Kapitel 73 (Der große Tag)

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Andreas Sicht :
Mittlerweile war ein Jahr beinahe um. Vor einem Jahr hatten Bianca und ich beschlossen uns zu trennen. Im Nachbarort gab es ein Haus, das zu verkaufen war. Um es den Kindern nicht zu schwer zu machen, kaufte ich das Haus und ließ es dann auf Bianca überschreiben. Das letzte was ich wollte war die Kinder von mir zu trennen und von ihren Freunden aus ihrer vertrauten Umgebung wegzureißen. Ursprünglich war auch alles gut und verlief in ruhigen Bahnen. Dann kamen immer öfter ihre komischen Ausraster. Das mit Charlie war dann schließlich der Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte und tat mir für Charlie sehr leid, denn sie konnte nichts dafür.
Alleine in dem großen Haus zu wohnen und nur sporadisch mal die Kinder bei mir zu haben, war eine echt harte Umstellung. Besonders ohne meine Kinder zu sein, war sehr schmerzhaft und bescherte mir viele traurige Momente. Und obwohl sie mein Leben fortan nichts mehr anging, rührte und mischte Bianca weiter ordentlich mit, was mir sauer aufstieß. Begleitet wurde der ganze Prozess von meinem Hausanwalt. So konnte ich beruhigt sein, dass alles anständig geregelt wurde. Das ich das Sorgerecht für die Kinder bekommen würde, war nahe zu unmöglich, da ich weiterhin viel auf Tour sein würde und sie von einem Au Pair beaufsichtigen zu lassen, hielt ich auch nicht für richtig, denn ihre Mutter hatte ihnen ja nichts getan und deswegen bestand auch keine Notwendigkeit sie von ihr fernzuhalten.
Dann war der große Tag da.
Charlie bekam nicht mit, wie ich wegfuhr, da sie gerade auf Kontroll Gang war.
Ich fuhr nach Herford, wo ich mich mit meinem Anwalt traf. Über Nacht war der erste Schnee gefallen und vieles sah aus wie in einem Märchen. Es war frostig kalt, mit einem böigen Ostwind, der mir in die Glieder fuhr, kaum, dass ich aus meinem beheizten Wagen ausgestiegen war.
"Guten Morgen Andreas" begrüßte er mich und reichte mir die Hand.
" Habt ihr mal wieder eure Schnee-Illusion geprobt oder woher kommt das ganze weiße Zeug " scherzte er.
Ich versuchte mir ein Lächeln abzuringen aber es wollte nicht so richtig gelingen.
" Entschuldige Markus. Ich möchte es nur noch hinter mich bringen" erwiderte ich leise.
Markus klopfte mir aufmunternd auf die Schulter.
"Es wird alles glatt gehen. Ich wüsste nicht weshalb nicht. Na komm lass uns reingehen. Drinnen ist es wärmer".
Ich nickte und ging Seite an Seite mit Markus ins Gebäude. Vor dem Sitzungszimmer wartete bereits Bianca mit ihrer Anwältin. Sie sah mich sehr seltsam an. Missgünstig und verärgert.
"Hallo Bianca" begrüßte ich sie freundlich .
"Deine Höflichkeiten kannst Du dir schenken. Ich hatte also doch Recht, dass du dir den Security angelacht hast".
"Bitte was? Was meinst du?"
Ich war ganz perplex.
"Andreas du brauchst mich nicht für blöd halten. Ich bin auf dem Laufenden".
Sie näherte sich mir.
"Ich weiß, dass du was mit ihr hast. Entweder du schießt sie in den Wind oder du wirst deine Kinder nie wieder sehen und für deinen Security wird es auch kein schönes Ende nehmen. Das verspreche ich dir" flüsterte sie mir giftig ins Ohr ".
Ich konnte es nicht glauben, was sie sagte.
" Das meinst du nicht im Ernst" sagte ich und Tränen stiegen mir in die Augen.
"Und wie ernst ich es meine".
Ich war kurz vor dem platzen.
"Bianca, wir sind fertig miteinander! Ich mische mich nicht in dein Leben ein und genauso wenig du dich in meins! Ich habe nichts unrechtes getan, weshalb man mir den Umgang mit meinen Kindern verbieten kann! Eins noch. Lass Charlie in Ruhe. Sie hat nichts mit unserer gescheiterten Ehe zu tun. Haben wir uns verstanden? " meinte ich laut, damit Markus es mitbekam.
Bianca hob eine Augenbrauen und verschränkte die Arme vor ihrer Brust.
" Ganz wie du meinst. Du hast es dann nicht anders gewollt" zischte sie und verschwand im Sitzungssaal.
"Was war das denn gerade?" fragte Markus und trat an mich heran.
Es fiel mir schwer mich zu beherrschen, denn sie hatte mal wieder meine Schwachpunkte angegriffen.
Meine Kinder und Charlie.
"Bianca hat mir gedroht. Dass ich meine Kinder nicht mehr sehen und Charlie hat sie ebenfalls Schaden angedroht, falls ich mich nicht von ihr trenne".
Ich merkte wie mir erneut Tränen über die Wange liefen und wischte sie schnell weg.
Markus legte mir eine Hand auf die Schulter.
"Bleib ganz ruhig Andreas. Sie kann dir drohen so viel sie will. Sie hat nichts gegen dich in der Hand. Du hast nichts falsch gemacht. Ok? Es ist dein gutes Recht, wenn du im Trennungsjahr jemanden kennenlernt. Das ist nicht verboten. Du bist gut zu deinen Kindern. Auch da besteht keine Veranlassung, sie dir wegzunehmen. So und jetzt gehen wir da rein und holen dich aus deinem alten Leben raus, damit du endlich dein neues Leben genießen kannst ok? "
Ich nickte und folgte Markus in den Sitzungssaal. Eine Stunde später war es vorbei und ich verließ als geschiedener Mann den Saal. Der Unterhalt für Bianca und die Kinder war ziemlich happig aber ok für die Kinder war es in Ordnung, da es teilweise auf ein Konto überwiesen wurde, auf dass nur die Kinder ab ihrem 18 Lebensjahr zugreifen konnten. Das schmeckte Bianca gar nicht, wurde vom Richter aber akzeptiert und für gut befunden.
"Du hast es nicht anders gewollt" zischte sie im Vorbeigehen und verschwand.
Ich hatte gehofft, dass es ruhig und friedlich abläuft und nicht mit Drohungen.
"Danke für deine Hilfe Markus".
"Gern geschehen Andreas. Wie gesagt. Sie kann dir gar nichts. Weder mit Charlie noch mit deinen Kindern. Vergiss das Gelaber und genieß jetzt dein Leben okay? Wenn sie sich irgendwie rührt melde dich bei mir"
Ich nickte. Draußen hatte dichtes Schneetreiben eingesetzt, so dass ich die Hand kaum vor Augen sehen konnte. Dazu der eiskalte Ostwind. Ich machte meine Jacke zu, schlug den Kragen hoch und stapfte durch den Schnee zum Parkplatz.
Die Fahrt lief schleppend, da die Straßen nicht geräumt worden waren. Die Räumdienste waren völlig überfordert.
Glücklich bog ich in die Wichernstraße ein. Nun war es nicht mehr weit, bis zu Hause und bald konnte ich Charlie die freudige Nachricht verkünden. Mit leichter Anstrengung pflügte mein Audi durch den hohen Schnee. Unser Gelände dagegen war bereits frei gelegt, zumindest die Parkplätze. Ich sah Charlie weiter hinten durch den hohen Schnee waten. Ich stellte den Wagen ab, stieg aus und ging ihr nach.
"Charlie!"
Sie blieb stehen und drehte sich um.
Als sie mich sah, war ich bereits da, sprang ihr förmlich in die Arme und fiel mit ihr zusammen mit Schwung in den tiefen Schnee, worauf sie los quietschte, da ihr der kalte Schnee unter die Kleidung rutschte.
"Iiiihhhh das ist kalt und nass. Andreas!!!"
Ich konnte nur noch lachen, bevor ich mich aufrappelte, Charlie aus dem Schnee zog und sie in meine Arme nahm.
"Es ist vorbei" hauchte ich ihr ins Ohr.
"Echt? Sag bloß der Termin war heute" meinte sie erschrocken.
Ich nickte, hob meine rechte Hand und wackelte mit meinem Ringfinger.
Charlie nahm mich darauf in den Arm.
"Das freut mich sehr für dich Andreas. Ich hoffe es lief so wie du es dir vorgestellt hast".
Ich nickte und hielt sanft ihre Hand. Dass Bianca sie bedroht hatte, verschwieg ich ihr.

Träume sind da, um gelebt zu werdenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt