Kapitel 139 - Wortlose Kommunikation

1.8K 97 9
                                    

Arisu' s Sicht

Nervös wippe ich mit dem Bein und kralle meine abgefertigten Fingernägel in den Stoff meines türkisen Shirts. Zu einem Spielort aufzubrechen ist Folter: Der Druck sich dem Spiel und den Teilnehmern anzupassen, das Schweigen während die Luft sich mit Spannung auflädt, die Erinnerung an das Herzspiel und meine Freunde....

Karube und Chota, ich kann kaum an ihre Namen denken, ohne dass sich ein schmerzhaftes Ziehen in meiner Brust ausbreitet. Interessant, wie Schmerz sich manchmal dumpf in das Herz schleicht und einen betäubt, oder er einem den Atem und Verstand raubt. Ich werde dieses Borderland meistern und die Verantwortlichen finden, ich werde überleben, für sie!

Gefasster laufe ich los und folge den Lichtreklamen an dem Gebäude, eine große Lagerhalle in einem Industriegebiet der äußeren Bezirke. Die fensterlosen Betonwände geben keinen Aufschluss darauf, was für eine Art Spiel vorbereitet wurde. Wir sind blind dafür, wie es im Inneren aussehen könnte:

Möglicherweise Metallregale, welche bis unter die Decke reichen und Wasserpumpen beinhalten. Vielleicht auch aktive Baumaschinen, laufende Fließbänder oder einfach nur ein leerer, staubbedeckter Boden.

Ich gelange in den Wartebereich und sehe mich kurz um, wobei meine Augen einige Sekunden länger bei Niragi und Chishiya hängen bleiben. Sie haben mir erklärt, dass meistens entschieden wird zu unterschiedlichen Zeiten an den Spielort zu laufen. Für die anderen Teilnehmer wirkt es dann, als seien wir alle uns unbekannt und dass könnte in gewissen Spielen von Vorteil sein, in denen wir verdeckt zusammen arbeiten können beispielsweise. Die beiden Männer sind vorgegangen, um sich einen Überblick schaffen zu können und nun stehen sie mit den Registrierungs-Handys an unterschiedlichen Positionen. Während der Scharfschütze sein Gewehr schultert und wachsam auf die anderen Menschen herabblickt, lehnt der Mann in der weißen Weste mit verschränkten Armen an der Wand und hält seinen Blick gesenkt, wenn auch seine Augen manchmal einen Anwesenden ins Visier nehmen und mustern.

Ich nehme mir eines der bereitliegenden Mobiltelefone auf dem auffällig deplatzierten Tisch in der Mitte des Wartebereiches und beobachte, wie die Gesichtserkennung automatisch anschaltet. Aus Reflex stelle ich mich an den Punkt, welcher zwischen den beiden liegt und doch am weitesten von ihnen entfernt ist.

Die Registrierung wird in wenigen Minuten geschlossen, sodass keine Menschen mehr an diesem Spiel teilnehmen können. Auf der aalglatten Oberfläche des Tisches liegen noch drei Handys, was nach einem Blick durch den Wartebereich die Spieleranzahl beschränkt auf exakt fünfzehn Teilnehmer. Kurz nach meinem Erscheinen betritt eine Frau den Bereich und tritt hinter die Laserschranke. Durch sie, als einzige Frau wohlbemerkt, bleiben nur noch zwei freie Plätze. Alle Teilnehmer mustern die anderen und ein Zweierteam unterhält sich auf mittlerer Lautstärke, ebenso wie eine Gruppe von vier Personen. Es sind also keine neuen Menschen im Borderland dabei, alles erfahrene Spieler.

Leise Schritte wahrnehmend sehe ich zu der Laserschranke und zu der jungen Frau, welche auf den Tisch zuläuft und nachdenklich auf die beiden Handys hinabsieht. Sayuuri sucht sich nach einer kurzen Zeit das Handy mit der weißen Handyhülle aus und stellt sich mir gegenüber zwischen Niragi und Chishiya. Mit einem leichten Lächeln mustert sie im Schnelldurchlauf die Teilnehmer und macht keinen Hehl aus ihren offensichtlichen Bemerkungen. Einer der Männer neben dem Scharfschützen beginnt sie mit skeptisch zusammengezogenen Augenbrauen zu beobachten.

Aufmerksam stelle ich fest, dass der Mann sich entspannt und sich auf die anderen Anwesenden konzentriert, als sie ihren schwarzen Gummiball heraus kramt und beginnt, ihn auf den Boden hüpfen zu lassen. Diese gleichgültige und für mich gleichzeitig abschreckende Wirkung betrifft demnach auch andere Spieler. Ich lasse meinen Blick zu einem relativ jungen Mann um die fünfundzwanzig schweifen, welcher die Frau in dem Cheerleaderkostüm ansieht, als würde sie nicht alle Tassen im Schrank haben und sowieso sterben.

Alice in BorderlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt