Kapitel 63

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Samu's Sicht

Mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen, als ich sie nach einer gefühlten Ewigkeit endlich dort auf dieser Bank sitzen sah. Schon aus der Ferne hatte ich dort jemanden sitzen sehen und irgendwas ganz tief in mir sagte mir, dass es Lina war. Ich war froh, sie endlich wieder in den Arm nehmen zu können. Glücklicherweise war sie nicht sauer und sie machte mir auch keine Vorwürfe, obwohl ich das nach meinem bescheuerten Verhalten eigentlich verdient hatte. Wir machten uns dann auf den Weg nach Hause und meine Freude darüber, dass sie endlich wieder bei mir war, war nahezu grenzenlos. Ich würde sie nie wieder einfach so gehen lassen. Nachdem wir wieder in meinem Haus angekommen waren, ging sie in die Küche und ließ sich erschöpft auf einen Stuhl sinken. Sie würde es zwar niemals zugeben, aber ich wusste, dass das alles sie ziemlich mitgenommen hatte. Ich setzte mich ihr gegenüber und sie schenkte mir ein müdes Lächeln. Ich war noch immer so unheimlich sauer auf mich selbst und rief mir erneut in Erinnerung, dass ich sie nicht ständig verletzten durfte, wenn ich wollte, dass sie ein Teil meines Lebens wurde.


Lina's Sicht

Ich ging in die Küche, holte mir ein Glas Wasser und setzte mich dann an den Tisch. Der Abend war anstrengend. Nicht körperlich anstrengend, aber geistig. Mal wieder endete ein Abend mit Samu so dramatisch, emotional und voller Missverständnisse, doch ich war froh hier bei ihm zu sein. Überhaupt war ich froh, dass ich ihn kennengelernt hatte, auch wenn er mein Leben seitdem gewaltig auf den Kopf stellte. "Ich gehe schon mal.", sagte er lächelnd als er sich von seinem Stuhl erhob. Ihm war anzusehen, dass ihn irgendwas beschäftigte. Nur wenige Minuten später folgte ich ihm nach oben. Im Flur brannte Licht, doch Samu war nirgends zu sehen. Als ich das dunkle Wohnzimmer betrat, sah ich, dass die Tür zum Balkon offen stand. Leise bewegte ich mich in diese Richtung und sah ihn, an den großen Tisch gelehnt, in der Kälte stehen. Als er mich bemerkte wurde sein Blick weicher. Ich überwand die wenigen Meter, die uns noch voneinander trennten und er streckte seine Hand nach mir aus. "Samu...deine Hand...", stellte ich erschrocken fest. Seine Fingerknöchel waren blutverschmiert. "Ist nur halb so schlimm. Don't worry.", sagte er und schüttelte den Kopf um mich zu beruhigen, doch ich bestand darauf, mich um seine Verletzung zu kümmern. Wir gingen ins Bad und er zeigte mir, wo er Pflaster und Verbände aufbewahrte. Dann dirigierte ich ihn ins Schlafzimmer und wir setzten uns nebeneinander aufs Bett. Ich desinfizierte die aufgeplatzten Stellen und betrachtete sie dann eine Weile, um sicherzugehen, dass sie nicht mehr bluteten. "Was hast du gemacht?", flüsterte ich und strich dabei sanft über seine verletzte Hand. Er zuckte nur mit den Schultern und antwortete: "Ich war so unendlich wütend auf mich selbst.".


Samu's Sicht

Lina wiederholte immer wieder, dass sie nicht sauer auf mich war und ich war ihr sehr dankbar dafür, doch ich konnte meinen Fehler nicht einfach so vergessen. "Ich geh nochmal kurz raus.", sagte ich und löste meine Hand aus ihrem sanften Griff. Ich brauchte einfach noch einen Moment für mich. Draußen war es kalt, doch die Luft, die durch meine Lunge strömte, tat gut und auch die Kopfschmerzen ließen jetzt langsam nach. Ich schaute in die Dunkelheit und genoss die nächtliche Stille. Nach einigen Minuten hörte ich, dass Lina wieder durchs Wohnzimmer tappste und wenig später streichelte sie sanft über meinen Rücken und lehnte ihren Kopf dagegen. "Was ist los?", fragte sie und als ich mich zu ihr umdrehte, sah ich den besorgten Ausdruck, der auf ihrem Gesicht lag. Eigentlich war ich stets darum bemüht, anderen Menschen gegenüber nicht meine verletzliche Seite zu zeigen, aber seit sie in mein Leben getreten war, hatte sich das irgendwie geändert. Ich ging ein paar Schritte zur Seite und lehnte mich dann mit dem Rücken gegen die kalte Wand. Lina folgte mir und blieb vor mir stehen. "Lina... Ich...ich hab Angst davor, dich zu verletzen. Du bist so ein wundervoller Mensch und ich bin so glücklich darüber, dass du bei mir bist und, dass du mir diese Chance gibst, aber..." - "Pschhht! Mach dir nicht so viele Gedanken. Wir bekommen das gemeinsam hin.", unterbrach sie mich und legte ihre zarten Hände auf meine Brust.

You can never be ready / Samu & LinaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt