#45 Matteos Vergangenheit

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"Meine Familie und ich haben schon lange keinen Kontakt mehr. Ich denke aber, um nachvollziehen zu können, warum, muss ich von ganz vorne anfangen." Er stoppt kurz. "Meine Familie war schon immer sehr speziell. Wir hatten immer viel Geld, da meine Eltern Diplomaten waren. Dadurch zogen wir auch oft um, mal innerhalb Italiens, mal außerhalb. Als ich sieben war, zogen wir nach Spanien, dort blieben wir aber nicht lange. Direkt am Flughafen wurde uns die Einreise verweigert, wegen meiner Mutter. Es stellte sich heraus, dass meine Mutter in Spanien gesucht wurde. Sie gehörte zu den gefährlichsten Betrügern ganz Europas. Sie wurde festgenommen und hat zehn Jahre bekommen. Nach einigen Monaten konnten mein Vater und ich nach Italien zurückkehren. Er war aber nicht mehr der selbe. Er wurde viel strenger mit mir und verlangte Bestleistung. Nachts, wenn ich schlief, trank er viel. Das dauerte vier Jahre an, bis er eine neue Frau gefunden hatte, meine Stiefmutter Cecilia. Durch sie wurde mein Vater noch strenger und schickte mich sogar auf ein Internat. Mit sechszehn Jahren durfte ich das Internat verlassen, aber nur, weil wir wegen Vaters Job nach Buenos Aires ziehen mussten. Hier ging ich dann aufs Blake South College, auf eine der besten Schulen der Welt. Mein Vater wollte unbedingt, dass ich, wie er, in Oxford studiere. Ich wollte aber mein Ding machen! Skaten, Musik, einfach das, was mir Spaß macht! Dann bin ich noch mit Camilla zusammen gekommen, meine erste große Liebe... Anderes Thema! Ich war jeden Tag im Roller und lies die Schule immer mehr schweifen, was zu noch größeren Problemen zwischen meinem Vater und Cecilia und mir führte. Am Ende verbaten mir Cecilia und Papá ins Roller zu gehen. Wir stritten uns so heftig wie noch nie. Gastóns Vorschlag, mit ihm zu Ámbar und Nina in die WG zu ziehen, kam gerade recht. Am Tag meines Umzuges tauchte dann meine Mutter wieder auf. Sie wollte, dass ich wieder mit ihr nach Italien komme. Ich erklärte ihr, dass ich nichts mit ihr zu tun haben möchte. Ich ging kurz in unser Haus, um meine letzten Sachen zu holen. Anscheinend ist Mamá ins Haus gegangen, denn ich hörte sie und Papá unten streiten. Diesen Moment nutze Cecilia, um mich im Zimmer einzusperren, damit ich nicht gehen kann. Ab dem Moment wusste ich, dass diese Leute für mich für immer gestorben waren. Ich flüchtete durch mein Zimmerfenster. Zum Glück war ein Baum an meinem Zimmerfenster, an dem ich herunterklettern konnte. Ich rannte, mit meinem Rucksack und zwei Kartons, zur Villa. Ich habe meine Familie nie wieder gesehen und habe es auch nicht vor." Matteo holt tief Luft. "Ich weiß, deine Vergangenheit ist viel schlimmer als meine und du konntest trotzdem drüber sprechen. Ich habe das immer verdrängt. Es tut mir leid, dass ich dir nicht früher von meiner Familie erzählt habe." 

"Das muss dir doch nicht leid tun! Es ist doch klar, dass du nicht gerne darüber sprichst, dass deine Mutter im Gefängnis war und du solchen Stress mit deinem Vater hattest.", sage ich. "Vielen Dank für dein Verständnis, wirklich." Matteo drückt mir einen Kuss auf meine Wange. "Ich bin froh, dass ich dir das endlich erzählt habe.", sagt er. Wir schweigen kurz. "Willst du denn wirklich nie wieder Kontakt zu deiner Familie haben?", frage ich. Matteo schüttelt den Kopf. "Für die Kleine wäre es aber bestimmt schöner, wenn sie ihre Großeltern kennenlernen würde." "Sie hat doch deine Adoptiveltern und Maria und Francisco.", sagt er. "Ich kann dich zu nix zwingen, Matteo.", murmele ich und lege mich hin, die Arme hinterm Kopf verschränkt. 

Matteo legt sich neben mich und legt seine Hand auf meine. "Wann hast du den nächsten Termin bei deiner Frauenärztin?", fragt er. "Am Donnerstag.", antworte ich. "Ich komme auf jeden Fall mit.", sagt er. "Kommt nicht in Frage! Am Samstag ist der Wettbewerb, du darfst das Training jetzt nicht schleifen lassen. Lily kommt mit mir mit, du kannst also unbesorgt sein. Falls ich auf dem Weg umfallen sollte, ist sie da.", sage ich. "Um wie viel Uhr ist der Termin?" "Um elf." "Dann lasse ich nur das Vormittagstraining ausfallen.", sagt er. "Matteo, es geht hier um das Halbfinale. Nur die Top zwei kommen ins Finale, das war letztes Jahr schon eine harte Nummer und dieses Jahr wird es nicht anders sein. Du wirst zum Training gehen." "Ach Luna...", murmelt er. "Was?" "Du wirst niemals aufgeben, oder?", fragt er. Ich schüttele grinsend den Kopf. "Nö! Es ist das Beste für dich, wenn du zum Training gehst. Ich erzähle dir dann auch bis ins letzte Detail von dem Termin.", sage ich. "Na schön, aber beim nächsten Mal komme ich wieder mit! Ich muss mich mit meinen eigenen Augen überzeugen, dass es meiner Prinzessin gut geht." "Du hast doch im Krankenhaus gesehen, dass es unserer Tochter gut geht." "Es kann sich ja immer noch etwas verändern.", sagt er. "Jetzt mach' mir keine Angst!", rufe ich und boxe gegen seinen Arm. "Schon gut, schon gut, tut mir leid.", sagt er. "Vergeben Sie mir noch einmal, Verehrteste?" Ich lächle und senke kurz meinen Kopf, wie so oft, wenn lächle oder ein Kompliment bekomme. "Das letzte Mal, Señor.", antworte ich. "Wie gnädig von Ihnen!", ruft er und drückt einen Kuss auf meinen Handrücken. "Ich bin schon immer gnädig zu Ihnen gewesen, Señor.", sage ich. "Wie? Davon habe ich selten etwas gemerkt!" Matteo grinst. "Dann holen sie sich eine Brille und waschen Sie sich die Ohren!" Ich pruste los und lehne mich lachend gegen Matteos Brust. "Verehrteste, dürfte ich wohl einen Film mit Ihnen gucken und die Zweisamkeit mit Ihnen genießen?", fragt er. "Immer doch!", antworte ich immer noch lachend.

Einige Filme später liegen Matteo und ich im Bett. Matteo hat vorhin für alle Chinesisch bestellt und wir beide haben oben gegessen. Endlich hatten wir mal wieder etwas Zeit zu zweit. Bald wird das nicht mehr so oft möglich sein. 

Ich kuschele mich an Matteos Brust und schließe die Augen. Das letzte, was ich mitbekomme, ist, dass ein Kuss auf meiner Stirn platziert wird. Danach schlafe ich ein...

        

Irgendwie ist es schon krass, was Matteo da erlebt hat, mit seiner Mutter und so, aber irgendwie ist es etwas lahm, im Vergleich zu Lunas Vergangenheit. Was meint ihr dazu?




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