Akademie der Hexen - Kapitel 26

1.3K 86 2
                                    

Rachel sitzt in der Bibliothek. Sie liegt unterirdisch, scheint aber irgendwie trotzdem gut belüftet zu sein. Maria hat noch zu tun, sie muss zur Behörde für die Akademie, etwas klären. Also beschäftigt sie sich mit einem der tausenden Büchern der gigantischen Bibliothek. Eigentlich sieht sie typisch menschlich aus. Regale über Regale. Jedoch wirkt die Höhe und das feste, dunkle Holz mächtig und Ehrfurcht auslösend. Hier und da stehen Tische mit Sitzmöglichkeiten, die einem mal keine Rückenbeschwerden bereiten. Die Schritte werden von den Büchern geschluckt, dennoch würde man lautes Sprechen deutlich hören, was strengstens untersagt ist. Darauf weisen mehrere Schilder hin. Die Bibliothekarin ist eine nette Dame mittleren Alters, welche die Ruhe der Stätte der Bücher auf sich übertragen hat. Sie scheint verheiratet zu sein, da sie ein Ring am rechten Ringfinger trägt. Genaue Details konnte sie nicht erkennen, ob da nun eine Innenschrift eingraviert oder ein Edelstein eingearbeitet ist.
Nun wendet sie sich doch wieder ihrem Buch zu. Das baldige Ziel ist das verwandeln in ein Seelentier, ein Animagus werden. Was wird es wohl sein? Ein Vogel? Raubtier? Oder doch ein anmutiges Reh? Wer weiß das schon, sie würde es eines Tages herausfinden. "Was liest du", fragt eine Stimme neben ihr. Rachel erkennt diese nicht und behält die Augen weiter in ihrem Buch. Sie reden ganz leise miteinander, um nicht die Ruhe der Bibliothek zu stören. " Ein Buch über Verwandlung, speziell zu einem Animagus. Das kommt bald auf uns zu. Ich hoffe, ich schaffe das." Die Person neben ihr lacht leise, aber freundlich. Sie setzt sich neben Rachel unaufgefordert, aber das stört die Hexe im ersten Jahrgang so oder so nicht. "Das mit den Gewitterwolken und dem Chaos auf dem Übungsplatz warst du, oder? Das war ziemlich beeindruckend." Rachel liest weiter. "Kann schon sein", meint sie nur. Sie mag es nicht, auf ihre Fähigkeiten angesprochen zu werden. Sie gibt nicht viel darauf. "Kann schon sein? Dir ist klar, dass es in der langen Geschichte der Hexen und Zauberer niemand im Ansatz schafft? Du bist die Natur selbst und das ist beeindruckend." Rachel schaut nun etwas genervt auf und legt ihr Buch auf dem Tisch ab. Sie erstarrt sogleich. Das rote, strahlende Haar, diese tiefen Augen, diese unglaubliche Schönheit in Körper und Seele. "S-serena! Al-also ich..." Miss Raven überkreuzt sitzend ihre Beine und blickt Rachel an. "Also du? Was ist? Ich bin eine Frau wie du." Damit hatte sie natürlich Recht, dass wusste Rachel. Aber diese Frau ist so unglaublich schön, so wunderschön. Sie interessiert der Körper nicht, nur die Lippen dieser Frau, die fixiert werden von der Frau mit dem grünem Haar. "Rachel", spricht Serena sie erneut an. Ihre Art ist nicht streng und sie scheint keinen ihrer weiblichen Reize ernsthaft zu benutzen. "Ehm, was? Habe wohl vergessen, was ich sagen wollte. Ich... tut mir leid." Serena Ragen starrt Rachel einige Sekunden an, die knallrot wie eine reife Tomate anläuft. Falls Serena dies bemerkt, ignoriert sie dies bewusst. "Tatsache ist, dass du erstaunliche Fähigkeiten hast und sicher viele Gefühle, die du beim wirken freisetzt. Probiere doch mal, Blumen wachsen zu lassen, dass würde dem Hof der Akademie wirklich ein besseres Aussehen verleihen."
"Meinst du Serena?" Rachel ist immer noch verunsichert durch ihre Anwesenheit. "Natürlich. Magie besteht nicht nur darin, sich zu verteidigen. Es gibt reine Zerstörungsmagie. Feuer entzündet zum Beispiel nur. Aber du? Du kannst die Welt blühen lassen, Rachel. Du kannst Bäume wachsen lassen und bunte Blumen, nur mit deinem Willen. Ich muss zugeben, dass ich da etwas neidisch bin." Rachel versteht zwar den Sachverhalt, aber nicht, was die wunderschöne Frau mit dem roten Haar neben ihr meint. "Wieso solltest du neidisch sein?"
"Weil Feuer nur zerstört." Rachel starrt Serena an. Sie muss wohl eine Feuermagierin sein, wenn nicht sogar noch mehr als das. "Feuer ist doch mehr als Zerstörung. Es ist Leben, Leidenschaft", flüstert Rachel leise, aber Serena versteht sie noch. "Nicht das Element, aber es ist nett, dass du mir das so schön reden willst, Rachel. Aber Tatsachen lassen sich nun einmal nicht schön reden, nicht, in meinem Kopf." Serena lächelt das erste Mal Rachel an. Dieses Lächeln... es ist unbeschreiblich schön, wie die Sterne in der Nacht. Ihre strahlend grünen Augen dagegen wirken beinah schon emotionslos, aber sie beinhalten Trauer, etwas, was Rachel das Herz zerreißt. Was ist mit Serena nur los? Ist es das Feuer, was sie betrübt oder etwas anderes? Ihr lächeln ist ehrlich, sie schenkt es Rachel, aber der Gesamteindruck wirkt eher traurig, unheimlich traurig. "Serena? Ist alles in Ordnung mit dir?" Rachel ist ziemlich besorgt, dass Buch über Verwandlung scheint vergessen. Nur die Frau neben ihr ist im Fokus. "Kümmere dich lieber um dich, Rachel." Miss Raven lächelt entschuldigend, sie würde wohl darauf keine Antwort geben. "Ich sorge mich aber um dich, Serena", antwortet sie knapp. Es gibt eigentlich so viel mehr zur sagen, so viel mehr auszusprechen. Wenn sie sich nur trauen würde, zu sagen, was sie fühlt, wie sie denkt, wie sehr... Was wird dann aber aus Maria? "Ich weiß deine Fürsorge zu schätzen." Serena steht von dem Tisch auf. Ihre Augen wirken nun kühl, aber erstaunlicherweise nicht distanziert. Was hat sie nur und wieso ist ihr Verhalten so eigenartig wechselhaft? Hat sie etwas falsches gesagt? "In wenigen Tagen sehen wir uns wieder. Die Schule mischt die Klassen und unterstellen uns einer Prüfung. Dort sehen wir uns wieder. Ich bin über deine Leistungen neugierig und darüber, ob du nur Zerstören kannst oder ob es dir auch gelingt zu erschaffen. Denke an den Schulhof. Ob du das nun tust, ist deine Sache. Wir sehen uns, Rachel." Serena wendet sich ab. Sie klang nicht unbedingt unhöflich. Irgendetwas beschäftigt die Frau mit dem roten Haar, etwas, dass nichts mit Magie zu tun hat. Nur was könnte es sein? Rachel kann diese Frage ohnehin nicht beantworten, also beschließt sie, ihrem ausgeliehenen Buch über Verwandlung nachzugehen. Da Maria sowieso erst in den späten Abendstunden wiederkommt, wird sie ihre Zeit nach dem Lesen damit verbringen, Blumen und Bäume auf dem Schulhof nach Lust und Laune wachsen zu lassen. Hatte sie es nicht tief im Herzen Serena versprochen, genau dies zu tun?

Akademie der Hexen | girlxgirl [Abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt