Meine Augen gewöhnen sich nach kurzer Zeit an das Deckenlicht der dunklen Röhren und ich blinzele absichtlich verstärkt, um mich zu fangen und den Raum in Augenschein nehmen zu können. Das erste was ich bemerke ist, dass es ein wirklich seltsamer Raum ist. Zu meiner Rechten ist die Wand in einem verblassten Rosa gestrichen und ich erkenne sowohl ein Puppenhaus mit unzähligen alten Puppen, als auch ein hölzernes Bett mit Kinderbettbezügen. Die linke Seite ist tapeziert mit Postern unterschiedlichster Themengestaltung: Popstars sowohl der 90er als auch aktuelle, Sternenkarten, Gutscheinheftseiten, Polaroidfotos, Vokalübersetzungen in Fremdsprachen und einzelner Wikipedia-Ausdrucken von unterschiedlichen Seiten. Ich drehe mich um meine eigene Achse und realisiere Bücherregale und Schränke, bevor ich zusammenzucke und etwas ins Visier nehme. Reaktionsbedingt schnappe ich Katsu's weißes Hemd und ziehe ihm am Saum im Rücken zurück zu mir.
Überrascht sieht er zu mir, doch mein Blick haftet an der Gestalt, welche in dem Stuhl in der Ecke sitzt. Es ist ein Mann, nach seiner Statur her in einem gesunden Alter mit der Größe von mindestens eins neunzig. Er hat seelenruhig Platz genommen in dem staubigen Stuhl und bewegt keinen Muskel, sodass es wirkt, als wäre er eine Schaufensterpuppe. Er trägt eine verzerrte Maske über seinem Gesicht und sitzt still da, doch ich erkenne eine verdreckte, stumpfe Klinge in seiner Hand. An seinem Bauch erkenne ich eine dicke Stahlkette, welche streng zu einem Mechanismus in der Wand führt.
Ich wende meinen Blick ab und meine Gedanken scheinen die neu gefundenen Informationen langsam zusammenzufügen. Wir brauchen einen bestimmten Schlüssel welcher versteckt ist, um aus dem Raum herauszukommen. Das Spiel heißt Rätzel, wir müssen also Hinweisen folgen um unsere Freiheit zu erkämpfen und das Spiel zu gewinnen. Mit erhöhtem Pulsschlag lasse ich den Saum des T-Shirts von Katsu los und fokussiere den angeketteten Mann. Vorsichtig mache ich einen Schritt nach dem anderen und während ich versuche den Gesichtsausdruck hinter der Maske erkennen zu können, trete ich immer näher. Er rührt keinen Muskel und spannt die Kette nicht, scheinbar hält sie ihn zurück. Ein Piepen hinter mir erregt meine Aufmerksamkeit und ruckartig reiße ich meinen Kopf in diese Richtung.
Es ist eine kleine, fast schon unscheinbare Lampe, die rot aufleuchtet. Ich halte mir kurz die Ohren zu, da der schrille Ton fast mein Trommelfell zum platzen bringt und stolpere wenige Schritte nach hinten. Direkt neben der Leuchte erscheinen vier Zahlen, die die Zeit an sagen. Wir haben 15 Minuten, um aus diesem Raum raus zu kommen, ansonsten sterben wir. Von den Eindrücken überhäuft stolpere ich noch einen Schritt nach hinten und bevor ich es überhaupt merken kann, mache ich noch einen ungeschickten Schritt und bemerke was ich gerade getan habe. Panisch schaue ich zu dem Mann mit der Maske, doch im selben Moment legt sich ein Arm um meine Hüfte und zieht mich ruckartig nach hinten.
Sobald meine Füße wieder den Boden berühren, drehe ich mich um und erkenne Katsu, welcher die Situation anscheinend schneller erfasst hat als ich. Schon fast verängstigt sehe ich wieder zu dem maskierten Mann, der sein Messer in der Hand spielerisch dreht und trotz der Maske erkenne ich das sadistische Grinsen. Die Räder in meinem Kopf scheinen zu arbeiten, wenn man ihm zu nahe kommt stirbt man. Er hat ein Messer in der Hand, nicht ohne Grund und ich erkenne einen kleinen Lichtschein in seiner Hosentasche, welches von einem Handy kommen muss. Das bedeutet er ist auch ein Spieler, doch er hat eine andere Aufgabe als wir. Er kennt diesen Raum, er weiß wie wir hier rauskommen. Die Schwierigkeit besteht da drin, dass er uns töten muss bevor wir hier rauskommen. Vermutlich weiß er, wo sich der Schlüssel für die Tür befindet. Vielleicht könnte man es an seinem Blick erkennen wo der Schlüssel ist, doch die Maske über seinem Gesicht macht es sehr schwer, ihn zu analysieren. Wieder drehe ich mich zu der rosa gefärbten Wand und nehme alles in Augenschein.
Ich bleibe an diesem Platz stehen und merke erst später, dass Katsus Hand noch an meiner Hüfte liegt. Die anderen Teilnehmer, die nicht zum Beach gehören scheinen die Aufgabe schneller zu verinnerlichen und drehen jeden Hinweis, jedes Möbelstück auf den Kopf. Niragi sieht noch einen Moment zu uns und nickt. Ich tue es ihm gleich, um zu verstehen zu geben ob es mir gut geht. Unbeholfen nicke ich leicht und knalle mich um bewusster fester an seinen Ring. Wie gerne hätte ich jetzt Chishiyas schwarzen Gummiball in meiner Hand, aber es ist mein eigener Fehler ihn vergessen zu haben. Ich hätte es mir denken können, jedes Mal in den Spielen bringt er mich herunter. Nicht nur dieser Gummiball, schon bevor ich das Beach betreten habe hatte ich einen rosa Gummiball, den ich vor den Spielen benutzt habe um mich zu beruhigen.
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Alice in Borderland
FanfictionArakida Sayuuri wacht in Tokyo auf und kann keine Menschenseele entdecken. Sie begreift schnell die Spielregeln des Borderlands und schlägt sich immer gerade so durch, bis sie zum "Beach" gelangt. Und da scheinen ihre Probleme erst richtig los zu ge...