Kapitel 86 (Das Geheimnis)

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Nur ein paar Tage später hatte Andreas die Nachricht bekommen, auf die er so lange gewartet hatte. Er durfte wieder auf die Bühne. Auf dem Heimweg rief er bereits Chris und Sucker an und brüllte ins Handy :"ICH DARF WIEDER AUF DIE BÜHNE!!!!"
Chris lachte. Er konnte den Gefühlsausbruch seines Bruders sehr gut verstehen. Sie lebten und atmeten für die Bühne. Jeder Tropfen Schweiß, jede Träne und auch jeder Tropfen Blut war in ihren Traum geflossen, den sie gemeinsam lebten. Nicht auf der Bühne zu stehen, fühlte sich falsch an, wie ein Verrat an ihren Fans. Klar verdienten sie damit ihr Geld aber egal in welcher Stadt und in welcher Halle sie auftraten, es war wie nach Hause kommen. Sie wurden lautstark begrüßt, sie lachten zusammen und weinten zusammen. Ihre Fans waren wie eine zweite Familie.
Zu Hause angekommen, lief Andreas ohne Umwege zu Charlie, die sich um Alexandrio kümmerte.
Er nahm sie in seine Arme, drehte sich mit ihr im Kreis und hob sie lachend hoch.
Seine Freude war ansteckend.
Charlie lachte.
"Huch! Was ist denn los Andy? Du bist ja dermaßen aufgekratzt?" fragte sie und sah ihn neugierig an.
"Ich darf wieder auf die Bühne!" jubelte er. Charlie wusste wie viel ihm das bedeutete und umarmte ihn.
" Das ist ja großartig Schatz. Ich freue mich so sehr für dich".
Noch am selben Tag wurde in einem Meeting gesprochen, wie das Programm gestaltet werden sollte. Die Auswahl der Illusionen wollten er und Chris in Ruhe besprechen.
Man war sich darüber im Klaren, dass die Tour zum einem großen Teil fortgeführt werden sollte. Die eine oder andere Änderung würde aber wohl stattfinden.
Auch Charlie führte nun ein Doppelleben. Einmal als Security, dann aber auch als "Bühnentechniker"  im kleinen Rahmen. Auch sie musste die Abläufe im Schlaf beherrschen.
An einem Tag kam Andreas auf Charlie zu.
"Kleines, wir müssen uns dringend unterhalten" meinte er ernst.
Charlie wurde etwas unruhig.
"Klar jederzeit. Was ist denn los?"
"Lass uns zur Terrasse gehen und uns dort hinsetzen ok?"
Charlie nickte.
Andreas legte einen Arm um ihre Schultern und ging mit ihr zur Terrasse, wo sie sich hinsetzen.
"Andreas du machst mir Angst. Was ist los?"
Andreas seufzte.
"Nach der langen Zeit, wo wir weg waren, wird der Andrang auf uns groß sein. Du musst mit viel Theater rechnen, verstehst du?"
Charlie nickte.
"Das war mir schon vorher klar. Aber du hast doch noch etwas auf dem Herzen. Was ist es?"
Andreas wollte nicht so richtig mit der Sprache herausrücken.
"Andy bitte. Was ist es?"
Er sah sie mit seinen besorgt dreinblickenden Rehaugen an.
"Die Presse hat mitbekommen, dass wir uns verlobt haben, es existieren sogar Bilder, die aber gar nicht von uns freigegeben wurden.
Chris sagt, dass die sozialen Netzwerke am Explodieren sind. Einige freuen sich für uns aber andere.. "
" Aber andere was?"
Charlies Herz schlug ihr fast bis zum Hals.
Es war ein Paparazzi unter uns und es ist nicht aufgefallen???"
Andreas nickte.
"Ich kann es mir auch nicht erklären".
"Und was ist jetzt in den Medien los?"
Andreas zuckte zusammen.
"Da kümmert sich unser Anwalt drum. Keine Angst".
Charlie rollte genervt mit den Augen.
"Ich habe nicht gefragt was euer Anwalt macht sondern um was kümmert er sich? Was ist los? Andy ich weiß, dass du mich schützen willst aber ich muss es wissen, denn es geht auch um Eure Sicherheit. Wir wollten doch keine Geheimnisse voreinander haben. Also fang du jetzt bitte auch nicht damit an" murrte sie und sah ihn an.
Andreas wendete den Blick von Charlie und seufzte.
"Bitte Charlie verlang das nicht von mir. Vertrau mir einfach. Das ist gerade das Einzige worum ich dich bitten kann. Aber zwing mich nicht, dir das zu erklären. Wir müssen das jetzt erstmal analysieren und abklären.."
"Andreas! Es geht hier um Eure, sowie meine Sicherheit. Evtl sind sogar noch Mitglieder des Teams bedroht, um an Euch ran zu kommen. Ich bin für eure Sicherheit da, auch wenn wir verlobt sind. Ich werde garantiert nicht tatenlos zusehen, wie ihr euch in Gefahr begebt".
Als Charlie die deutlichen Worte an ihren frisch Verlobten richtete, zuckte er erneut zusammen und sah Charlie an.
"Charlie bitte.." sagte er leise.
"Nein Andreas. Ich liebe dich und ich möchte wissen mit was ich es zu tun habe, bevor ich mich in irgendeine Richtung begebe. Ist das so schwer zu verstehen?"
Andreas erkannte, dass Charlie richtig sauer war. Aber nicht auf ihn, sondern weil sie die Situation auch nicht überblicken konnte und Angst hatte, die sie hinter ihrer Wut verstecken wollte.
Andreas stand auf und ging umher.
" Was glaubst Du warum die hohe Mauer ums Wohnhaus gebaut wurde? Weil es so toll ist auf Steine zu gucken? Oder weil ich nichts mit der Außenwelt zu tun haben will? Nein verdammt. Es gibt da draußen Menschen, die einem den Erfolg nicht gönnen, glauben wir würden ihnen gehören und wenn es nicht so läuft wie sie es wollen, werden sie handgreiflich, beleidigend oder sogar gefährlich! Verstehst du Engelchen? Ich habe schon einiges erlebt und weiß, wann es wichtig und notwendig ist, meine Familie zu schützen. Wir haben doch gerade erst unser Glück gefunden. Lass es uns nicht gleich wieder riskieren".
Zum Ende wurde er wieder leiser, ging auf Charlie zu und schloss sie in seine Arme. Der Gedanke, dass ihr etwas passierte, machte ihn fertig.
"Kann man das nicht als Fake darstellen? Quasi als Joke?" fragte Charlie und kuschelte sich an Andreas.
"Hmm? Ach du meinst die Leute in den Glauben versetzen, dass es nur ein Spaß war und in "Wirklichkeit würde gar nichts zwischen uns laufen? "
" ja nur dass unsere Wahrheit ihre Illusion ist. Ihr sagt doch selbst "Je genauer ihr hinseht, um so weniger werdet ihr sehen".
Andreas überlegte.
"Das werden die uns nicht abkaufen" meinte er schließlich.
"Mit Statement von uns haben sie gar keine andere Wahl".
"Du meinst einen Livestream?" Andreas guckte Charlie skeptisch an.
"Was haben wir denn noch zu verlieren?" fragte sie schließlich.
"Wie es aussieht nicht viel" brummte Andreas.
"Ich lebe auch nicht gerne auf einer Lüge aber das ist die einzige Möglichkeit, um wieder etwas Ruhe hinein zu bekommen. Sieh  es als Test für den 1. April".
"Du hast es ja faustdick hinter mir den Ohren" staunte Andreas.
"Ich meine es doch nicht böse Schatz. Aber verstehst du mich denn wenigstens ein kleines bisschen?" fragte er leise, während er Charlie weiter im Arm hielt und seinen Kopf auf ihren legte.
Charlie genoss erst einmal die Umarmung von Andreas.
"Sicher aber verstehst Du mein Argument? Ich muss wissen,  was die Gefahr ist, damit ich entsprechend darauf achten kann".
"Lass uns zusammen ins Büro gehen, mit Sucker sprechen und schauen, was er von der Idee mit dem Livestream hält" meinte Andreas schließlich und gab Charlie einen Kuss auf die Stirn.
Charlie nickte und ging mit Andreas Seite an Seite zum Büro.
Die Stimmung Im Büro war angespannt.
Im Büro saßen Chris und Sucker zusammen. Als Andreas und Charlie ins Büro kamen, wurden sie mit ernsten Blicken angesehen.
"Gibt es etwas Neues?" fragte Andreas.
"Nichts was Du hören willst" meinte Chris. Seinen kleinen Bruder so niedergeschlagen zu sehen, tat Andreas weh.
"Hast du mit ihr gesprochen?" fragte Sucker und sah mich an.
"Hey Ich bin anwesend, falls dir das entgangen ist. Du könntest mich genauso fragen, ob jemand mit mir gesprochen hat" meinte Charlie gereizt.
"Na Charlie. Was sind das denn für Töne?" meinte Andreas und sah Charlie tadelnd an.
"Entschuldige, ich bin auch etwas angespannt" nuschelte sie.
"Schon gut" meinte Sucker während alle Platz nahmen.
"So jemand ne Idee wie wir die Kuh vom Eis bekommen?" fragte er anschließend und blickte in die Runde.
Charlie setzte sich aufrecht hin.
"Ich hätte die Idee, dass wir einen Livestream machen, um die Pressemitteilung zu revidieren".
"Wie stellst du dir das vor?" fragte Chris und auch Sucker blickte fragend hin und her.
"Ich stelle mir das so vor, dass wir wie gesagt einen Livestream machen und den Fans mitteilen, dass die Pressemitteilung nicht echt war, sondern ein Test für den 1. April.
" Für wie blöd hältst du die Leute? "blaffte Sucker.
" Wieso? Es ist absolut safe. Wir sagen, dass das nur ein schlechter Scherz war. Ich bleibe weiter der uninteressante Security und unser Liebesleben, läuft dann backetage ab. Die Illusion wäre perfekt".
Sucker schüttelte nur den Kopf.
"Aber abgesehen davon, möchte ich jetzt gerne wissen, was überhaupt los ist. Von was für einer Gefahr sprechen wir hier. Wem betrifft es und in welchem Umfang?"
" Das brauchst du nicht zu wissen. Das ist Sache unseres Anwalts" war alles was sie als Antwort bekam.
Charlie hatte nun einen Puls von 180. Ihre Halsschlagader pochte.
"Ok, fein. Wisst ihr was? Ich bin raus. Seht zu wie ihr klar kommt. Ich spiel nicht mehr mit" knurrte Charlie, stand auf und ging zur Tür.
"Was, was hast du vor?" fragte Chris.
Charlie blieb an der Tür stehen, sah die drei Männer nacheinander an, während sie mit keinem Muskel zuckte.
"Ich kündige Chris. Es tut mir leid".
Damit ging sie nach draußen und schloß hinter sich die Tür.
"WAS?? CHARLIE!!?"
Chris fühlte sich wie vom Hammer getroffen.
Andreas sprang auf.
Charlie, halt, hier geblieben! Bleib stehen!" rief er während er hinter ihr her lief.
Charlie reagierte nicht und stürmte aus dem Gebäude
Andreas und Chris folgten ihr.
In dem Augenblick rief Manuel nach den beiden, da es ein Problem mit dem Engel gab und niemand außer die beiden den Fehler finden konnten.
"Engelchen warte bitte auf mich, bin gleich wieder da."
Charlie nutzte die Ablenkung aus und ging nochmal zu Sucker hoch.
Ohne anzuklopfen stürmte sie in das Büro.
"Was willst du noch, wir haben dir doch vorhin gesagt dass alles im Griff ist."
Charlie stemmte die Hände auf Suckers Schreibtisch und knurrte.
"Ich will jetzt wissen was Sache ist."
"Vergiss es Kleine, Andreas hat gesagt dass du nichts erfährst.  Ich halte es außerdem für eine dumme Idee die Fans zu verarschen. Das fällt auf und dann war's das mit den Ehrlich Brothers. Und jetzt raus, ich habe noch zu tun."
Charlie schnaubte vor Wut, verließ türenknallend das Büro und stürmte in Richtung Straße.
In dem Augenblick, trat Andreas wieder auf den Hof und sah seine Verlobte nur davon stürmen
"CHARLIE!" rief Andreas nun wütend, worauf Charlie stehen blieb. Sie merkte, dass sie dabei war innerlich zu zerbrechen und wenn sie sich nicht beeilte wegzukommen, würde Andreas ihren Weinkrampf mitbekommen und das wollte sie gerade so überhaupt nicht. Sie wollte nur alleine sein um wieder zur Ruhe zu kommen und um dann zu überlegen, wie es weitergehen sollte.
Andreas erreichte Charlie. Er war sauer.
"Was war das denn eben für ein Auftritt? Was soll das mit der Kündigung? Das willst du doch gar nicht. Du liebst deine Arbeit".
Charlie fuhr herum.
"Mal Hand aufs Herz Andreas und jetzt mal EHRLICH. Was für einen Sinn macht mein Job als Security, wenn ich meinen Job nicht ausüben kann oder darf? Sie äffte Andreas Aussage nach : "Charlie Wir haben ein Sicherheitsproblem aber was sagen wir nicht, weil du in Gefahr geraten könntest!"
Hast du eine Ahnung was für ein Schlag ins Gesicht das für mich ist???!! Ich bin nicht nur eure Freundin. Ich bin für eure Sicherheit da Verdammt noch mal!!"brüllte sie. Ihr Herz schien gleich zu Platzen. Immer schwerer fiel es ihr, die Beherrschung zu wahren.
Andreas hatte Tränen in den Augen.
"Ich bin auch nicht glücklich, was da passiert ist. Aber du kannst doch nicht einfach entscheiden zu kündigen, nur weil Sucker dich nicht gleich mit Informationen überschüttet. Er hatte gar keine Gelegenheit".
"Andreas bitte, lüg etwas besser und beleidige meine Intelligenz nicht. Du wolltest mir nichts sagen, Sucker wollte mir nichts sagen. Ihr habt gehofft, dass ich klein beigebe und die Klappe halte. Aber verdammt das werde ich nicht. Ich nehme meine Arbeit ernst. Ihr seid mir wichtig. Du jetzt sogar noch mehr als eh schon" während sie das sagte, hielt sie ihre linke Hand mit dem Verlobungsring vor seine Nase. 
"Jeden Tag könnte mir etwas passieren und kein Hahn kräht danach aber jetzt auf einmal dann doch?"
Charlie wischte sich über die Augen.
Nie zuvor fühlte sie sich so verloren und alleine.
Andreas sah Charlie an. Sah wie sie zerbrach und war hilflos. Er hatte keine Ahnung, wie er die Situation beruhigen konnte. Eines wusste er aber genau. Mit einer Umarmung war es diesmal definitiv nicht getan.
"Falls du es schon wieder vergessen hast. Wir haben uns verlobt. Du bist der wichtigste Mensch in meinem Leben und jetzt werde ich ausgeschlossen, wenn es um Sicherheit geht? Ich verstehe es nicht Andreas. Erklär es mir!"
Als Andreas weiter nur schweigend bei ihr stand, platzte ihr der Kragen.
" Weißt du was? Lass es. Ist schon okay. Ist eure Entscheidung und das muss ich akzeptieren".
Damit lief sie zu ihrem Wagen, stieg ein und fuhr weg, ehe Andreas sie aufhalten konnte.
"SCHEISSE!" schimpfte er.
Völlig durcheinander kehrte Andreas ins Büro zurück. In etwa einer Stunde hatte sein Magen mehr Achterbahn hinter sich, als sonst.
Mit hängendem Kopf kehrte er zurück ins Büro.
"Bruder wo ist Charlie?" fragte Chris. Andreas schwieg, schluckte und seufzte, ohne auf die Frage seines kleinen Bruders einzugehen.
"Hallo Erde an Andreas? Jemand zu Hause? Ich habe dich was gefragt".
"Weg" war die ganze Antwort.
"Wie weg? Geht es etwas genauer?"
"Sie ist einfach weg".
"Boooaaah Andreas ganze Sätze, wie wir es in der Schule gelernt haben".
"Könnt ihr euer Security Problem bitte auf später verschieben? Wir haben einen vollen Plan" meinte Sucker.
"Du hältst dich da jetzt mal ganz raus ok? Sei froh dass du noch an diesem Schreibtisch sitzt nach der Aktion" meinte Chris zu Sucker und wendete sich wieder an Andreas.
"Ich habe dir gleich gesagt, dass wir Charlie reinen Wein einschenken und mit ihr sprechen müssen, damit sie weiß worum es geht. Auch wenn sie mit dir jetzt verlobt ist, ist sie auch immer noch unser Security. Das haben wir so zugelassen, weil sie es gerne wollte. Sie hat ein Recht auf Informationen".
"Sie meinte ich solle sie etwas besser anlügen und nicht ihre Intelligenz beleidigen. Tse".
"Andreas äh merkst du eigentlich noch irgendwas? Sie hat doch in allen Punkten Recht. Du riskierst deine Partnerschaft mit dem Menschen, der für dich sein Leben geben würde, der alles tun würde, nur damit es dir, mir und unserer Familie gut geht. Es ist großer Mist passiert, Charlie wird als Sündenbock hingestellt und du hast gerade nicht den Arsch in der Hose mit ihr zu sprechen. Ja spinnst du eigentlich total? Aber noch mal zum Verständnis für dich. In der Presse und den sozialen Medien kursieren Fotos von euch und eurer Verlobung. Du weißt sehr genau was da gerade an Hasstiraden  und Drohungen laufen. Deine Verlobte ist auf und davon, ohne Schutz und Sicherheit durch die Familie und jeder weiß wie Charlie aussieht. Aber ok. Spiel du weiter die beleidigte Leberwurst und bleib hier sitzen. Ich gehe sie suchen und versuche sie zu beschützen, bevor die Durchgeknallten sie in die Finger bekommen und wer weiß was mit ihr ihr anstellen. Ach und Sucker. Wäre es meine Verlobte, mit der du so gesprochen hättest, wärst du weg vom Fenster. Nur mit meiner hoffentlich noch zukünftigen Schwägerin, sprichst du so nie wieder. Habe ich mich klar ausgedrückt?"

Träume sind da, um gelebt zu werdenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt