Kapitel 9 - Das Dach

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Am nächsten Tag wache ich um die Mittagszeit auf und springe unter die Dusche. Ich ziehe mir wieder meinen schwarzen Body und meine lockere Hose an und kämme meine Haare. Ich laufe runter in den Frühstückssaal, aber dieser ist leicht überfüllt. Ich nehme mir einfach einen Becher Orangensaft und gehe wieder in die Lobby. Im Poolbereich ist für diese Uhrzeit schon eine Menge los, aber dafür habe ich nicht wirklich die Nerven, also schlendere ich durch die Gänge des Hotels und sehe mich ein wenig um. Irgendwann entdecke ich eine Tür, welche zum Dach führt und bemerke, dass hier niemand ist. Ich laufe zur Kante und mache es mir gemütlich. Es ist nicht zu laut, mich nerven keine betrunkenen Leute und man hat einen guten Überblick über die Außenanlage. Ich beobachte die Menschen da unten, und ich komme zu dem Schluss das ich nicht so werden will. Sie kompensieren diese komische Welt mit allem, was das Beach bietet. 

Ich bilde mir ein zu erkennen, wer hier eine Chance hat lange zu überlegen und wer nicht. Bei einigen wenigen kann ich auch sehen oder eher vermuten, was ihre Stärken und Schwächen sind. Ich schließe für einen kurzen Moment die Augen und spüre die Sonne auf meiner Haut. Ich habe ein wenig das Zeitgefühl verloren und versuche zu entspannen. 

"Schon komisch, nicht wahr"

Ich erschrecke mich leicht und drehe mich zu der Stimme um. Chishiya steht da und hat seinen anscheinend für ihn typischen Blick darauf: leicht hochgezogene Augenbrauen, ein leichtes Grinsen und die kühlen Augen. Er trägt eine weißblaue Badehose und seine weiße Weste. Die Hände hat er in den Taschen, doch dieses Mal trägt er die Kapuze der Weste nicht. So kann ich erkennen, dass seine Haare bis leicht über den Nacken reichen und sein Gesicht von zwei weißblonden Strähnen umrahmt ist. Der Reißverschluss ist nur halb geschlossen, weswegen ein Teil seiner Brust freiliegt. 

"Wie sie versuchen das alles zu verdrängen"

"Ja, das ist mir schon aufgefallen", sage ich und schaue wieder nach unten. Chishiya setzt sich neben mich an die Kante und schaut ebenso nach unten. Ich trinke ein wenig von meinem Orangensaft und bin dankbar für die Abkühlung. 

"Dein Spiel war ziemlich in Ordnung"

"Danke", sage ich und sehe zu ihm. Bis jetzt konnte ich sein Gesicht nicht wirklich erkennen, weil er entweder diese Kapuze trug oder zu weit weg war. Aber er ist ziemlich hübsch muss ich zugeben. "Aber ich bin froh, dass ich nicht gegen dich spielen musste"

"Mhm, wieso?", fragt er und nickt ein wenig. Ich kann ihm ansehen, dass er es weiß aber sich ein wenig wundert, dass ich es auch dahinter gekommen bin.

"Ich habe deinen Blick auf die Spieler gesehen. Ich konnte von allen nur eine Schwäche erkennen, aber du hast geschaut, als würdest du jeden ihrer Schritte kennen"

"Stimmt. Du scheinst nicht so dumm wie die meisten hier"

Erst möchte ich etwas erwidern, doch ich erkenne, dass das einfach seine Art zu sein scheint. Sein leicht hochnäsiger Blick, die Art wie er sich bewegt und ich habe ihn mit noch fast niemanden reden sehen.

"Das nehme ich einfach als Kompliment", sage ich einfach damit er nicht denkt, dass ich beleidigt bin. Er schaut nach unten und grinst nur ein wenig. Ich weiß nicht warum, aber ich folge seinem Blick und grinse ebenfalls leicht. 

"Sitzt du sonst immer hier oben und beobachtest die Leute?", versuche ich das Gespräch nach kurzer Stille weiterzuführen. Es ist nicht so, dass es mir unangenehm ist schweigend dazusitzen. Aber ich bin ein wenig neugierig geworden.  

"Manchmal. Ich habe gerne alles im Blick und will ab und zu einfach meine Ruhe"

Meint er, dass ich ihn gerade störe oder ist er einfach nur ehrlich und sagt, wie es ist? Ich sehe wieder zu ihm und versuche etwas in seinem Gesicht zu erkennen, doch ich kann keine einzige Emotion erkennen.

"Ich kann auch wieder gehen wenn ich dich störe"

Er sieht wieder zu mir und macht ein fragendes Geräusch, als wäre er gerade in Gedanken gewesen und hätte meine Frage nicht wirklich mitbekommen.

"Das meinte ich damit nicht"

Ich lächle und nicke leicht, bevor ich wieder nach unten schaue. Ich sehe aus dem Augenwinkel, dass er mich noch einen Moment länger ansieht und dann wieder nach unten blickt. Plötzlich höre ich einen lauten Knall und drehe mich um. Ich stehe auf und laufe neugierig auf die andere Seite des Daches und schaue auf den Platz hinter dem Hotel. Dort stehen drei von dem Militärtrupp und auf dem Boden liegt eine Frau im Bikini. Sie hat mehrere Schusswunden und blutet sehr stark, doch sie scheint schon tot zu sein. Einer der Leute vom Militär lacht und scheint den beiden anderen etwas zu befehlen. Ich erkenne das Hemd wieder und weiß, dass es Niragi sein muss. Die beiden anderen packen die Frau und werfen sie in einen Container, über den eine blaue Plane gespannt ist. Neben mir erscheint Chishiya und betrachtet das ganze unbekümmert. 

"Wie oft passiert sowas hier?"

"Immer häufiger. Der Militärtrupp traut sich immer mehr und Danma hat sie nicht mehr richtig unter Kontrolle"  

Ich frage mich, ob die Frau da unten wirklich gegen eine Regel des Beach verstoßen hat. Dem Militärtrupp scheint das Alles nicht fremd und es scheint ihnen sogar ein wenig Freude zu bereiten. Ich habe genug von dem Anblick und gehe wieder auf die andere Seite des Daches, bleibe aber mit leicht wackligen Beinen stehen. Dieses mal beobachte ich die Menschen und wünsche mir einfach, dass eben nicht mitbekommen zu haben. Ich versuche den Knall aus meinem Kopf zu bekommen und konzentriere mich auf die Musik. Trotz das die Sonne auf uns herunterscheint, habe ich eine leichte Gänsehaut und mir ist ein wenig kalt. Ich streiche mir meine Haare hinters Ohr und schließe für einen Moment die Augen, um tief durchzuatmen. 

"Ich glaub ich geh wieder rein, mir wird hier in der prallen Sonne zu warm", sage ich und steuere die Tür an.

"Bis dann", sagt er immer noch unbekümmert und winkt mir mit seinem typischen Grinsen zum Abschied. 

Alice in BorderlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt