Die Waffe der Meere

KAPITEL X

Piper 

Am nächsten Tag forderte sie die ganze Aphrodite-Hütte dazu auf, mit ihr in der Schwertkampfarena zu trainieren. Trotz des Krieges hatten sie das in letzter Zeit viel zu selten getan. Also schnappten sich alle ihre Schwerter, oder Dolche und machten sich auf den Weg. Nicht wenige ihrer Geschwister verzogen missmutig ihre Gesichter, doch mindestens genauso viele wirkten entschlossen, ihr Camp zu verteidigen- oder eben zu lernen, wie man es verteidigte. Piper hatte ihre Geschwister schon oft beim Training beobachtet und sie sogar selber angeleitet, doch die meisten waren einfach keine Kämpfer. Als Kind der Liebesgöttin musste man das normalerweise auch nicht sein. Aber schwere Zeiten erforderten besondere Maßnahmen.

In der Arena beobachtete sie die Anderen, wie sie sich langsam aufwärmten, ihre Muskulatur lockerten und dehnten. Anschließend zeigte sie ihnen ein paar einfache Übungen, die sie in Zweiergruppen üben konnten.

Es war einer der Momente, in denen Piper mehr als nur froh über die vielen Übungsstunden mit Hazel an Deck der Argo II und später mit Jason und Annabeth im Camp war. Noch nie hatte sie es gemocht, wenn jemand anderes ihre Kämpfe für sie ausfechten musste, sie wollte selber kämpfen und gewinnen. Sie wollte nicht einfach nur nutzlos neben einer Schlacht stehen. Ihre Stimme und göttliche Gabe waren da eine große Hilfe, aber auch der Schwertkampf war wichtig. Es hatte eine lange Zeit gedauert, bis sie sich selbst als Tochter der Aphrodite akzeptiert und über sich selbst hinausgewachsen war. Wenn sie zurückblickte, dann war dieser Augenblick ihr Kampf gegen Chione gewesen.

Dennoch war sie keine Lehrerin. Piper war nicht dafür geschaffen, anderen Menschen beizubringen, wie man sich verteidigte. Aber sie war die Einzige, die ihre Hütte dazu überreden konnte, zu trainieren. Die Kinder der Aphrodite waren keineswegs faul, sie sahen ihre Stärken nur woanders.

Umso mehr freute sie sich, dass ihre Geschwister sie als Kriegerin anerkannten. Als sie das erste Mal mit ihnen trainieren gewesen war, war auf allen Gesichtern skeptische Mienen zu sehen gewesen. Doch dann hatte sie ihnen sehr wirkungsvoll demonstrieren können, wie man die Gaben der Liebesgöttin zusammen mit Klingen einsetzen konnte.

Drew Tanaka beispielsweise, die ebenso wie Piper Charmesprech beherrschte, war eine Meisterin darin, ihre Gegner während dem Kampf zu verführen und dann mit ihren beiden Dolchen zu erstechen. Natürlich hatte sie das noch nie getan- in den Trainingskämpfen war das auch nicht das Ziel. Aber beim Üben gewann sie gegen ihre Partner immer.

Auch heute fiel Piper die dunkelhaarige Halbgöttin sofort auf. Sie übte mit Lacy Lowry.

Lacy war ein absolut liebenswürdiger und toller Mensch, sie hatte Piper von ihrem ersten Tag an nett behandelt. Eine Kämpferin war sie jedoch nicht, zumindest nicht mit dem Schwert. Doch aus der Ferne konnte Piper beobachten, wie Drew ihr geduldig immer wieder die Techniken zeigte.

Piper überraschte das ein wenig. Sie glaubte nicht, Drew zu kennen, aber sie war immer wieder für eine Überraschung gut. An manchen Tagen war sie wirklich unausstehlich, an anderen jedoch erschien sie wie ausgewechselt. Piper konnte sich einfach keinen Reim daraus zu machen. Sie wusste, dass ihre Halbschwester eine schmerzvolle Vergangenheit besaß, doch niemand wusste, welche- und die, die es doch taten, bewahrten Drews Geheimnis.

Langsam ging Piper näher, um Lacy und Drew genauer beobachten zu können. Heute schien einer von Drews guten Tagen zu sein.

In diesem Augenblick schaffte es Lacy, ihrer Schwester den Dolch aus der rechten Hand zu schlagen. Überrascht hielt sie mitten in der Bewegung inne, ungläubig, tatsächlich gesiegt zu haben, riss sie die Augen auf.

Piper klatschte. „Sehr gut, Lacy. Wenn du so weitermachst, dann bist du bald unbesiegbar.", lobte sie. Sie spürte Drews Blick auf sich, doch ignorierte ihn. Nach weiteren Minuten des Beobachtens ging sie weiter.