Kapitel 112 (Andreas Sicht)

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Die vergangenen Stunden und die Nacht waren für mich die Hölle.
Über Stunden in dem Unwetter ausgesetzt zu sein, hat mir große Angst gemacht. Alles tat mir weh.
Zuerst war am Morgen alles in Ordnung. Ich konnte noch schlafen, während Charlie zu einer Routine Untersuchung fuhr, um für den nächsten Tourblock fit zu sein.
Ich war gerade wieder am einschlafen, als irgendwas im Haus rumpelte. Ich hatte Chris in Verdacht, der ja ebenfalls für Notfälle einen Hausschlüssel hatte. Aber als ich diese Stimme hörte, die ich zum Glück schon fast hatte vergessen dürfen, wurde mir ganz anders.
"Na hat deine kleine Security Schlampe dich alleine gelassen - Schatz?"
Als ich hoch schreckte, bekam ich einen Schlag auf den Kopf,
so dass mir die Lichter ausgingen und ich erst sehr viel später in einer nicht
ungefährlichen Situation wieder aufwachte.
Was meine Ex im Schlafzimmer angerichtet hatte, wusste ich nicht und würde es dank Charlie und Chris auch nicht erfahren.  Aufzuwachen, ganz alleine im Nirgendwo zu sein, dazu noch unbekleidet und während eines Unwetters, war so ziemlich die schlimmste Sache, die ich je erlebt hatte. Als ich einigermaßen wach war, sah ich, was sie mit mir gemacht hatte. Gefesselt an Händen und Füßen zu sein und von einem großen Fallschirm förmlich auseinander gerissen zu werden, alleine der Gedanke jagte mir einen kalten Schauer über den Rücken.
Ich fühlte mich elend. Mein ganzer Körper tat weh und ich hatte Angst da nicht mehr lebend raus zu kommen.
"Wenn ich das hier überstehe, mache ich dich fertig, das verspreche ich dir" brüllte ich so laut es ging. Ich konnte sie zwar nicht sehen aber ich hatte ihre Worte im Schlafzimmer nicht vergessen, also musste sie es gewesen sein, die mir das angetan hatte.
Es war so kalt, dass ich das Zittern meines Körpers nicht mehr unter Kontrolle bekam. Wann würde es auffallen, dass ich nicht da bin? Wo würde man mich suchen. Wann würde man mich suchen und würde man mich finden?
Je länger es dauerte umso schwächer wurde ich. Durch das Unwetter war es eh ziemlich dunkel aber zum Abend hin kam die richtige Dunkelheit noch schneller als es mir lieb war, denn die Temperaturen sanken, während Blitz und Donner immer weiter tobten und mich nicht zur Ruhe kommen ließen.
"Holt mich hier raus, bitte" flüsterte ich leise.
Als ich dann endlich in der Ferne die Scheinwerfer sah, fing ich vor Erleichterung an zu weinen, denn endlich war Hilfe da.
Als Charlie zu mir kam und sich um mich kümmerte, hatte ich endlich Hoffnung und Gewissheit, aus meiner furchtbaren Lage geholt zu werden. Die sanfte Berührung Ihrer Hand tat so gut.
Am liebsten wäre ich gleich nach Hause gefahren und hätte mich in der hintersten Ecke verkrochen aber Charlie wie auch Chris waren der Meinung, dass es wichtig sei, mich im Krankenhaus durchchecken zu lassen. Ich war zu erschöpft um zu protestieren. Ich wollte nur noch weg.
Im Wagen auf der Fahrt, schlief ich in ihren Armen ein, die mich schützend hielten.
Im Krankenhaus dann nach der Untersuchung die erlösende Nachricht, dass ich nach Hause durfte und nicht bleiben musste. Ich achtete sehr darauf, dass Charlie in meiner Nähe blieb. Als sie mir Kleidung zum anziehen gab, war ich sehr erleichtert.
Wieder im Auto, fielen mir erneut die Augen zu. Ich fühlte wie sie mich sanft und beruhigend streichelte und mir somit ein wenig die Angst nahm und mir das Gefühl von Geborgenheit schenkte.
Zu Hause weckte sie mich ganz vorsichtig und rücksichtsvoll. Ich wunderte mich, als sie mit mir in das andere Haus ging, anstatt zu uns. Auf Nachfrage meinte sie nur "Glaub mir, es ist besser so".
Keine Ahnung wie lange ich daran noch knabbern werde, bis ich die Erinnerung verarbeitet habe, nur im Moment bringt es mich um den Schlaf und belastet meine Beziehung. Sie lässt es sich nicht anmerken aber ich weiß, dass Charlie ebenfalls darunter leidet.

Träume sind da, um gelebt zu werdenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt