Akademie der Hexen - Kapitel 46

1K 72 2
                                    

"Du hast es also durchgezogen, Serena Raven." Die ältere Dame hat sich mit Serena im Park getroffen und die rothaarige in einen Bademantel gekleidet, da sie sonst wohl nackt gewesen wäre. "Habe ich. Es war nur gerecht", meint Serena kühl, ohne einen Hauch von Mitleid über die Toten. "Wir haben also eine zukünftige Hexe, die ihre Magie trotz Warnung in der Menschenwelt bewusst missbraucht hat. Dazu kommt, dass du eine Mörderin bist. Du hast dies alles bewusst getan. Wie soll ich das bitte erklären? Ich kann dir doch keine Einladung in die Hexenwelt geben, wenn du dich dazu entschieden hast, bewusst zu zerstören und zu töten? Du hast Fähigkeiten, die überragend sind und selbst jetzt übertiffst du schon die Fähigkeiten vieler auf unserer Welt. Aber trotzdem, du hast getötet. Und dies zu erklären, ist relativ schwer." Miss Raven verzieht keine Miene. Es scheint ihr vollkommen egal zu sein. "Es ist mir völlig egal, ob ich eine Hexe werde oder nicht. Ich habe Jahre geschmort und ich bin Ihnen dankbar, dass sie mich wach gerüttelt haben. Aber ich will endlich angefangen, zu leben. Ich werde nun eine Freundin besuchen. Eine Freundin, mit der ich mein Leben verbringen will. Dankbar bin ich Ihnen, aber wie. Nun will ich aber leben. Ich habe kein Interesse an weiteren Pflichten. Clara ist alles, was mir geblieben ist." Sie erhebt sich von der hölzernen Parkbank. Nicht unweit spielen Kinder auf einem Spielplatz, aber was kümmert sie es? Clara. Sie will diese Frau. Sie sehnte sich jede Stunde, jede Minute nach ihr. Nun war es Zeit, etwas nachzuholen. "Es wäre keine gute Idee, zu ihr zu gehen." Serena wollte gerade gehen, als diese Frau wieder anfängt zu reden. "Und weshalb bitte schön? Weil ich die Chance meines Lebens verpasse", gibt sie genervt von sich. "Du weißt doch, wie ihr Zustand war. Sie liebte dich, Serena."
"Was heißt bitte, sie liebte mich? Was soll der Mist? Wenn Sie mich schon überwacht haben, warum haben Sie mich dann nicht befreit aus dem Laden, wo ich ständig die Beine spreizen durfte, he? War das zu schwer für eine alte Frau?" Serena Raven wird durchaus beleidigend und verspottet die Frau vor sich, welche aber vollkommen gelassen bleibt. Sie erkennt die aufgewühlte Art von Serena sehr deutlich, wie ein offenes Buch. "Ich wollte über sie an dich herankommen. Leider habe ich versagt. Das hier, soll ich dir von ihr geben." Irgendwoher zückt die Frau einen blauen Briefumschlag und hält ihn Serena entgegen. "Wenn du sie liebst, lies das hier. Es ist für dich persönlich." Schweigend nimmt Serena den Brief und ohne einen Ton der Dankbarkeit von sich zu geben. Etwas ruppig reißt sie den Umschlag auf, aber den Brief hält sie, als wäre es ein zerbrechlicher Diamant. Sie beginnt, langsam den Inhalt zu lesen.

"Serena. Ich weiß, dass du schon lange geplant hast, mich um ein Date zu bitten. Ich war nie abgeneigt von dir, vielleicht etwas ruhiger, aber es ist eine Tatsache, dass ich mehr von dir will. Ich liebe dich, Serena. Schon lange. Ich war nur immer schlecht darin, es dir zu zeigen. Dein Lachen, deine freundliche und liebevolle Aura, die nichts zerstören konnte. All das hat mein Herz zum schlagen gebracht. Du bist, was ich will und du wirst immer in meinem Herzen bleiben. Ich hoffe, dass dieser Brief dich erreicht. Du bist nun schon seit 165 Tagen verschwunden. Ich weiß nicht wohin und meine Suche blieb erfolglos. Du weißt, welche Probleme ich mit mir trage, dass ich keine Unterstützung erhalte. Nur du gibst mir die Kraft, durchzuhalten. Nach über 150 Tagen, hat mich meine Kraft verlassen. Man hat die polizeiliche Suche nach dir aufgegeben, weil es nicht einen einzigen Hinweis gibt. Die Frau, die dir diesen Brief gibt, wird dich weiter suchen, sie hat es versprochen. Aber sie konnte mir nicht das schenken, was du getan hast. Meine Kraft ist am Ende und ich habe keine Hoffnung mehr, dich wiederzusehen. Es tut mir leid, Serena. Ich liebe dich, aber..."

Serena hält zitternd den Brief von Clara in der Hand, überfüllt mit Herzen und einem Bild von den beiden, wo sie Eis essen, eng aneinander sitzen sie dabei. Tränen tropfen auf das Blatt. So viele. Das sind die ersten ehrlichen Gefühle, seit Monaten. "Nein..." Sie schüttelt mehrfach den Kopf. Sie kannte Clara samt ihrer massiven Probleme, aber das hier? Serena bricht innerlich in Scherben. Clara war alles, was sie wollte, was ihr Kraft gab, um jetzt wieder zu leben. "Warum hast du dich umgebracht? CLARA!" Serena brüllt laut. Andere Leute schauen kurz aus der Entfernung zu ihr, schenken ihr aber keine Beachtung. Sie selbst sackt auf die Knie zusammen, unfähig zu stehen. "Alles, aber nicht sie. Sie darf nicht tot sein. Nein. Nein.... Nein... Clara..." Serena weint nicht wegen der letzten Zeit. Diese Tränen gelten Clara. Welchen Sinn hat das Leben jetzt noch? Sie hatte nichts mehr. Ihre Familie ist ihr vollkommen egal und Clara ist tot. Welchen Sinn hat es noch? "Du kannst mir glauben, dass ich diesen Verlust bedauere. Ich habe es nicht geschafft, sie vom Tod abzuhalten. Clara habe ich erzählt, was in dir steckt. Wenn du weiter liest, merkst du schnell, dass sie dich in der Hexenwelt wünscht. Sie liebte dich und sie will, dass du in unsere Welt kommst, lernst und dich neu verliebst." Serena hört zu, aber ihre Tränen würden nicht versiegen. Ihre Miene wird nur abweisender, kühler. Clara... Sie würde dem letzten Wunsch nachkommen. Das schuldet sie ihr.

Ein paar Jahre später.

Maria Ash beobachtet die Zeremonie, in der die Neulinge begrüßt werden. Sie selbst pflegt eine sehr gute, freundschaftliche Beziehung zu Serena. Den Sex hatten sie lange schon hinter sich gelassen, aber nicht die Freundschaft. Maria weiß, dass Serena sich kaum öffnet. Ihre Verehrerinnen und Fans meidet sie. Die halbe Akademie rennt hinter ihr hier, wegen ihres Körpers, ihres Aussehens, ihrer großen, magischen Macht. "Nie wolltest du dies, Serena Raven. Keiner hat verstanden, was deine Probleme sind, wieso du nie im Rampenlicht stehen wolltest und es hasst. Wie auch? Niemand kennt dich wirklich. Das wird sich bald ändern. Du wirst dich vor ihr verstecken, dir einreden, dass es niemanden wie Clara gibt. Du denkst, sie würde deinen Körper wollen, nicht wahr?" Maria redet leise mit sich selbst, während Serena gerade eine riesige, freurige Wolkenschlange beschwört. Beeindruckt ist Madame Ash immer noch. Sie würde sich nicht einmischen in Serenas Leben. Doch den Blick, den sie der jungen Rachel schenkte, war mehr als deutlich. Ausdruckslos könnte man ihn beschreiben, leer. Doch wenn man sie näher kennt, wüsste man sehr wohl, was dieser Blick bedeutet hat. Serena Raven war verzaubert, von Anfang an. Nur ihr Sturkopf weigert sich, Rachel näher kennen zu lernen. "Das Schicksal hat uns drei zusammengeführt. Wir sind miteinander verbunden. Euch beiden muss ich nur einen Schubs geben." Sie verschränkt die Arme vor sich und bereitet sich darauf vor, bald ihre neue Klasse zu erhalten. Der Rest ist nur eine der Frage der Zeit. Feingefühl besitzt sie ohnehin ausreichend.

Akademie der Hexen | girlxgirl [Abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt