Akademie der Hexen - Kapitel 22

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Die deutlich ältere Lehrkraft steht hinter ihrem Tresen. Sie trägt einen Maßgeschneiderten Frauenanzug, eine modische Brille und kurzes, graues Haar. Rachel schätzt sie etwa auf sechsundfünfzig Jahre. "Madame Volkar nennt man mich. Wir sparen und mal die Namenslisten und sonstiges, wir haben wenig Zeit", meint sie etwas strenger und rückt ihre Brille zurecht, obwohl diese passend sitzt. "Wir beschäftigen uns mit der Geschichte des Landes und gewissermaßen der Regierungsform. Heute besprechen wir den Aufbau unserer Regierung, von verschiedenen Instanzen und dem hohen Hexenrat. Das Leben besteht eben nicht nur auf Zauberei, Hexerei und Spaß." Sie zuckt mit den Schultern. Rachel seufzt. Sie findet diese Frau unsympathisch. Sie redet mit der Klasse, als wären sie kleine Kinder, die nur Hokus Pokus im Kopf haben. Sie kramt einen Kugelschreiber und Papier heraus. Für sie hört sich dieses Fach nach viel Schreibarbeit und Theorie an, aber sie ist entschlossen, viel zu lernen und eine gute Hexe zu werden. Bewaffnet mit Stift und Zettel, ist sie bereit dem Unterricht zu folgen. Sie überprüft noch einmal ihr langes, grünes Haar. Als sie feststellt, dass es sitzt, ist sie bereit der Lehrkraft zu folgen, die schon vor dem Unterricht Bücher auf jedem Platz verteilt hat. "Meine Lehrmethoden sind Frontalunterricht und Selbststudium. Wenn Fragen sind, fragt bitte. Also beginnen wir nun." Es gibt so etwas ähnliches wie eine Tafel, wo ein Stück Kreide sich wie von Zauberhand bewegt. "Wie altmodisch", meint Rachel nur dazu. Vielleicht überschätzt sie die Hexenwelt. In den Fantasy Büchern die sie gelesen hat, ist kaum etwas ähnlich zu der Welt der Menschen. Autoren versuchen stets in solchen Werken, den Geist des Menschen weit weg zu bringen von der Realität. Meliodae scheint zwar magisch zu sein und hat sicher auch in Großstädten parallelen zu der Welt der normalen Menschen, aber der magische Hauch, die Wesen und die Gebäude werden in gewisser Weise einzigartig sein. "In eurer Welt kennt ihr wahrscheinlich die Demokratie und Hierarchie. Nun, bei uns herrscht eine Demokratie, eigentlich. Jedoch ist der hohe Hexenrat von dieser Regelung nicht betroffen." Während sich ein paar Worte auf die Tafel notieren per Zauberhand, notiert Rachel fleißig die Dinge, die ihr am wichtigsten erscheinen. "Der hohe Rat bestimmt wichtige Regelungen des Landes und bleibt bis auf das Jahresfest der Öffentlichkeit verborgen. Sie legen Dinge fest, aber das arbeitet ihr dann in Ruhe aus. Wir widmen uns unserer Regierung. Gewählt wird diese durch jede freie Hexe dieser Welt. Sie bestimmen Gesetzesentwürfe und überprüfen diese. Weiterhin sind einige wenige hohe Jäger in einem politischen Amt, da diese eine andere Sicht auf die Dinge der Welt haben, die den meisten wohl verborgen bleibt. Rachel schreibt sich immer noch wichtige Dinge mit, denkt aber eigentlich an die Großstadt. Wie mag sie auf dieser Welt wohl aussehen? Welche Geheimnisse diese Welt wohl noch hat? Fragen über Fragen, doch aktuell zählt der Unterricht. Notiert hatte sie sich nicht viel. Ihr viel nur auf, dass im Laufe der Jahrhunderte zwar die Regierung wechselte, aber etwas hat verfluchte Ähnlichkeit. Rachel betrachtet ihre Aufzeichnungen ein Stück nachdenklicher und genauer. Seit Jahrhunderten gibt es diese oberste Instanz und immer waren es Frauen, obwohl die Regierung dieser Welt keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern hat, wie sie erfahren hat im Unterricht. Die Gesetzte, die entworfen wurden, konzentrierten sich allesamt auf ähnliche Dinge. Von selbst schlägt Rachel das Buch auf und liest etwas nach mit dem Risiko, dem Unterrichtsgeschehen nicht zu Folgen und ermahnt zu werden. "Das Schwarze Land ist ein Gefängnis, umschlossen von einer Mauer, verteidigt von den Jägern und ihnen Unterstellten Trupps. Warum verschwendet der Hexenrat Jahrhunderte lang so viele Ressourcen, für ein Land, indem Verbannte leben? Wovor haben sie Angst?" Ein räuspern ist von vorn zu hören, anscheinend von Madame Volkar. "Wenn du uns etwas zu sagen hast, was wichtig erscheint, junge Dame, nur zu. Wir hören dir gern zu", meint sie leicht säuerlich. Rachel schüttelt mit dem Kopf. "Nein, entschuldigen Sie." Die Lehrerin seufzt leise aus, nicht hörbar für jemand anderen, außer für sie selbst. "Ich weiß, dass dein Lerndrang kaum zu bremsen ist, aber gedulde dich bitte noch ein paar Minuten mit dem Selbststudium." Sara und Jane ziehen vor ihr eine Grimasse, über die sich Rachel sicher amüsiert hätte, wenn die beiden nicht direkt vor ihr sitzen würden. Von den beiden wurde sie noch leise als alte Schachtel betitelt, die ihre besten Jahre vor ungefähr dreihundert Jahren gehabt haben muss. Natürlich versteht die Dame das nicht. Sie hat eben den Nachteil, stark im Schatten der Klassenleitung zu stehen. Die Schüler haben sich an eine junge, dynamische Frau gewöhnt, die ihren Körper einzusetzen weiß. Dagegen hat eine etwas ältere Frau schlechte Karten, wobei etwas älter mehr als dreißig Jahre sein dürften. Auf jeden Fall hört Rachel nicht mehr so genau zu. Die Sache mit dem Hexenrat kam ihr komisch vor. Wenn es den unterschiedliche waren, die das Amt des Hexenrates bekleidet haben, warum verschwendet man so viel auf eine Grenze, auf unorganisiertes Verbrechen? Da muss etwas sein, vor was sich die mächtigsten Hexen des Landes panisch fürchten? Welche Gesetze sie wohl entworfen haben? Das würde sie auf jeden Fall Maria fragen und nicht diese Dame da vorn, die keine Zeit für Dinge wie Namenslisten habe. Sie zweifelt nicht am Hexenrat, sie zweifelt nicht an der Regierung und denkt sich Hobbymäßig wie einige andere auf der Erde Verschwörungstheorien aus, aber diese Sache, die ihr auffiel, wird in dem Buch nicht erklärt und es ist ein offizielles Lehrbuch. Irgendetwas stimmt mit der absolut reinen Weste nicht. Irgendetwas muss in dem Schwarzen Land sein. Etwas geheimes und derart Gefährliches, dass es so stark bewacht wird. Nur was kann das sein?

Akademie der Hexen | girlxgirl [Abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt