Alice in Borderland

Kapitel 131 - Wie die Könige fallen II

„Ah, jetzt stimmen plötzlich alle mit ‚Ja' ", seufzt Niragi genüsslich und läuft mit langsamen Schritten selbstsicher wieder an die Seite von Aguni, „Dann ist also entschieden wer der neue Anführer ist."

Meine Augen schwenken zu Chishiya, welcher den Blick erwidert und kaum merklich nickt. Das Machtgleichgewicht zwischen Militärtrupp und neutralen Führungsmitgliedern ist gestört, der Hutmacher ist tot und Aguni der neue König des Beach. Die Gorillas des Militärtrupps werden sich ab dieser Sekunde alles erlauben lassen können, jetzt wo der Hutmacher sie nicht mehr zurückhalten kann. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis hier alles implodiert und der kurze Blick zu Chishiya zeigt mir, dass er seinen Plan bald umsetzen möchte, oder schon längst dabei ist.

„Der Hutmacher akzeptiert das aber nicht! Wäre er am Leben, würde er das nicht durchgehen lassen", protestiert Mira kleinlaut, dennoch hebt sie leicht gefasst den Blick und starrt stur gerade aus. Niragi lacht laut auf, was mich ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen betrachten lässt und schlendernd nähert er sich mit spielerischen Ausfallschritten dem Leichnam des Hutmacher.

„Er ist aber nicht am Leben", kontert Niragi mit aufgerissenen Augen und plötzlich schlägt er mit dem Rücklauf seines Gewehres einmal gegen den Kopf des Hutmachers. Erstarrt sehe ich zu dem zur Seite gekehrtem Gesicht des Hutmachers und spanne meinen Kiefer an. Der Hutmacher hat das Beach gegründet, zwar mit seinen Fehlern aber es hat vielen Menschen Zeit im Borderland geschenkt, indem wir bei den Spielen zusammenarbeiten. Auch wenn manche seiner Methoden fragwürdig waren, hat er das nicht verdient. Nicht im Leben und jetzt auch nicht im Tod. „Die Toten haben keine Ahnung, was hier vor sich geht. Seht ihr, seht ihr?"

Niragi schlägt erneut auf den Kopf des Leichnams ein und ich senke meine Augen um meinen Blick abzuwenden. Ich kann das einfach nicht mit ansehen, mich nicht dazu bringen dem Geschehen zu folgen. Niragi zu sehen, welcher auf irgendeine Weise ein Vertrauter ist und den leblosen Körper des Hutmachers, mit welchem ich mich gerne ab und zu unterhalten habe. Der schwarzhaarige Scharfschütze erniedrigt Danma, nicht nur indem er auf seinen Körper einprügelt, sondern indem er ihn machtlos wirken lässt. Der ehemalige König des Beach, wehrlos und gedemütigt durch die Hiebe. Ich kann nur die stumpfen Aufpralle des Gewehrlaufes auf seiner Stirn hören und unbewusst zähle ich sie. Fünf. Fünf Schläge und die entsetzten Geräusche der anderen Anwesenden. Nach einer kurzen Pause höre ich, wie Niragi verächtlich spuckt und brauche meinen Blick nicht zu heben, um zu erkennen wohin diese Respektlosigkeit gewidmet war. In das Gesicht des Hutmachers.

„Es reicht", unterbricht Aguni mit strenger Stimme seinen Handlanger und meldet sich zum ersten Mal wirklich zu Wort. Er kehrt dem auf einem weißen Laken gebetteten Leichnam seinen Rücken zu und bleibt so auch zu uns anderen mit der Hinterseite stehen. Er unterbricht das barbarische tun von Niragi und sieht nicht länger dabei zu, er wirkt stark vor uns anderen aber dennoch denke ich dahinter steht mehr. Immer schon habe ich vermutet, die beiden teilen eine besondere Beziehung miteinander. Diese Geste ist so versteckt und dennoch vertraut. „Von heute an bin ich der neue König hier."

Niragi stellt sich neben seinen Boss und dreht sich zu uns um, lacht kurz auf und beginnt mit locker geschultertem Gewehr zu klatschen. Geplant zieht er die Intervalle seiner aufeinander treffenden Hände belustigt aufeinander und seine Augen blitzen jeden Anwesenden kurz an.

„Ist das nicht wundervoll. Okay Boss, jetzt fehlt nur noch die Zeremonie. Es wird Zeit den schwarzen Umschlag zu öffnen", sagt er freudig und Aguni nickt sachte.

„Hast du da nicht noch was vergessen?", fragt der neue König emotionslos und Niragi bekommt ein Grinsen, wie als würde er nur auf diese Vorlage gewartet haben. Er breitet die Arme aus um alle Augen auf sich zu ziehen, wie als würde nicht schon die ganze Aufmerksamkeit schon auf den beiden liegen.