Charlies Sicht
Ich befolgte die Anweisung und ging zum Eingang wo ich die Karte vorzeigte.
Der Mann an der Tür straffte sich, lächelte und wies mir galant den Weg.
„Kommen Sie bitte mit. Ich bringe Sie zu ihrem Platz".
Ich wunderte mich, denn das war neu für mich. Immer weiter Richtung Bühne ging es. Direkt vor der Bühne, Reihe 1 Platz 1 blieb er stehen.
„Hier ist ihr Platz. Viel Vergnügen" lächelte er und ging.
Es war noch alles leer. Es war noch kein offizieller Einlass. Techniker wuselten noch herum für letzte Handgriffe. Mit großen Augen sah ich mich um. Ich hatte schon andere Shows erlebt aber irgendwas war völlig neu für mich. In der Luft lag ein Hauch von Magie.
?:„Hast ja Deinen Platz gefunden" sprach mich plötzlich jemand an.
Die Stimme kam mir sehr bekannt vor. Ich drehte mich um
Vor mir auf der Bühne hockte Andreas und lachte mich an.
„Oh Hey Andreas. Ja danke nochmal. Ich kann das noch gar nicht alle glauben. Ich habe immernoch Angst, dass gleich mein Wecker klingelt. Als ich die Karte vorzeigte, war es als wenn draufstehen würde „Gäste vom Chef".
Andreas:„Dann schau doch mal, was da drauf steht".
Ich holte die Karte wieder heraus und sah drauf: VIP Gast.
Bevor ich was sagen konnte, sprach Andreas schon weiter.
„Achso, bevor ich es vergesse. Das hier ist auch noch für Dich. Dann wird es später einfacher Backstage zu kommen" sagte er und mit einer magischen Handbewegung hielt er plötzlich einen Backstageausweis in der Hand und reichte ihn mir. Ich nahm ihn entgegen, sah ihn mir an und hängte ihn mir mit einem breiten Lächeln um.
„Alles klar Security. Wir sehen uns später ok?"
Ich grinste und nickte.
„Danke noch mal für alles".
Andreas legte seine rechte Hand an die Stelle seines Herzens, winkte noch mal und verschwand hinter dem Vorhang.
Zum ersten Mal erlebte ich alles Live. Ich konnte mit anderen staunen, lachen und mich freuen.
Dann begann der Einlass. Es wurde laut. Viele Stimmen, Lachen. Aus allen Eingangen strömenten Besucher, Familien mit Kindern und Fans herein um einen magischen Nachmittag zu erleben. Und ich war eine davon.
Pünktlich begann die Show. Beim Countdown bekam ich feuchte Augen. Ich freute mich so dermaßen, dass ich die Chance hatte dabei zu sein. Ich musste über mich selber lachen, weil ich so nah am Wasser gebaut bin und meistens anfange zu heulen, wenn ich mich über etwas freue oder etwas toll finde. Klingt doof ist aber so.
Dann war der große Augenblick da und sie standen keine 10 Meter von mir entfernt und ließen sich feiern. Die Halle tobte vor Freude.
Ein paar Nummern kannte ich, da sie aus dem letzten Programm übernommen wurden.
Mir fiel auf, dass Andreas des öfteren zu mir sah.
Dann kam ein Moment, wo er nach einer Assistentin suchte. Er ging von der Bühne, sah sich kurz um und kam dann zu mir.
Andreas:„Wer bist denn Du?"
„Charlie".
Andreas:„Dann komm mal mit Charlie" sagte er, nahm mich an die Hand und lief mit mir zur Mittelbühne. Als er meine Hand nahm, bekam ich eine Mega Gänsehaut.
Eine Nummer zu sehen, war eine Sache aber Teil einer Nummer zu sein, eine ganz andere. Zumal Andreas ganz dicht bei mir stand. Mein Herz hämmerte in meiner Brust.
Als er seinen Arm um mich legte, spürte ich wie meine Knie weich wurden. Meine Aufregung war nicht in Worte zu fassen. Ich machte mit Andreas tatsächlich die Nummer mit den zwei gleichlangen Seilen. Meine Lieblingsillusion.
Als die Schere ihren Geist aufgab, guckte Andreas ganz verdattert darauf,sah dann mich an.
Andreas:„Charlie warst du mal die Assistentin von Uri Geller?"
Ich schüttelte den Kopf.
„Nein von David Copperfield".
Andreas schmiss sich weg vor Lachen und verlor für einen Augenblick den Faden.
„Das war mein Gag!!" lachte er.
Bei der Aufforderung, meine Hand auf die Mitte des Seils zu legen, legte ich meine Hand behutsam auf das Seil, ohne ihm an den Hintern zu greifen, wie es sonst gerne gemacht wurde. Verdutzt sah Andreas mich an, denn das war ganz neu für ihn.
Beim Ende kam Chris wieder dazu und wollte sich auch ein Küsschen von mir abholen, was aber gekonnt von Andreas verhindert wurde. Kurz trafen sich unsere Blicke. Wow auch Chris sah gut aus.
Chris:„Da isse wieder weg" sagte er traurig und sah mir nach, während er eine Schnute zog.
Andreas:„Na bei den Klamotten würde jede weglaufen. Bruder ich dachte wir wären uns einig gewesen, dass Du dir was vernünftiges anziehst".
Chris sah sich an.
Chris:„Wieso was ist denn verkehrt daran?"
Andreas:„ Hast Du dich mal angeguckt? Du siehst aus wie die Verpackung von einer Roche Kugel!"
Chris:„Eyh Chill mal. Das ist derbe nice! Von einem Designer hier aus Bremen" antwortete er gespielt empört.
Andreas schüttelte nur den Kopf und ging.
Andreas:„Ziehst dich an wie ein Goldbarren, bist aber völlig wertlos.Tse".
Ich schmiss mich vor Lachen fast weg, was Andreas mitbekam.
Andreas:„Ja Du lachst. Aber das macht der ständig".
Ich genoss es. Endlich mal frei von Gedanken an die Arbeit nur genießen und Spaß haben. Mich entführen lassen aus meiner grauen tristen Alltagswelt.
In der Pause kam ein junger Mann zu mir.
Manuel:„Du bist Charlie richtig? Ich bin Manuel. Nach der Show gehst du bitte da vorne durch den Ausgang, dann links bis es nicht mehr weitergeht. Dort hole ich dich ab ok?"
Ich nickte.
„Alles klar. Ich freue mich".
Die zweite Hälfte verging wie im Flug.
Schweißausbrüche wegen der vielen Pyrotechnik, die ordentlich Hitze machte, tief fliegenden Hämmern und Ziegelsteinen, sowie einem sprechenden Kamel namens Alexandrio, das total auf Flirtkurs war, gab es noch diverse Highlights.
Erst als Andreas und Chris es in der Halle schneien ließen, fing ich endgültig an zu weinen.
Andreas blickte beim Schluss zu mir und entdeckte die Tränen, die mir über die Wange liefen. Er griff in seine Jackentasche, holte ein weißes Stofftaschentuch heraus und reichte es mir.
Dann war es vorbei. Alle strömten raus, nur ich blieb kurz sitzen. Ich war völlig geflasht. Das war die Welt und das Leben, das ich so gerne leben würde. Aber vermutlich würde ich gleich die Wahrheit um die Ohren gehauen bekommen, dass kein Personal gebraucht würde oder so was. Mit Enttäuschungen kannte ich mich ja leider zur Genüge aus. Aber wenigstens wäre ich dann einmal in einer Show gewesen.
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Träume sind da, um gelebt zu werden
FanfictionCharlie ist 30 Jahre alt und seit langer Zeit im Sicherheitsgewerbe tätig. An einem freien Tag fährt sie zur ÖVB Arena in Bremen, um draußen vor der ausverkauften Halle ein wenig das Flair vor einer Show der Ehrlich Brothers einzufangen und mal für...