Akademie der Hexen - Kapitel 44

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Ihre nächsten drei Jahre zeichnete sie in einem Tagebuch auf. Jeden Tag füllte sie einen Tag, mal mit weniger Informationen, mal mit deutlich mehr. Jedoch nehmen die Tagebucheinträge immer mehr ab, je länger sie an diesem Ort verweilt. Seele und Körper in Scherben. Nur die Bruchstücke versucht sie krampfhaft festzuhalten. Wünsche des Todes plagen ihren Geist, unermessliche Qualen. Zu fliehen hatte sie aufgegeben und weinen hatte sie vergessen. Serena sitzt auf ihrem Bett, in dem sie wie viele Akte hatte? Hundert? Dreihundert? Nicht alles war nur Sex, aber alles fühlte sich so dreckig an. Selbst jetzt, an dem sie ein paar Tage durchblättert.

Tag 1

Ich musste mit einem Mann Mitte dreißig Sex haben. Ich heulte wie ein Wasserfall. Ich wollte nicht, schrie und zappelte, schlug um mich. Am Ende schlug mich der Dreckskerl, der mit die Pistole an den Kopf gehalten hat, bis ich zu schwach wurde, um mich zu wehren. Am Ende fühlte ich jede einzelne Berührung. Es tat weh. Ich weinte hinterher zusammengekauert auf meinem Bett ohne ein Kleidungsstück an mir. Lediglich etwas Wasser habe ich getrunken. Den Hunger verlor ich zumindest heute. Mama und Papa suchen mich bestimmt. Die Polizei wird Beweise finden, die Datenbank wird früher oder später den eigenartigen Vogel ausspucken, der sie hier eingesperrt hat. Bald bin ich wieder frei! Und dann habe ich ein Date mit Clara. Wenn ich nur an ihr blondes Haar denke, die süßen Sommersprossen samt ihrer zuckersüßen Art... Ich liebe sie. Und wenn ich hier raus bin, sage ich, was ich für sie empfinde.

Tag 3

Ich weiß gar nicht, wie viel Seife ich benötigt habe. Unsagbar dreckig bin ich. Man kann es kaum beschreiben, wenn man es nicht erlebt hat. Dieses Gefühl körperlich benutzt zu werden gegen seinen Willen mit wildfremden ist eine reine Qual. Mama. Papa. Clara. Bitte... Helft mir.

Tag 8

Acht Tage sind es nun schon. Ich kämpfe weiter. Tag für Tag dringen fremde in mich ein. Nicht nur in meine... Auch hinten und über den Mund. Es ist einfach nur ekelhaft. Ich wurde die letzten Tage mehrmals vom Personal geschlagen. Jetzt spiele ich den Leuten Lust vor, nur, damit sie schneller kommen, meistens in mir. Jedes mal eine Qual. Ich muss die Pille schlucken. Ich hoffe, ich werde nicht schwanger und ich komme bald hier raus.

Tag 24

Ich komme zwar an einen Balkon, aber auch da ist schreien sinnlos. Der Schall wird geschluckt. Ich esse und trinke gut, nehme fleißig meine Anti-Baby-Pille und warte auf Freiheit. Ermittlungen dauern eben manchmal Wochen, dass weiß ich. Heute habe ich nur mit einem depressiven Mann Sekt getrunken. Er war sehr angenehm. Kein Sex, nichts. Er wollte nur reden, nicht mehr. Seine Frau hatte ihn verlassen und er hatte ziemlich viel verloren. Armer Kerl. Er konnte mir auch nicht helfen, hier raus zu kommen. Vielleicht kommt er ja wieder. Nette Abwechslung zu den ganzen Pennern.

Tag 49

Sie werden kommen... Sie müssen... werden... Sie werden es. Mehr Sex, immer mehr, zu viel, zu monoton. Keine einzige Frau. Täglich. Bin ich die einzige Frau hier in dieser Anstalt, diesem Irrenhaus? Ich wurde lange nicht mehr geschlagen. Vielleicht bin ich ja doch brav?

Tag 67

Tag 67, oder so, ja 67. Ich habe meinen eigenen Alltag. Ich verbringe Zeit auf dem Balkon, von dem ich eh nicht schreien kann, nehme einmal am Abend ein Bad. Ich stumpfe ab. Es ist mir mittlerweile völlig gleich, ob ich Sex habe oder nicht. Ich ziehe meine Show ab, tue so, als seien sie die geilsten Hengste und stöhne, bis sie wieder gehen. Ja gut, ich täusche meinen Orgasmus vor, was soll's. Sind doch sowieso nur komische Freaks.

Tag 134

Mein Geburtstag. Wie überaus toll. Mir gratuliert keiner. Habe mittlerweile aufgegeben, an eine Rettung zu denken. Ficke mich einfach durch die Leute durch und gut ist. Clara. Tut mir leid. Ich liebe dich. Clara... einen Tag mit dir... ein einziger. Ich liebe dich.

Tag 160

Von drei Männern gleichzeitig. Langsam ödet es mich an. Es ist immer das gleiche. Ich fühle seit Wochen nichts mehr. Ich bin ein Zombie. Essen. Schlafen. Trinken. Baden. Auf Klo gehen. Ficken. Warum lebe ich noch? Clara? Wie siehst du überhaupt aus gerade? Ich kann mich nicht an dich erinnern. Hilf mir...

Tag 200

Mir fällt nicht mehr ein, was ich schreiben soll. 200 Tage. Schade. Keine Party. Bestimmt Sex wieder. Langweilig. Was sind Tränen? Zweifel? Hast du Angst, Serena? Warum solltest du? Schnauze.

Tag 253

Gefühle. Sinnlos. Sie schauen mich wegen meines Körpers an. Ich hasse sie. Niemand schaut mich an, weil man mich liebt. Wie könnten sie auch? Sie wollen alle nur das eine. Meine Brüste sind langsam ausgereift, mein Hintern ist sicher auch ganz schick geworden. Werde wohl langsam zur Frau. Gefällt denen sicher noch besser. Clara hat bestimmt schon eine andere. Was will ich hier noch? Ich hatte gehofft, eine tödliche Geschlechtskrankheit zu bekommen oder durch eine von mir beeinflusste Schwangerschaft zu sterben. Scheiße. Dann halt nicht.

Zwei Jahre. Etwas über zwei Jahre ist sie nun hier. Wie alt ist sie nun? Siebzehn? Achtzehn? Keine Ahnung. Es war ein weiterer belangloser Tag, dachte sie zumindest. Ab und an kamen Frauen auch zu ihr, aber das ist sehr, sehr selten. Heute war wieder einer der Tage. Serena lag schon sinnlich auf ihrem Bett, auch, wenn ihre Augen absolut leer sind. Sie spielt nur noch, ihre Seele ist leer, nichts ist mehr in ihr. Keine Freude, keine Liebe, nichts. Ihre Oberschenkel liegen komplett frei und nur ihre Scham und ihre Brüste werden verdeckt. Die Frau, die ihr heute Gesellschaft leisten wird, ist recht hübsch. Ihre Nase ist vielleicht etwas zu spitz, aber sonst ist ihr Gesicht schmal, symmetrisch. Die Brüste sind relativ flach, wie ihr Po. "Hey Hübsche", haucht Serena ihr zu. Sie war schon bereit, es war ohnehin egal. "Weißt du, Serena, du kannst mir nichts vorspielen. Ich habe lange gebraucht, um dich zu finden. Es war eine ganz schöne Arbeit."
"Willst du jetzt sinnlos quatschen oder lieber eine Nacht haben, die du nie vergessen wirst?" Das ist Serenas Reaktion auf die fremde Frau. "Du hast vergessen, was du bist. Du bist eine Hexe. Feuer ist deine Kraft und du lässt dich hier einsperren wie ein Tier und lässt mit dir machen, was du willst. Was ist mit deinen Träumen? Sind sie alle zu Sand zerflossen? Hast du dich selbst hier verloren?" Serena starrt sie an. Sonst Zeigt sie keinerlei Reaktion. "Dein Vater hat drei Kinder. Eines bist du. Jetzt rate mal, wo die anderen zwei gelandet sind." Weiterhin keine Gefühlsregung in Serenas Gesicht, nicht einmal ein Hauch. "Keine Ahnung. Ist mir auch egal."
"Es ist dir also egal? Ist es dir also auch egal, dass deinem Vater der Schuppen hier gehört und das er es war, der dich entführte, dich hier verkaufte? Ist es dir egal, dass deine Mutter tot ist, deine Schwestern ebenso mit ihren Körpern bezahlen?"
Die rothaarige Serena lacht nur verachtend auf. "Welche Art von Beweisen hast du bitte? Ich finde das alles ziemlich absurd." Die Fremde schüttelt mit dem Kopf und seufzt aus. "Es ist deine Entscheidung hier zu verrotten oder mit mir in die zauberhafte Welt Meliodae zu gehen. Eine Welt für Leute wie dich und mich. Geboren mit magischen Fähigkeiten, den Menschen fremd. Du kannst entweder mit mir gehen, oder hier versauern und deinen Körper weiter fremden Leuten schenken. Wir geben dir eine Zukunft, in der du Leben kannst, wieder lernst, zu fühlen und zu lieben. Ist es nicht das, nach was du dich sehnst? Freiheit? Hast du das nicht so oft in dein Tagebuch geschrieben, direkt und indirekt?"
Tatsächlich wirkt Serena nun erstaunt. "Woher..."
"Woher ich das weiß? Ich bitte dich. Ich bin eine Hexe, Serena. Ich habe dich beobachtet, nur leider reicht meine Gabe nicht, um dich genau zu lokalisieren. Also? Was nun? Wir geben dir eine zweite Chance."
Serena erhebt sich aus ihrem Bett. Sie schaut die Frau genau an. Will sie wirklich ihr Leben retten? Ist sie ihr Ticket hier heraus? Sie kann sich erinnern. "Feuer", flüstert sie zu sich selbst. Wie konnte sie das vergessen? Oh, sie würde sich diese angebliche Hexenwelt mal ansehen. Aber zuerst würde sie jeden verbrennen. Alle, die hier gefangen sind, würde sie befreien. Der Rest wird brennen. Die fremde Hexe versuchte Serena aufzuhalten, aber sie ließ sich von nichts abbringen. Ihre Gefühle sind abgestumpft, ihr Mitleid ist gen null. Dieser ach so edle Schuppen würde brennen. Und dann würde sie sich um den Rest kümmern.

Akademie der Hexen | girlxgirl [Abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt