Alice in Borderland

Kapitel 123 - (Update)

In Kaltschweiß gebadet und mit rasendem Herzschlag schrecke ich aus meinem Traum auf und schlage die Bettdecke zurück. Ich brauche einen Moment mich zu sammeln und fahre mir mit unruhigen Händen durch die Haare. Verdammt, wir leben schon in einer Art Alptraum in dem wir an Spielen teilnehmen, die dazu ausgelegt sind uns zu töten. Warum war ich nur der Annahme, dass man uns wenigstens einen ruhigen Schlaf gönnt?

Obwohl ich das Fenster über die Nacht einen Spalt weit offen stehen gelassen habe, hat sich ein unangenehmer Schweißfilm auf meinem ganzen Körper gebildet und ich schließe meine Augen, um meinen Traum einigermaßen ruhig verarbeiten zu können. Doch jede Sekunde die ich mit angezogenen Knien in dem Bett sitzen bleibe, werde ich immer unruhiger und nervöser.

Verwirrt  sehe ich zu dem Wecker auf meinem Nachttisch  und stelle fest, dass der Mittag noch nicht angebrochen ist. Seufzend steige aus dem Bett, um meinen Hormonhaushalt in Gang zu bringen und die Gedanken abzuschütteln.

Ich mache mich kurz im Badezimmer frisch, putze die Zähne gründlich und kämme meine Haare. Eine Minute spiele ich mit dem Gedanken unter die Dusche zu springen, aber entscheide mich schnell dagegen und beschließe das Hotelzimmer zu verlassen.

Nach einem kleinen Abstecher in den Frühstücksraum steuere ich die Poolanlage an, welche um diese Uhrzeit wie leergefegt erscheint. Ich nehme mir im Vorbeigehen eine der zusammengefalteten Decken von der selbstgebauten, provisorischen Lounge des Militärtrupps und mache es mir auf einer der sauberen Sitzliegen gemütlich.

In Gedanken versunken nippe ich an meinem Glas und starre auf einen beliebigen Punkt in meiner Umgebung. Es ist nicht so, dass ich mich wegen meines Traumes schlecht fühle oder traurig. Es ist eher so als würde ein gedämpftes Gefühl tumorartig in meiner Brust Platz nehmen und sich Millimeter für Millimeter ausbreiten. Ich habe dieses Gefühl lange nicht mehr bei den Spielen bewusst wahrgenommen, seltsam.

Etwas bewegt sich in meinem peripheren Sichtfeld und ich reagiere automatisch, indem ich die Frau beobachte welche auf mich zukommt. Mit verschränkten Armen bleibt sie vor mir stehen und sieht mit ihrem üblichen, normalem Ausdruck zu mir herunter.

"Trinken so früh am Morgen, was ist passiert?", fragt Ann mich und ich schmunzele leicht.

"Das ist Kräutertee", sage ich wahrheitsgemäß, "Der Küchendienst heute morgen wollte wahrscheinlich früh wieder ins Bett, denn alle Tassen hatten einen Kaffeerand, deshalb habe ich mir ein unbenutztes Glas genommen"

"Trotzdem warst du in Gedanken versunken. Ich wollte in die Sauna, kommst du mit?"

"Das Hotel hat eine Sauna?", frage ich belustigt und sehe sie ungläubig an, "Ist nicht wirklich mein Ding"

"Die Sauna ist Geschlechtergetrennt und um diese Uhrzeit ist nie jemand dort. Schließlich kommen alle in den nächsten zwanzig Minuten langsam hier raus", erklärt sie und ich lenke ein.

"Klingt plötzlich verlockend, ich komme mit"

Ich trinke mein Glas kalten Kräutertee schnell aus und folge ihr dann in das Innere des Hotels. Zusammen laufen wir die Treppen herunter in den Wellnessbereich und ich muss zugeben, ich war noch kein einziges Mal hier unten. Hinter dem Bereich des Hauptdurchganges befindet sich ein kleiner Whirlpool und ich entdecke dahinter die Umkleidekabinen. Ann nimmt sich von einem Stapel offensichtlich sauberer Handtücher zwei Stück und drückt mir eines in der Hand. Ohne ein weiteres Wort verschwindet sie in einer der Kabinen und ich tue es ihr gleich.

Schnell habe ich mich meiner Kleidung entledigt und lege sie sorgfältig zusammen, bevor mein Blick in dem kleinen, verstaubten Spiegel hängen bleibt. Instinktiv fahre ich mit meiner Hand über die blaugeschwollene Stelle und versuche unter dem leichten Druck nicht zusammenzuzucken. Ein unförmiger, blau-lila Fleck hat sich knapp über der mehrmals zugenähten Haibisswunde gebildet und sieht so aus, als würde langsam der Heilprozess einsetzen. Augenverdrehend binde ich mir das Handtuch um den Körper und trete nach draußen.