Kapitel 48

2.7K 87 33
                                    

Meine Hände zitterten, als ich das Lenkrad fest umschloss und versuchte, mich auf den Verkehr zu konzentrieren. Dies war alles Andere als einfach, da ich zum einen verschwommen sah, Kopfschmerzen hatte und meine Gedanken bei meiner Familie waren.

Ich fühlte mich gut. Ich hatte endlich meine Meinung gesagt und meine Eltern und Semih würden sich jetzt hinsetzen und darüber nachdenken, was sie falsch gemacht hatten.

Ich fühlte mich hintergangen. Von meiner eigenen Familie. Sollte man sich da nicht immer wohl und in Sicherheit fühlen? Wieso tat ich es seit Wochen dann nicht? Wieso sehnte ich mich nach dieser einen Person, der mir diese Sicherheit geben konnte?

Seit wann fühlte ich mich so verloren in meiner eigenen Familie? Alles hatte sich in diesen Monaten geändert. Wirklich alles. Und es war nicht gut. Leider.

Ich fuhr langsamer und kam schon vor dem Gebäude an, wo Emir wohnte. Als ich das Haus verließ, war ich so sicher, her zukommen und ich hatte mich darauf gefreut, endlich auf meine innere Stimme zu hören. Aber wenn ich die Wohnung jetzt sah, bekam ich Panik.

Ich stieg langsam aus und wischte erneut meine Tränen weg, die aber in der Erinnerung zu meinen Eltern immer neu kamen. Meine Hände und Knien zitterten wie verrückt, weshalb ich langsam die Treppen hochlief und vor seiner Tür stehen blieb.

Er wohnte im zweiten Stockwerk, das wusste ich noch und außerdem stand auf der Klingel sein Name. Ich war also sicher richtig. Ich hatte Angst vor seiner Reaktion und mir fiel auf, dass ich mich nicht mal im Spiegel angeschaut hatte. Ich müsste gerade schrecklich aussehen.

Darüber denkst du jetzt nach ?!

Klingel jetzt! Ich hob meine Hand und drückte kurz auf die Klingel. Schnell zog ich sie weg und ging einen Schritt nach hinten. Ich wartete und wartete. Eigentlich war ich mir sicher, dass er zuhause war. Schließlich war er krank und musste sich ausruhen. Hatte Kerim ja vorhin auch gesagt.

Wenig später hörte ich auch schon sein Husten und je näher die Schritte kamen, umso nervöser wurde ich. Die Tür wurde geöffnet und ich hatte das Gefühl, mein Herz hätte aufgehört zu schlagen.

Ich wusste nicht, wie ich seinen Gesichtsausdruck definieren sollte, aber er hatte mich definitiv nicht erwartet. Erst schaute er geschockt, dann verwirrt und irgendwie auch wütend. Aber spätestens nachdem er mein Zittern und meine wohl knallroten Augen bemerkte, schaute er so, wie ich es am meisten mochte; sanft und auch besorgt.

"Aleyna." Ein Wort. Es war nur mein Name. Nur mein Name. Aber wie lange hatte ich es nicht aus seinem Mund gehört? Unfähig, etwas zu sagen, schaute ich ihm einfach in die Augen. Ich hatte diese blauen, glänzenden Augen vermisst. Sehr sogar.

Auch wenn er krank war, dieses Funkeln in seinen Pupillen ging nie weg. "Komm rein", sagte er, nahm meine Hand und machte die Tür hinter sich zu. Sofort roch ich seinen Geruch, der in der Wohnung war und ich fühlte mich wohl.

Emir war überrascht, überfordert und wollte eine Erklärung von mir, das wusste ich. Aber ich wollte nicht reden. Ich wollte ihn so lange anschauen, bis meine Sehnsucht nachließ. Was war nur los mit mir?

Würde er mich jetzt anschreien? Mir Sachen an den Kopf werfen? Mich wegen Semih hassen? Was würde jetzt passieren? "Was ist passiert?", fragte er mich mit ernster Miene. Er seufzte, als ich ihm keine Antwort gab.

Seit Wochen wartete ich auf dieses Gespräch und jetzt schwieg ich. Wieso war ich dann gekommen? Um ihn anzustarren? Jetzt kam er mir näher und legte seine Hände an meine Wangen. Sofort spürte ich seine Wärme, die die Kälte auf die Seite schob und ein Kribbeln auf meiner Haut verursachte.

Für immer und ewig.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt