Ich weiß nicht genau wie lange ich schon im Sand liege, aber ich schätze zwei Stunden. Der andere Teilnehmer hat ebenfalls überlebt und ist schon längst gegangen, ich bin froh dass er mich einfach hier liegen gelassen hat. Ich bekomme wieder Gefühl in meinen Händen und beschließe dass es Zeit ist wieder zum Hotel zu fahren. Ich nehme mir die Spielkarte und laufe zu dem Auto, mit dem wir hergekommen sind. Die Schlüssel stecken noch und der Motor springt sofort an. Mit immer noch zittrigen Beinen drücke ich auf das Gas und fahre dreißig Minuten, bis ich auf dem Parkplatz des Beach ankomme und den Wagen irgendwo unachtsam abstelle. Ich nehme die Spielkarte und laufe völlig leer mit meinen Gefühlen die Treppen zum Eingangsbereich hoch. Die Karte drücke ich ohne Blickkontakt dem Hutmacher in die Hand und steuere mein Zimmer an. Ich spüre die vielen Blicke auf mir was auch kein Wunder ist: Ich muss furchtbar aussehen. Meine Kleidung ist nass und klebt an meiner Haut. Ich bin voller Sand und meine Haare sind von dem Salzwasser am Ansatz ausgetrocknet. Mein Oberteil ist zerrissen und an der Seite läuft das Blut aus der Wunde.
Ann läuft zu mir und sagt irgendetwas, doch ich kann kein einziges Wort verstehen. Ich nicke nur und lasse mich von ihr zu meinem Zimmer führen. Sie säubert die Wunde und ich erkenne nur die Morphiumspritze in ihrer Hand, aber ich schüttele nur den Kopf. Ich möchte auf keinen Fall müde werden und einschlafen, alleine der Gedanke an meine Alpträume lässt mich zusammenzucken. Ich scheine unter Schock zu stehen, denn ich bekomme nicht wirklich mit, wie Ann die Wunde zunäht. Sie scheint mitzubekommen, dass ich nicht bei mir bin und tätschelt kurz meine Schulter, bevor sie mich alleine lässt.
Ich springe kurz unter die Dusche, nur um den Sand von mir zu bekommen und ziehe mir meinen Bikini und die lockere Hose an. Ich nehme mir ein Glas Whisky und stelle mich vor das Fenster. Vorher habe ich den Ausblick auf das Meer kritisch betrachtet, jetzt sehe ich es voller Hass an. Meine Augen sind rot und brennen von den vielen Tränen, doch ich kann meinen Blick einfach nicht abwenden. Bis sich eine Hand um meinen Arm legt und ich mich zu der Person umdrehe. Ich erwarte, dass es Ann ist und setze ein Lächeln auf. Doch sobald ich die weißblonden Haare und die dunklen Augen erkenne wird mein Lächeln brüchig. Ich weiche seinem Blick aus, doch er zieht mich von sich aus in eine Umarmung und ich zögere einen Moment, ich schlinge meine Arme um ihn und neue Tränen bahnen sich ihren Weg. Ich verabscheue den Gedanken vor ihm schwach zu wirken, aber ich kann mich einfach nicht mehr zusammenreißen.
Nach einer Weile löse ich mich von ihm und wische mir schnell über die Wangen, bevor ich ihn dankbar anlächele. Er grinst nur leicht und sieht mir direkt in die Augen, bis seine Aufmerksamkeit auf meinen Arm gelenkt wird. Chishiya nimmt ihn und betrachtet die Kratzspuren mit fragendem Gesichtsausdruck. Er läuft zu der Tasche, die Ann dagelassen hat und kramt einen Verband heraus.
"Ich wollte einer Frau helfen, aber als der Hai sie in zwei... naja ihre Hände haben sich verkrampft und ich konnte sie nur schwer loskriegen", erkläre ich müde während er meinen Arm verbindet.
"Das nächste Mal spielen wir zusammen", sagt er nur und ich lege mein Kopf ein wenig schräg.
"Habt ihr die Einteilungen so weit im Voraus gemacht?"
"Nein, aber ich sorge dafür. Du hast die schlechte Angewohnheit entwickelt dich immer zu verletzten wenn wir nicht zusammen spielen"
"Vielleicht will ich einfach nur mehr Zeit mit dir verbringen", scherze ich und nachdem er mich einen Moment lang stumm ansieht, grinst er leicht.
"Dann hättest du das einfach nur sagen müssen", sagt er trocken, doch ich kann erkennen, dass er ein Grinsen zurückhält. Ich bedanke mich dafür, dass er meinen Arm verbunden hat, auch wenn ich das nicht für nötig befunden habe. Ich kann nicht anders als leicht zu Lächeln, doch mein Blick gleitet an ihm vorbei auf das Meer. Mir fährt ein Schauer über den Rücken und mein Lächeln flacht ab. Meine Gedanken gehen zurück zu dem Felsen und wie schwach ich war. Ich hatte keine Kontrolle über meinen Körper und habe anders reagiert als jemals in einem Spiel. Geschrien und geweint habe ich wie ein kleines verängstigtes Kind.
"Was ist passiert?", reißt mich Chishiyas Stimme aus den Gedanken und ich sehe ihn fragend an, "Nicht einmal nach deinem Pik 10 Spiel warst du so neben der Spur"
"Das ist es ja. Für mich war es kein Pik-Spiel"
Er nickt nur verständlich und ich kann nicht verhindern, dass sich eine weitere Träne ihren Weg bahnt. Ich schüttele nur meinen Kopf, weil ich mich dumm fühle vor Chishiya zu weinen. Ich möchte die Träne wegwichen, doch er kommt mir zuvor. Er grinst nur schwach, sonst ist seine Miene ziemlich undurchsichtig für mich. Sobald seine Finger meine Wange berühren bildet sich eine Gänsehaut an meinen Armen und ich erstarre leicht. Er lässt seine Hand eine Sekunde länger an meiner Wange, doch sie geht viel zu schnell vorbei. Er nickt nur leicht und lässt seinen Arm wieder sinken.
"Soll ich heute hier schlafen?"
Tausendmal ja. Aber ihm das direkt sagen fühlt sich nicht richtig an. Natürlich kann er an meinem Grinsen erkennen, was meine Antwort sein wird doch so einfach gebe ich mich nicht geschlagen.
"Ich finde in nächste Zeit sollte jeder in seinem eigenen Bett schlafen", äffe ich ernst Chishiyas Worte nach. Anstatt zu lachen und es dabei zu belassen, nickt er nur und dreht sich zum gehen um. Ich sehe ihn nur verwundert an und schnappe mir seine Hand. Er dreht sich grinsend wieder zu mir und scheint diese Reaktion absichtlich hervorgerufen zu haben. Ich schüttele nur lachend den Kopf und ziehe ihn wieder leicht in mein Zimmer.
"Ich ziehe mir nur was gemütliches an", sage ich und laufe zu einem der Sessel auf dem ein schwarzes Shirt liegt. Chishiya dreht sich aus Höflichkeit weg, doch ich bemerke wie sein Blick flüchtig an der Haibisswunde hängen bleibt. Ich ziehe das schwarze Shirt einfach über und ziehe danach meine Hose aus, wobei er wieder wegsieht. Ich krabbele schonmal in das Bett, doch als Chishiya nur breit grinst sehe ich ihn fragend an.
"Ich wusste so schnell sehe ich mein Shirt nicht wieder", sagt er und ich sehe an mir herunter. Verlegen kratze ich mir am Hinterkopf und grinse dümmlich, was ihn zu amüsieren scheint. Doch er setzt sich in Bewegung und legt sich auf den Platz neben mir. Ich kann immer noch nicht glauben, wie sehr er mich beruhigt alleine mit seiner Anwesenheit. Dieses Mal benutze ich seine Schulter absichtlich als Kissen, doch ihn scheint es nicht zu stören. Im Gegenteil, er lehnt sein Kinn auf meinen Hinterkopf und atmet entspannt aus.
Mich im Borderland zu verlieben ist entweder das Dümmste oder das Beste was mir je passieren konnte.
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Alice in Borderland
FanfictionArakida Sayuuri wacht in Tokyo auf und kann keine Menschenseele entdecken. Sie begreift schnell die Spielregeln des Borderlands und schlägt sich immer gerade so durch, bis sie zum "Beach" gelangt. Und da scheinen ihre Probleme erst richtig los zu ge...