Warum fragt sie sich das überhaupt? Tritt wirklich er unwahrscheinliche Fall ein, dass sie eine Lesbe ist oder gar Bi? "Ach Leck mich doch", flucht sie, während sie sich wäscht. Kurz ploppen in ihrem Kopf Bilder auf. Bilder der Klassen, der Mitschülerinnen. Einige Bilder sind ihr im Kopf geblieben. Das von ein paar aus den älteren Jahrgängen, einer Julia, eine Sarah, eine Alice und aus dem dritten Jahrgang die Frau mit dem feuerroten Haar, Serena, über die schon Chromie schwärmte. Viele sind hübsch, aber sie ist nur ein strahlender Stern unter diesen Schönheiten. Schönheiten? Was denkt sie sich dabei, sie als Schönheiten zu bezeichnen? Egal. Sie trocknet sich ab, bedient sich des Föns und des Glätteisens, der bestimmt Sara gehört. Jane hat viel zu kurzes Haar, als dass sie so etwas benutzen würde. Rachel würde sich nachher für die unerlaubte Nutzung entschuldigen. Mit einem Schwung ihrer Gedanken färbt sie ihr Haar in ein leuchtendes, funkelndes braun, wie es nur mit Magie möglich ist. Unterwäsche und ihr Kleid kleidet sie an. Sie schaut aus, wie eine kleine Göttin, nach Meinung anderer. Aber so sehr geleuchtet, hat ihr Haar noch nie. Sie ist beeindruckt von sich selbst, dass sie das hinbekommen hat. Das einzige, was sie magisch kontrollieren kann. Nur noch die Zähne putzt sie sich und geht dann wieder zu Jane und Sara, die sich in Alltagskleidung befinden, aber dafür sind sie recht schick. Die Hosen sind etwas kurz, aber gut, sie passen zu den beiden. "Rachel! Du bist ja richtig hübsch! Hast du dich für die ganzen Mädchen aufgebrezelt", kichert Jane belustigt. Sarah schließt sich nur mit einem Grinsen an. "Nein, ich will nur einen guten ersten Eindruck hinterlassen. Ist ja schließlich der erste Tag und auf dem Foto will ich... Naja, ich will diesen Tag in Erinnerung behalten und ein schönes Fotoalbum haben." Das Frauenpaar lächelt sie an, sagt aber dazu nichts mehr. Kurz darauf ertönt eine Stimme, die von überall zu kommen scheint. "Alle Schülerinnen werden gebeten, ihre Zimmer zu verlassen. Unsere ausgebildeten Hexen, die Euch in Hexerei unterrichten, werden euch leiten. Bitte merkt euch den Weg, den morgen werdet ihr ihn mit euren Zimmergenossinnen allein bestreiten müssen. Vielen Dank, wir sehen uns auf dem Gelände." So endet die Stimme der Direktorin. "Na dann, auf unseren ersten Schultag. Geht ihr vor?" Sara und Jane nicken. Alle verlassen den Raum, betreten den Gang. Ihr erster Tag in der neuen Welt beginnt.

Akademie der Hexen | girlxgirl [Abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt