Akademie der Hexen - Kapitel 4

2.8K 139 4
                                    

Etwas unsanft landet sie im Gras, ihr Koffer aber korrekt neben ihr. Es war nur ein helles Licht und eine Kraft, die sie in eine andere Welt zerrte. In die Welt der Hexen, in die Welt von Meliodae, ihr zu Hause, dass zu Hause... Wenn Mutter eine Hexe war, wie kam Rachel dann auf die Erde, wenn es kein zurück mehr gibt? Sie wird die Antwort erhalten, aber jetzt schaut sie sich erst einmal um. Sie steht in einem Waldgebiet, mitten im nirgendwo. Vögel zwitschern, aus der Ferne brüllt eine unbekannte Kreatur. "Eh, Hallo? Hallo? Ist hier jemand? Ich bin Rachel und bin... mit wem rede ich eigentlich? Hört mich jemand?" Keine Antwort nichts. Nur aus einem Gebüsch springt ein Reh, braun, mit blauen, funkelnden Flecken. Komisch, so ein Reh hat sie noch nie gesehen, aber gut, sie ist auch in einer Hexenwelt. "Na wer bist du denn", redet sie nett zu dem Reh. Es schaut sie schief an, ehe es sich regt und in einer einzigen, nicht verfolgbaren Verwandlung, wie im Buch Harry Potter. Es geschieht im Bruchteil einer Sekunde und es scheint nun eine Frau vor ihr zu stehen. Sie trägt weiße Desingerkleidung, eine Art Anzug für Frauen, nur in weiß. Dieser sieht aber weniger spießig aus, sondern passt zu ihrem strahlenden Gesicht. Es verleiht ihr eine freundliche Aura. Ihr Gesicht ist etwas rundlich, aber es strahlt voller Freude. "Ah, Rachel, nicht wahr? Ich bin Madame Cairne, Leiterin der Akademie für Hexen auf Meliodae. Es freut mich, dich zu treffen. Es ist schön, dass du dem Aufruf gefolgt bist, zwar als letzte, aber gut. Verzeih, ich musste bis zu dem Tag warten an welchem du weit genug bist. Die Kriterien der Aufnahme sind und bleiben magische Vorschrift. Wie dem auch sei. Willkommen bei der Akademie der Hexen!" Miss Cairne schnipst mit dem Finger und der Wald verschwindet vor ihren Augen. Vor ihr baut sich ein riesiges Schloss auf, dazu kommen mehrere Nebengebäude. In hellem, angenehmen gelb, grün und anderen Farben erscheinen die Gebäude nach und nach, welche dem viktorianischen Stil entsprechen. Das Hauptgebäude misst bestimmt fünf Stockwerke eines Hochhauses und ist ziemlich breit und lang. Doch die Bäume weichen zwar als Illusion, aber dies heißt nicht, dass das Gelände karg und öde ist, im Gegenteil. Es ist weitläufig und bietet viel Platz. "Willkommen zu Hause, Rachel. Hier wird man dich alles über unsere Welt lehren. Du wirst dich hier wohl fühlen auf dieser Welt. Glaube mir, mein Kind. Die Welt der Hexerei ist ein Platz für dich. Du erhältst morgen Informationen, dir werden Fragen beantwortet, die dir geradezu dutzenden durch den Kopf schwirren. Meine Aufgabe wird es sein, dich auf dein Zimmer zu bringen, meine Liebe. Du wirst es, wie jede andere mit zwei anderen teilen. Ich weiß, ich weiß...", seufzt die nette Dame erschöpft aus. "Fragen über Fragen, aber gedulde dich bis morgen. Aber ich kann dir versichern, dass deine Zimmergenossinen nett sind. Jetzt folge mir." Rachels Koffer fangen an, hinter der Schulleiterin zu fliegen. "Aber ich... schon gut." Rachel folgt brav. Das Tor öffnet sich automatisch. Sie hätte das eiserne Tor für größer und edler gehalten, aber das ist hier kein Hotel, sondern eine Akademie für Hexerei. Der Hof ist üppig grün, es gibt erstaunlich viele Pflanzen, die der Erde gleich sind, aber auch unbekannte, längliche Gewächse mit einem Kopf, die Rachel zu folgen scheinen. Auch gibt es hier Schmetterlinge, mit sechs Flügeln, aber sie leuchten in schillernden, bunten Farben. Aus einem oberen Fenster fliegt ein brennender Papierflieger, welcher nach kurzer Zeit in einem Feuerwerk explodiert. Ein buntes, prachtvolles, wunderschönes Farbspiel. "Ich bin zu Hause", flüstert Rachel zu sich selbst. Madame Cairne lächelt nur. Sie begegnen keiner Person, aber das scheint wohl sicher noch aus Organisationsgründen zu sein. Ohnehin ist es bereits ziemlich spät. "Das überhaupt noch Schüler wach sind", murmelt Madame Cairne vor sich her. Sie nimmt Kurs auf das Schulgebäude. Das Größte, also jenes, welches fünf Stockwerke hoch ist und verdammt breit, also wahrlich ein riesiger Bau, größer, viel größer als alles, was sie an Universitäten, Schulen und Akademien bisher gesehen hat. Wie breit wird es denn sein? Mehrere hunderte Meter? Vielleicht sogar mehr als einen Kilometer? Sie kann es absolut nicht einschätzen. Möglich, dass sie am morgigen Tag neue Informationen erhält. Sie ist so neugierig! Magie lernen, Geschichte der Zauberwelt! Alles wird bestimmt so großartig! Sie wird aus ihren Gedanken gerissen, als die Direktorin eine große, Doppeltür öffnet, im viktorianischen Stil. "Trete ein Mädchen, trete ein. Dies wird für die nächsten sechs Jahre dein zu Hause , es sei denn, du schaffst es, finanziell dir etwas aufzubauen. Egal. Tritt ein!" Voller Ehrfurcht und staunen tritt sie ein. Die Gänge sind recht dunkler Wandfarbe, aber trotzdem wirkt diese gruselige Länge fröhlich. Bilder hängen da, Regale mit Auszeichnungen und hier und da läuft ein schemenartiges Wesen durch Wände. "Geister? Das ist ja der helle Wahnsinn!" Staunt sie freudig. Bilder sprechen miteinander, sogar ein Buch fliegt an ihnen vorbei. "Wundervolle Nacht, Madame Cairne. Wer ist denn die hübsche Dame", fragt das Buch neugierig. Rachel muss etwas lachen, da beim Reden die Buchseiten hoch und herunter flattern. "Rachel heißt sie, mein Lieber. Eine anstrebende Hexe, gerade frisch zu uns gekommen", lacht sie herzlich. Die beiden scheinen sich näher zu kennen. Das Buch redet, es klappt auf und ab, die Seiten flattern wild. Es schwebt einfach so in der Luft, einfach so! Es flattert zu ihr. "Oh kleine Dame, man nennt mich die Chronik der Herrschaft. Mein Buchtitel ist mein Name, meine Liebe! Willkommen auf der Hexenakademie! Nenne mich einfach Chronie, das ist mein Spitzname!" Das Buch schwebt um sie herum und bleibt vor ihrem Gesicht stehen. Es ist etwa 760 Seiten dick. "Ich, bin... Rachel." Sie scheint trotz Faszination etwas verwirrt. Fliegende Bücher und Geister sind etwas zu viel auf einmal. "Rachel. Ich begrüße dich herzlich hier und wünsche dir viel Erfolg auf Meliodae! Wir sehen uns bestimmt öfter, meine Liebe! Ich bin gespannt, was für eine Hexe aus dir wird. Ich hörte von dir, wie du Wind und Wetter beherrschst. Eine seltene Gabe und so gut in dem Alter, auch, wenn es unter emotionaler Belastung geschah. Aus dir wird mit etwas Zielstrebigkeit eine sehr gute Hexe! Dein Fortschritt interessiert mich sehr! Ich werde ihn wie den von Serena verfolgen." Rachel schaut interessiert auf. "Serena? Ist das eine Hexe?" Die Direktorin verzieht keine Mimik, über keine ihrer Schülerinnen. "Du wirst sie bald kennen lernen! Sie ist im dritten Jahrgang und sie ist... hach, warum bin ich nur ein magisches Buch geworden", schwärmt er. "Ehm, ist etwas Tolles an ihr oder was habe ich etwas überhört?" Chronie lacht nur. "Du wirst sie morgen bei der Eröffnungsfeier sehen. Dort werden sowieso alle per Name genannt, die etwas für euch aufführen. Eigentlich tut dies nur der sechste und damit letzte Jahrgang, aber naja. Entschuldigt, ich halte euch auf. Angenehme Nacht Madame Cairne und Rachel!" Da fliegt das Buch davon und die Schulleiterin schüttelt den Kopf. "Je dicker das Buch, desto mehr quatschen sie. Manch eine Hexe kam schon zu spät, da sie mit ihm geplaudert haben. Ein herzensgutes Buch." Sie geht an eine Wand und drückt ihre Hand daran. Etwas regt sich hinter der Mauer, sie bewegt sich. "W...was war Chronie? Ein lebendes Buch?"
Miss Cairne schaut sie nicht direkt an, sondern schaut auf die Wand, die sich rasch bewegt und sich öffnet. "Wir nennen diese Wesen Galbi, in der Fachsprache der hohen Hexerei. Es sind lebende Gegenstände, wie du sie hier häufig findest. Bilder, Bücher, aber Geister sind keine Galbi. Diese Wesen entstehen durch ruhelose Seelen, die gutartig gestorben sind und reinen Herzens sind. Nur so können sie sich mit Gegenständen verbinden und darin leben. Sie denken, dass wäre ihr Leben, ihr altes Leben erlischt komplett, keine Erinnerung bleibt. Sollte einer dieser Galbi Missetat begehen, straft sie der oberste Seelenrat der Hexen und löscht ihre Seelen aus. Diese verschwinden dann endgültig."
Die Wand verschwindet und es erscheint ein Fahrstuhl, in denen etwa fünfzig Hexen Platz finden. Madame Cairne steigt ein und Rachel steigt ein. Madame Cairne schnippt einfach nur mit dem Finger und der Fahrstuhl setzt sich in Bewegung. "Madame Cairne? Was ist denn der Seelenrat? Gibt es Magier und wer ist die oberste Instanz unserer Heimat?" Die Schulleiterin lacht herzlich auf. "Herrje, herrje. So neugierig. Die meisten bombardieren mich mit Zauberkünsten und das ich ihnen was zeigen soll. Es ist schön zu sehen, dass du dich auch für unsere Regierungsform interessierst. Aber alles nach der Reihe. Du bekommst bald Lehrpläne und Zugang zur Bibliothek. Da kannst du dich auch gern selbst belesen. Alles zu seiner Zeit, mein Kind. Komm erst einmal an, packe deinen Koffer aus und lerne deine Zimmerkameradinnen kennen. Alles andere Morgen, liebes Kind." Die Direktorin scheint eine herzensgute Frau zu sein. Ruckend setzt sich der Fahrstuhl in Bewegung und scheint in wenigen Sekunden am Ziel zu sein. "Fünfte Etage. Steig aus Rachel und folge mir, schweigend bitte. Vielleicht schlafen schon einige. In den Zimmern könnt ihr dann lauter sein, kein Geräusch dringt hinaus, es sei denn, wir wollen das nicht, aber das geschah bisher noch nie und das würde nur in absoluten Misstrauensfällen passieren. Aber bisher gab es nichts, was mein Vertrauen erschüttern konnte." Sie laufen beide ein Stück, während sie da so erzählt, was die Zimmer so können. "Na schau mal. Zimmer 27. Dein Zimmer. Du teilst es dir mit Jane und Sara. Du wirst sie mögen, glaube mir." Der Koffer, der vorher neben ihr schwebte, landet nun neben Rachel. "Ab hier ist es deine Aufgabe, voranzuschreiten. Keine Sorge, du wirst morgen von uns Hexen geleitet. Gute Nacht, kleine Rachel." Sie schaut die Zimmernummer an. 27. Ihr Zimmer. Zusammen mit Jane und Sara. "Miss Cairne, ich wollte nur... Miss Cairne?" Sie ist verschwunden, als hätte sie nicht existiert. Wie mächtig magisch muss sie sein, dass sie einfach so verschwinden kann? Was hält diese Welt bereit für sie? Sie weiß es nicht, diese Vorstellung hat sie nicht. Alles ist so groß, so weit, so unvorstellbar. Allein schon die Galbi haben sie aus dem Häuschen gehauen. Aber im Moment hat sie nur Herzklopfen. Nur Herzklopfen. Werden die anderen Mädchen sie akzeptieren? Langsam nimmt sie den Koffer in ihre Hand und klopft dreimal an die Zimmertür. Geräuschlos öffnet sich die edle Holztür. "Durchatmen Rachel. Tief durchatmen." Dies tut sie sogleich und setzt ihren ersten Fuß in eine neue Welt, in ihr neues Schicksal.

Akademie der Hexen | girlxgirl [Abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt