Kapitel 46

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Lina's Sicht

Leise tappste ich aus dem Badezimmer heraus. Es war bereits dunkel geworden. Ich hatte ziemlich lange dort auf dem Boden gesessen und mich vor ihm versteckt, das konnte nicht ewig so weitergehen. Das Licht von unten erhellte auch den Flur im Obergeschoss ein wenig. Ich ging nochmal ins Wohnzimmer und schaute aus dem Fenster, doch draußen war es mittlerweile stockdunkel. Auf dem Wohnzimmertisch standen noch immer unsere Teetassen. Nicht angerührt und mittlerweile sicherlich eiskalt. Ich musste zu ihm. Leise ging ich die Treppe herunter. Es duftete nach Pizza und bei diesem Geruch bekam ich unwillkürlich Hunger. Langsam ging ich weiter in Richtung Küche. Samu saß dort am Tisch und hatte den Kopf in die Hände gestützt. Vor ihm stand eine leere Flasche Vodka und daneben ein Glas. Ich blieb im Türrahmen stehen und beobachtete ihn eine Weile. Immer wieder raufte er sich mit einer Hand die Haare und schüttelte mit dem Kopf. Dieser Anblick tat mir weh. Was belastete ihn so sehr, sodass er seine Sorgen im Alkohol ertränken musste? Plötzlich blickte er auf und bemerkte mich. Er sah mich an und sein Blick wirkte so verloren und angsterfüllt. Ich konnte diese Situation nicht ertragen.


Samu's Sicht

Jetzt wusste sie wie verzweifelt ich war und gab sich möglicherweise auch noch die Schuld dafür. Als ich sie anschaute lag Angst in ihrem Blick. Ich stand langsam auf und wollte auf sie zugehen, doch noch bevor ich den Tisch umrundet hatte, hatte sie sich umgedreht und lief aus der Küche. "Lina, warte!", rief ich ihr hinterher und folgte ihr schnell. Sie lief die Treppe hoch, durch den langen Flur und wollte sich dann wieder im Badezimmer einschließen, doch diesmal war ich schnell genug um das zu verhindern. Ich musste mit ihr reden. Jetzt.


Lina's Sicht

Ich wusste, dass ich mich nicht schon wieder vor ihm verstecken konnte und eigentlich wollte ich das auch gar nicht, doch diesmal machte mir die Situation Angst. Er wirkte immer so glücklich und so, als könnte nichts und niemand ihm etwas anhaben. War das alles nur Fassade? Hatte er ernsthafte Probleme? "Lina", keuchte er als er hinter mir ins dunkle Badezimmer stürmte. Nur der Mond, der direkt ins Fenster schien, erhellte den Raum ein wenig, sodass ich ihn sehen konnte. Die Tür knallte hinter ihm zu und ich lehnte mich dagegen und schloss die Augen. Als ich sie wieder öffnete bewegte er sich langsam auf mich zu. Er streckte seine Hand nach mir aus, was ich nur mit einem Kopfschütteln beantwortete. In seinem Zustand wollte ich ihn nicht so nah an mich heran lassen. Trotzdem kam er immer näher und blieb nur wenige Zentimeter vor mir stehen. Wir starrten uns an und niemand sagte etwas. Dann hob er seine Hand und streichelte damit sanft über meine Wange. "Lass das, Samu!", flüsterte ich und versuchte dabei möglichst entschlossen zu klingen, doch das gelang mir so gar nicht. Wieder liefen Tränen über meine Wangen. Er schien immer verzweifelter zu werden. Mit der Faust schlug er gegen die Tür und lehnte sich dann mit seinen Armen dagegen. Sein Gesicht war meinem ganz nah. Ich spürte seinen warmen Atem, der nach Alkohol roch und ich versuchte seinem Blick auszuweichen, doch das war nicht möglich. Ich war zwischen seinen Armen gefangen. "Fuck. Es tut mir leid.", flüsterte er und schüttelte den Kopf. "Fuck!", wiederholte er wenige Sekunden später schreiend und schlug wieder mit der Faust gegen die Tür. Was war nur mit ihm los? So kannte ich ihn gar nicht.

You can never be ready / Samu & LinaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt